1,5 Millionen unbesetzte Stellen: Warum die Fachkräfte-Lüge unser Land ruiniert

vor etwa 2 Monaten

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In Deutschland gibt es fast 1,5 Millionen unbesetzte Stellen. Und das trotz Wirtschaftskrise im dritten Jahr. Grund hierfür sind der demographische Wandel, das Bürgergeld und unterschiedliche Qualifikationen von Arbeitslosen und offenen Stellen. Nach dem Willen der Angola-Koalition soll nun die sogenannte „Fachkräfteeinwanderung“ das Problem lösen. Doch das wird nicht funktionieren, sondern die Lage in einigen Jahren noch drastisch verschlimmern.

Immer mehr Unternehmen in Deutschland haben große Schwierigkeiten, neues Personal zu finden – obwohl sie dringend danach suchen. Im vierten Quartal 2024 blieben 1,4 Millionen Stellen unbesetzt, da es keine passenden Bewerber gab. Das waren 124.000 offene Stellen mehr als noch vor drei Monaten. Erstmals seit zwei Jahren stieg diese Zahl wieder an – und das mitten in der deutschen Wirtschaftskrise, die mittlerweile ins dritte Jahr in Folge geht. Dies geht aus der regelmäßigen Erhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) direkt bei den Unternehmen hervor. Erfasst werden dabei auch Stellen, die Firmen gar nicht mehr an die Jobcenter melden. Weil sie nicht mehr darauf hoffen, dass durch die staatliche Vermittlung vom Amt noch irgendein geeigneter Bewerber für die offenen Jobs gefunden werden wird.

Fachkräftemangel ist insbesondere für kleinere Unternehmen eine große Herausforderung.

Noch ein weiterer Punkt in der Erhebung ist auffällig: Während der Abbau von Stellen in großen Konzernen oft für Schlagzeilen sorgt, herrscht der größte Fachkräftemangel vor allem in kleinen Betrieben. Mehr als die Hälfte der offenen Stellen – genau 820.000 – entfiel auf Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitern. Während die Zahl der unbesetzten Stellen dort um 18 Prozent anstieg, sank sie in großen Unternehmen um fünf Prozent. Vor allem kleine Betriebe haben in Deutschland enorme Probleme, geeignete neue Mitarbeiter zu finden. Der Mangel an Personal bremst das Wachstum dieser Betriebe, verzögert die Bearbeitung von Aufträgen, verschlechtert die Kundenversorgung, hemmt den Ausbau der Infrastruktur – und verhindert wirtschaftliches Wachstum.

Auf den ersten Blick scheint es unglaublich, dass es trotz mittlerweile dreijähriger Wirtschaftskrise fast 1,5 Millionen nicht besetzte Stellen in Deutschland gibt. Wenn es der Wirtschaft nicht gut geht und Unternehmen Stellen abbauen oder ihren Standort ins Ausland verlagern oder gleich komplett dicht machen, dann müssten doch viele Menschen auf der Suche nach neuen Jobs sein und offene Stellen schnell besetzt werden können.

Warum ist das nicht so?

Der wichtigste Grund ist ein sogenannter „Mismatch“ auf dem Arbeitsmarkt. Das bedeutet, dass die Fähigkeiten und Qualifikationen, die in den offenen Stellen verlangt werden, nicht mit den Fähigkeiten oder Qualifikationen zusammenpassen, die die Arbeitslosen anbieten können. Das erklärt schon einmal ganz grob, warum die Arbeitslosenquote in Deutschland wächst und gleichzeitig die Zahl der offenen Stellen auch. Die Arbeitslosenquote steigt seit dem Jahr 2022, also dem Beginn der Ampelregierung kontinuierlich an. Lag sie 2022 bei 5,3 Prozent, so liegt die Arbeitslosenquote im Jahr 2025 voraussichtlich bei 6,4 Prozent. Das ist der höchste Stand seit mehr als 10 Jahren.

Lesen Sie auch dazu: Insolvenzen und Schwarzarbeit: Wer ehrlich arbeitet, ist der Dumme?

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gab noch im August 2023 eine Erhöhung des Bürgergelds um 12 Prozent bekannt, gültig ab Januar 2024.

Weitere Gründe, warum offene Stellen nicht besetzt werden, liegen darin, dass die Anreize für die Aufnahme von Arbeit für viele Menschen nicht gegeben sind. Das liegt zum Beispiel am Bürgergeld. Der sogenannte Lohnabstand ist viel zu gering. Bedeutet: Für Bürgergeld-Empfänger lohnt es sich schlicht und einfach nicht arbeiten zu gehen, denn mit Arbeit verdienen sie nur unwesentlich mehr, als wenn sie nichts tun und Bürgergeld beziehen. Dieser fehlende Lohnabstand macht es für Unternehmen schwierig, Menschen davon zu überzeugen, dass sie morgens früh aufstehen und regelmäßig zur Arbeit gehen. Warum sollten sie sich das auch antun, wenn sie doch von der Allgemeinheit fürs Nichtstun fast das gleiche Geld bekommen?

Zumal sich als weitere Einkommensquelle Schwarzarbeit auch noch anbietet. Das Institut der deutschen Wirtschaft geht in einer Studie vom Januar 2025 davon aus, dass rund drei Millionen Menschen in Deutschland mit Schwarzarbeit ihr Geld verdienen beziehungsweise ihr Einkommen aufbessern.

In ihren Sondierungsgesprächen vermieden SPD- und Union-Vertreter klare Aussagen zum Bürgergeld.

Die Partner einer möglichen Angola-Koalition, Union und SPD, vermeiden in ihren Sondierungspapieren und Sondierungsgesprächen klare Aussagen zu einer Abschaffung des Bürgergeldes und sprechen von einer „Überarbeitung“. Ob sich hier in Zukunft also wirklich etwas ändert, ist fraglich.

Dafür will die künftige Angola-Koalition auf Rezepte setzen, die schon unter der Ampelregierung nicht funktioniert haben.

Eine verstärkte Zuwanderung von angeblichen Fachkräften soll dafür sorgen, dass die offenen Stellen schnell besetzt werden können. Ein Blick auf die Branchen mit den meisten offenen Stellen zeigt aber, dass das nicht funktionieren wird. Mehr noch: Es wird die Lage in einigen Jahren sogar noch verschlimmern. Sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch bei der Belastung und Überlastung des deutschen Sozialstaates, der mit den Steuern der arbeitenden Menschen finanziert wird.

Die Branchen und Berufe mit den meisten offenen Stellen lassen sich klar benennen. Laut Statista gibt es bei den Verkaufsberufen in Deutschland 55.000 offene Stellen. Im Bereich Verkehr und Logistik sind 45.000 Stellen unbesetzt, ebenfalls 45.000 umgesetzte Stellen gibt es bei medizinischen Gesundheitsberufen. Danach folgen mit jeweils 43.000 unbesetzten Stellen Maschinen- und Fahrzeugtechnik-Berufe sowie Mechatronik-, Energie- und Elektro-Berufe. Mit etwas Abstand folgen mit 36.000 unbesetzten Stellen Metallerzeugung und Metallbau und mit 35.000 offenen Stellen das Führen von Fahrzeugen und Transportgeräten. Im Bereich Erziehung und soziale Berufe sind 32.000 Stellen nicht besetzt. Auch im Bereich der Unternehmensführung und Unternehmensorganisationen sind 31.000 offene Stellen zu verzeichnen. In nicht medizinischen Gesundheitsberufen sind 25.000 Stellen offen.

Ein Blick auf diese Branchen zeigt, dass hier drei Dinge wichtig und allen gemeinsam sind.

Schon beim ersten Punkt ist klar, dass die Pläne der Angola-Koalition zur „Fachkräfteeinwanderung“ nicht funktionieren werden. Egal ob es um Jobs im Verkauf geht oder um medizinische Gesundheitsberufe oder um soziale Berufe: Praktisch niemand von denen, die aktuell nach Deutschland kommen und in Zukunft weiter nach Deutschland kommen sollen, bringt Sprachkenntnisse mit, die den direkten Einstieg in den Beruf hier möglich machen. Effekt für die Besetzung der offenen Stellen also praktisch null.

Viele ausländische Einwanderer verfügen nicht über die nötigen Fachkenntnisse, um in Deutschland arbeiten zu können.

Das gleiche gilt auch für den zweiten Punkt. Egal ob in medizinischen, technischen oder sozialen Berufen: Eine abgeschlossene Berufsausbildung nach deutschen Standards oder ein Studium nach deutschen und europäischen Standards ist für den Start in den Job Pflicht. Auch das haben die allermeisten „Fachkräfte“ nicht vorzuweisen. Auch hier gilt also: Effekt für die Besetzung der offenen Stellen praktisch null.

Hinzu kommt noch der dritte Punkt: Nämlich die Digitalisierung und Automatisierung in den nächsten Jahren. Das gilt vor allen Dingen für die Branchen mit den meisten offenen Stellen. Der Verkauf auch im stationären Handel wird weiter digitalisiert, so dass Personal hier in Zukunft nicht mehr gebraucht wird. Die Anfänge dieses Prozesses sehen wir ja beispielsweise schon mit Kassen zum Self-Checkout in Supermärkten oder unterschiedlichen Lieferdiensten, die die Einkäufe direkt nach Hause liefern. Vom E-Commerce brauchen wir gar nicht erst reden. Zudem wird es im stationären Einzelhandel in Zukunft immer mehr digitale Assistenten und KI-basierte Assistenten geben, die die klassische „Verkäuferin“ im Laden komplett ersetzen.

Breitbandausbau in NRW. Durch die fortschreitende Digitalisierung werden Arbeitskräfte zukünftig oftmals nicht mehr gebraucht.

Gleiches gilt für Verkehr und Logistik. Diese Branche ist das größte Einsatzgebiet für künstliche Intelligenz. Der allergrößte Teil von Jobs in der Logistik kann von Maschinen und KI übernommen werden, so dass Menschen hier in Zukunft gar nicht mehr gebraucht werden. Das gleiche gilt auch für das Führen von Fahrzeugen, wo autonomes Fahren bald schon Normalität sein wird. In anderen Ländern der Welt ist das bereits so. Auch hier werden also keine Menschen mehr gebraucht.

Wenn die Angola Koalition nun also plant, weiterhin massenhaft Menschen ohne Deutschkenntnisse, ohne Qualifikation nach Deutschland zu holen, damit diese hauptsächlich in den genannten Branchen arbeiten, dann bedeutet das ein Scheitern, das absehbar ist.

Weil den Menschen die Sprachkenntnisse und die Qualifikationen fehlen, müssten erst einmal Jahre vergehen, um sie überhaupt arbeitsfähig in den Jobs zu machen. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch eine riesige Menge Geld. Wenn diese Menschen dann überhaupt irgendwann einmal arbeitsfähig sein sollten, so wären sie in einigen Jahren schon wieder mit Arbeitslosigkeit konfrontiert. Denn ihre Jobs werden durch Maschinen und Künstliche Intelligenz praktisch komplett ersetzt werden.

Unqualifizierte Zugereiste müssen kostspielig ausgebildet werden und fallen nach einigen Jahren in die Arbeitslosigkeit aufgrund fortschreitender Digitalisierung. Das ist ein teures Unterfangen.

Das heißt: Nach jahrelanger und teurer Ausbildung und wenigen Jahren im Job, würden sie in die Arbeitslosigkeit fallen und müssten vom deutschen Sozialsystem versorgt werden. Das ist nicht nur ökonomisch widersinnig, sondern auch sozial gefährlich und darüber hinaus moralisch nicht zu rechtfertigen. Denn diese Folgen sind klar voraussehbar und die Angola-Koalition steuert bewusst und wissentlich auf ein solches Szenario in der Zukunft zu.

Dieses Urteil über die Pläne der Angola-Koalition wird noch dadurch verstärkt, dass es viel bessere Alternativen zur Einwanderung von angeblichen Fachkräften gibt. Das belegen auch unterschiedliche Studien von Wirtschaftsinstituten wie beispielsweise der Arbeitsmarktmonitor des Weltwirtschaftsinstituts in Hamburg.

Aus diesen Untersuchungen geht klar hervor, dass es drei andere Möglichkeiten gibt, offene Stellen zu besetzen, die Produktivität zu erhöhen und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum zu fördern und damit eben auch die Sozialsysteme zu stärken.

Diese Maßnahmen anzugehen, erfordert natürlich politischen Mut und politische Weitsicht. Und in allen drei Maßnahmen steckt Konfliktpotenzial, dass vor allen Dingen die etablierten Parteien in Deutschland fürchten. Stattdessen wird lieber das Märchen von der Fachkräfteeinwanderung erzählt. Doch dieses Märchen der Angola-Koalition in spe hat jetzt schon absehbar kein Happy End.

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