„14.000 Babys werden in den nächsten 48 Stunden sterben, wenn wir sie nicht erreichen können.“ Diese grimmige Vorhersage machte der Untergeneralsekretär für humanitäre Hilfe der Vereinten Nationen (UN), Tom Flecher, am vergangenen Dienstag in einem Interview mit dem britischen Radiosender BBC Radio 4. „Ich möchte so viele wie möglich von diesen 14.000 Babys in den nächsten 48 Stunden retten“, sagte er angesichts des Endes der Blockade von Hilfslieferungen nach Gaza durch Israel.
Die Aussage war seitdem viel zitiert worden – aber sie ist falsch. Fletcher bezog sich in seiner Aussage auf nicht existierende Daten der UN – er hatte offenbar, unklar, ob absichtlich oder nicht, Daten aus einem UN-Bericht verwechselt. Darin wurde davor gewarnt, dass im Gazastreifen ab April 2025 14.000 Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren von Mangelernährung betroffen sein könnten. Von drohenden Todesfällen war dabei nie die Rede – Fletcher machte daraus jedoch 14.000 tote Kinder innerhalb von 48 Stunden.
Dass Fletcher, der sich nach seiner Aussage auf „starke Teams vor Ort“ berief, eine Falschnachricht verbreitet hatte, stellte sich erst am Tag nach dem Interview heraus, nachdem die BBC das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) dazu befragt hatte. Doch da war es bereits zu spät: Zahlreiche internationale Medien, darunter die New York Times oder der Guardian, hatten die Aussage Fletchers bereits aufgegriffen und als offizielle Aussage der UN verkauft.
Auch zahlreiche pro-palästinensische Organisationen nahmen die Aussage Fletchers zum Anlass, das Vorgehen Israels im Gazastreifen zu kritisieren. Bis heute geistert die Behauptung im Internet herum – die Richtigstellung der BBC kam zu spät. Durch die unkritische Übernahme der Aussage Fletchers durch zahlreiche Medien wurde so eine Falschnachricht für immer in die Welt gesetzt. Wie die Berliner Zeitung berichtet, stützten sich allein neun Mitglieder des britischen Parlaments in öffentlichen Äußerungen auf die Behauptung Fletchers. Dieser schwieg zu seiner eigenen Falschaussage bislang.
