„49 Prozent oder höher“: Experten warnen vor drastisch steigenden Sozialabgaben

vor 9 Tagen

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Mit seiner Warnung, die Bundesregierung müsse künftig bei den Sozialabgaben mit den Bürgern ehrlich sein, brachte Thorsten Frei einen Stein ins Rollen. „Wir sollten den Menschen nicht die Illusion als Sand in die Augen streuen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU am Freitag gegenüber Table.Media. Währenddessen lässt sich im Koalitionsvertrag von Union und SPD kein Reformansatz für die Gesundheits- und Altersvorsorge finden – jetzt warnen Experten vor einem massiven Anstieg der Sozialabgaben.

„Ich erwarte, dass die Krankenkassenbeiträge ohne Reformen in den kommenden zwei Jahren jeweils um rund 0,2 Beitragssatzpunkte steigen“, erklärte etwa der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Doch das ist eine vergleichsweise positive Vorhersage; andere Experten warnten bereits vor den Verhandlungen von Union und SPD vor drastischeren Zunahmen – das hat sich auch durch den Koalitionsvertrag nicht geändert.

Bereits im Januar hatte das Forschungsinstitut IGES mitgeteilt, der durchschnittliche Orientierungswert von 2,5 Prozent bei den Zusatzbeiträgen der Krankenkassen sei überschritten worden, in Wirklichkeit liege er bereits bei 2,9 Prozent, was pro Person eine Mehrbelastung von 255 Euro pro Jahr bedeute. Während die Pflichtbeiträge für die gesetzliche Krankenversicherung stabil bei 14,6 Prozent liegen, wurde der Zusatzbeitrag von Gesundheitsminister Karl Lauterbach erst im Januar auf den durchschnittlichen Richtwert von 2,5 Prozent und damit um 0,8 Prozentpunkte angehoben.

Vor 2020 lagen sie bei 0,9 bis 1,1 Prozent. Führende Kassen-Chefs und auch die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, haben in den vergangenen Monaten immer wieder vor drastischen Erhöhungen des Zusatzbeitrages gewarnt. Auch IGES hält weitere Beitragserhöhungen für möglich – und zwar in allen Bereichen. „Die 40-Prozent-Marke bei den Sozialabgaben rückt zunehmend in weite Ferne“, schrieb das Institut im Januar. Bis 2035 könnten die demnach Sozialabgaben von derzeit etwa 42 Prozent auf „49 Prozent oder höher“ steigen – je nach Szenario könnte die Abgabenlast dann sogar bei 46 Prozent bis 53 Prozent liegen.

Doch „mit kurzfristig realisierbaren Gegenmaßnahmen könnte jedoch gegengesteuert werden“ – diese Gegenmaßnahmen sind im Koalitionsvertrag allerdings nicht zu erkennen. Hier versprechen Union und SPD, das Rentenniveau bis 2031 stabil bei 48 Prozent zu halten; außerdem soll die Mütterrente eingeführt werden. Für die Krankenversicherung haben sich die beiden Parteien gar nicht erst die Mühe gemacht, eigene Lösungsansätze auszuarbeiten, sie nehmen stattdessen eine Kommission in die Pflicht, die bis 2027 ihre Ergebnisse zur Stabilisierung der Versicherungsbeiträge und der Finanzierung der Krankenkassen vorlegen soll.

„Reformen werden verschoben, weil sich die Koalitionspartner nicht einigen können“, kritisierte jetzt auch der Steuer- und Sozialexperte Jochen Pimpertz vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (IW) gegenüber der dpa. „Den Kommissionen, die Reformen für die Koalition vorschlagen sollen, fehlt ein klarer Auftrag“, so Pimpertz und weiter: „Sie kommen zu spät.“ Mit Verweis auf die Projektion von IGES geht er von einer Sozialabgabenlast von 46 Prozent bereits in den kommenden Jahren aus.

Für die Sozialversicherung werden dem Institut zufolge derzeit 42,3 Prozent fällig, die paritätisch auf Arbeitgeber und -nehmer aufgeteilt werden: Für die Renten- und Krankenversicherung sind es 18,6 Prozent und 17,5. Für die Pflegeversicherung gilt ein Grundsatz von 3,6 Prozent; für kinderlose Personen sind es 4,2 Prozent. 2,6 Prozent entfallen auf die Arbeitslosenversicherung. Aufgrund der wandelnden Demografie, sinkenden Rücklagen und steigenden Defiziten sind hier jeweils massive Anstiege möglich (Apollo News berichtete).

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