
Es gehört zum beliebten Standard-Repertoire linker Umverteilungspolitiker, sich selbst als Beispiel dafür zu nehmen, dass „die Reichen“ noch mehr zahlen könnten. Gregor Gysi (Linke) bringt diese Nummer immer wieder gern, und jetzt hat auch der neue SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf zur Untermauerung seines Vorschlags für höhere Kassenbeiträge „der Reichen“ von sich auf andere geschlossen.
Dass die Beitragsbemessungsgrenze für „Reiche“ ruhig steigen könne, sehe er auch bei seinem eigenen Gehalt, sagte Klüssendorf der Bild am Sonntag. „Da zahle ich den Maximalbeitrag und wäre in der Lage, auch mehr zu zahlen.“ Das ist sehr schön, und es wird in Deutschland auch niemand daran gehindert, kräftig zu spenden. Es gibt da nur einen ganz entscheidenden Unterschied: Die meisten Leute, die es soweit geschafft haben, mehr als 5512,50 Euro (Krankenversicherung) oder 8050 Euro (Rentenversicherung) zu verdienen, haben sich auf dem Weg zu diesem ordentlichen Gehalt richtig ins Zeug legen müssen.
Politiker wie Tim Klüssendorf, die mit 33 Jahren durch eine gute Parteikarriere als Bundestagsabgeordnete mehr als 11.000 Euro Diät plus gut 5300 Euro steuerfreie „Aufwandspauschale“ bekommen, reiten hier gratismutig mit „fremdem Arsch durchs Feuer“, um es mal Martin Luther zu sagen. Mal abgesehen davon, dass es nett ist, dem Steuerzahler etwas von der auskömmlichen Ausstattung zurückzugeben, die man als Vertreter des Volkes bekommt, fällt Großzügigkeit in der Tat leichter, wenn man sich die Gehaltsklasse nicht hart erarbeitet, auf Familienzeit verzichtet oder bis zur Selbstausbeutung an Wochenenden Projekte geschrieben oder schlaflose Nächte wegen aufgenommener Kredite hinter sich hat.
Ein X-beliebiger Bürger, der mit Klüssendorf in der gleichen Einkommensliga spielt, dürfte ganz andere Gefühle entwickeln. Sicher kann auch ein Wohlhabender in der freien Wirtschaft auf einige hundert Euro zugunsten der Sozialkassen verzichten, ohne gleich in Armut zu fallen. Aber wer geackert hat, findet es eben auch gerecht, vom nächsten erwirtschafteten Euro nach Abdrücken des Spitzensteuersatzes etwas mehr behalten zu dürfen. Und Selbstständige, die sich ihr Geld mit immer neuen Aufträgen erarbeiten müssen, blicken vermutlich auch anders auf die spendable Kulanz des SPD-Generals.
Ganz grundsätzlich hat Klüssendorf aber offenbar noch etwas anderes nicht verstanden: Sozialkassen sind nicht zur Umverteilung da, sondern zum Risikoausgleich. Das ist bis zu einer bestimmten Höhe berechtigt und in Ordnung. Da aber reiche Menschen im Schnitt nicht kränker (eher gesünder) sind als andere, kann man ihnen auch nicht endlos Kosten der Allgemeinheit aufbrummen, für die sie keine Gegenleistung erhalten. Wer „goldene Wasserhähne“ und Privatklinik will, geht ohnehin in die privaten Kassen. Und verabschiedet sich damit noch weiter aus der Solidargemeinschaft. Das kann auch der SPD-Generalsekretär nicht wollen.