144 Seiten Mutlosigkeit: Union schreibt Ampelprogramm fort

vor 18 Tagen

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Beeindruckend an dem Koalitionsvertrag ist vor allem die Naivität der Union.

Man hatte jedenfalls gehofft, dass wenigstens die Projekte der krachend abgewählten Ampelkoalition, mit denen diese die angebliche Fortschrittlichkeit ihrer Arbeit zu belegen versucht hat, nach einem Wahlsieg der Union kritisch hinterfragt und korrigiert werden.

Nehmen wir die mehreren hundert Millionen Euro, mit denen unter dem harmlosen Titel ‚Demokratie leben‘ eine links-grüne NGO-Szene aufgebaut und verstetigt wird. Schon die zahlreichen Attacken auf CDU-Geschäftsstellen nach einer missliebigen Abstimmung hätten zu einer Sensibilisierung führen können. Spätestens die hysterischen Reaktionen auf den harmlosen Versuch, über eine Reihe von Fragen etwas Transparenz in dieses Geschäftsmodell zu bringen. Nichts davon. Etwas sparen? Evaluieren? Nichts davon ­– das Programm wird fortgesetzt.

Die zahlreichen Attacken auf CDU-Geschäftsstellen (hier in Hannover) nach einer missliebigen Abstimmung hätten zu einer Sensibilisierung seitens der CDU führen können.

Das weltweit einmalige Selbstbestimmungsgesetz mit der Möglichkeit, einmal pro Jahr Name und Geschlecht durch einfache Erklärung amtlich ändern zu lassen? Weg damit, hieß es im Wahlkampf. Nun will man später mal evaluieren und u. a. schauen, dass die Nachverfolgbarkeit nicht unter die Räder kommt.

Während des Wahlkampfs wollte die CDU nichts mit dem Selbstbestimmungsgesetz zu tun haben. Weg damit, hieß es.

Die Antirassimusarbeit wird fortgesetzt, nun auf der Basis einer wissenschaftsbasierten Rassismusdefinition. Klingt harmlos, tatsächlich dürften nicht wenige überrascht sein, was künftig unter Rassismus zu verstehen ist (und was nicht).

Das sogenannte moderne Staatsangehörigkeitsrecht bekommt im Wesentlichen ebenfalls den Segen der neuen Regierung unter einem Unions-Kanzler. Bei der Cannabis-Legalisierung bleibt es auch usw. usw. Der Koalitionsvertrag winkt die Punkte, bei denen die Ampel Zusammensetzung und Basis unserer Gesellschaft zu verändern gedachte, einfach durch. Gesellschaftspolitisch hat die Union nicht etwa den Kampf verloren, sondern offenbar gar nicht zu kämpfen versucht.

Die neue Regierung formiert sich und erteilt dem modernen Staatsangehörigkeitsrecht im Wesentlichen den Segen.

Auch viele andere Anliegen – wie war das mit der Kernenergie? – sind mausetot, nicht mal ein kleiner Formelkompromiss. Pendlerpauschale und Posten waren wichtiger.

Ein 144 Seiten Vertrag. Selbst das bescheidene Versprechen, es würde nicht wieder eine ätzende Ansammlung von Klein-Klein durch alle Ressorts geben, wurde gebrochen. Stattdessen freut man sich, hoffentlich die eine oder andere Korrektur bei einigen Steuersätzen später finanzieren zu können, Zweifel sind angebracht.

Wiederaufnahme der Kernenergie? Weit gefehlt!

Koalitionsverträge sind oft schon nach einigen Monaten das Papier nicht mehr wert, auf dem sie gedruckt sind, heißt es. Veränderte Rahmenbedingungen außen- oder innenpolitisch und der Vertrag ist Makulatur. Käme es so – um diesen Vertrag wäre es nicht schade. Markus Söder verlässt sich darauf nicht, sondern appelliert an höheren Beistand. „Gott schütze unser Vaterland“ meinte er am Schluss seiner Präsentation. Vielleicht hätte die Union nur besser verhandeln und die Verhandlungen vorbereiten sollen.

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***Peter Kurth (64) war CDU-Finanzsenator von Berlin und zuletzt Präsident eines Wirtschaftsverbandes. Zuletzt war er auch im Interview bei „Schuler! Fragen, was ist“ zu Gast.

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