
Trump weigert sich beharrlich, die Epstein-Akten zu veröffentlichen. Teile seiner Anhängerschaft schäumen deshalb vor Wut, schließlich wurde ihnen die Veröffentlichung fest versprochen. Während der US-Präsident eigene Anhänger als „Schwächlinge“ verhöhnt, deren Unterstützung er „nicht mehr will“, gießt ein Bericht des Wall Street Journals (WSJ) weiteres Öl ins Feuer. Trumps Name soll in den Epstein-Akten auftauchen.
Die spektakuläre Enthüllungsgeschichte des Wall Street Journals sorgt bei der US-Regierung derzeit für mächtigen Ärger: Donald Trumps Name soll in den Epstein-Akten auftauchen, berichtete das Blatt am Mittwoch unter Berufung auf Regierungsbeamte, die mit dem Fall vertraut sein sollen. Seit Wochen rumort es in der MAGA-Blase, weil sich Trump weigert, die Akten rund um Jeffrey Epstein, der einen Missbrauchsring zur sexuellen Ausbeutung Minderjähriger führte, zu veröffentlichen.
„Dies ist eine weitere Fake-News-Geschichte, genau wie die vorherige Geschichte des Wall Street Journal“, beschwichtigte Steven Cheung, der Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses.
Die Beziehung zwischen der renommierten Zeitung und dem US-Präsidenten könnte derzeit ohnehin kaum schlechter sein. Am Montag schloss die US-Regierung das Wall Street Journal aus dem Pressekorps für die bevorstehende Reise Trumps nach Schottland aus. Pressesprecherin Karoline Leavitt erklärte, die Änderung sei „aufgrund des falschen und diffamierenden Verhaltens des Wall Street Journal“ vorgenommen worden – eine klare Anspielung auf die jüngste Berichterstattung der Zeitung im Fall Epstein.
Im Fokus stand zunächst ein obszöner Brief von Trump an Epstein. Er enthält mehrere Zeilen maschinengeschriebenen Textes, umrahmt vom Umriss einer nackten Frau, der offenbar mit einem dicken Filzstift handgezeichnet wurde. Zwei kleine Bögen symbolisieren die Brüste der Frau, und die Unterschrift des zukünftigen Präsidenten ist ein verschnörkeltes „Donald“ unterhalb ihrer Taille, das Schamhaare imitiert. Der Brief endet mit den Worten: „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag – und möge jeder Tag ein weiteres wunderbares Geheimnis sein.“
Trump bestreitet die Echtheit des Briefes und leitete rechtliche Schritte gegen das Blatt ein. Doch nun folgen bereits die nächsten Vorwürfe. Als Beamte des Justizministeriums Anfang dieses Jahres eine „LKW-Ladung“ von Dokumenten im Zusammenhang mit Jeffrey Epstein durchsahen, hätten sie dabei festgestellt, dass Donald Trumps Name gleich mehrfach darin auftaucht, schreibt das WSJ.
Also hätte Attorney General Pam Bondi im Mai den Präsidenten bei einem Treffen im Weißen Haus darüber informiert, dass sein Name in den Epstein-Akten vorkomme, berichteten Regierungsbeamte dem WSJ. Trump sei mitgeteilt worden, dass auch viele andere prominente Persönlichkeiten genannt werden. In den Akten erwähnt zu werden, ist natürlich noch kein Hinweis auf ein Fehlverhalten.
Pam Bondi soll Trump schon im Mai mitgeteilt haben, dass sein Name in den Epstein-Akten fällt.
Laut WSJ teilten die Beamten Trump zudem mit, keine weiteren Dokumente im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den verurteilten Sexualstraftäter veröffentlichen zu wollen, da das Material Kinderpornografie und persönliche Informationen der Opfer enthalte. Trump habe daraufhin erklärt, sich der Entscheidung des Justizministeriums anzuschließen, keine weiteren Akten zu publizieren.
Anfang Juli hatten das US-Justizministerium sowie das FBI schließlich öffentlich verkündet, dass eine systematische Überprüfung der „erheblichen Menge“ an physischen und digitalen Beweisen im Fall Epstein keine belastende „Kundenliste“ ergeben habe. Es lägen auch keine glaubwürdigen Beweise vor, dass Epstein im Rahmen seiner Aktivitäten prominente Persönlichkeiten erpresst habe. Dies ist immer wieder einer der zentralen Vorwürfe, die im Raum stehen. Eine der geläufigsten Theorien besagt, Epstein habe einen Erpresserring für Geheimdienste geleitet.
Als Präsidentschaftskandidat hatte Trump sich noch dafür ausgesprochen, die Epstein-Files zu deklassifizieren. „Drain the swamp“, lautete bekanntlich das Motto seiner mehr als zehnjährigen politischen Karriere. Nun aber folgt der Rückzieher. Trump spricht von „langweiligem Zeug“ oder einem „Epstein-Hoax“.
Das Lager der Republikaner droht sich an dieser Frage zu spalten. Laut einer jüngsten Umfrage von YouGov für CBS News sind 50 Prozent der Parteianhänger zufrieden mit Trumps Umgang mit den Epstein-Files, 49 Prozent hingegen zeigen sich enttäuscht. Für 11 Prozent der Republikaner spielt das Thema eine große Rolle bei der Bewertung von Trumps Präsidentschaft, für 35 Prozent eine kleine Rolle und für 54 Prozent gar keine.
Weite Teile der Bevölkerung wollen sich mit der Geheimhaltung der Akten nicht zufriedengeben. Die Stimmung ist eindeutig: Laut YouGov-Umfrage wünschen sich 89 Prozent der US-Amerikaner eine Veröffentlichung der kompletten Epstein-Akten. Rund 11 Prozent der Bevölkerung raten dem Justizministerium davon ab. Eine weitere Umfrage von CBS News zeigte zudem, wie der Rückhalt vor allem unter jüngeren Leuten rasant schwindet. Während im Februar unter den 18- bis 29-Jährigen die Zustimmung für Trump noch bei 55 Prozent lag und die Ablehnung bei 45 Prozent, sank die Zustimmung im Juli auf 28 Prozent und stieg die Ablehnung auf 72 Prozent.
Trump will von alledem nichts wissen. „Egoistische Menschen“ würden versuchen, der US-Regierung zu schaden, „nur wegen eines Mannes, der niemals stirbt, Jeffrey Epstein“, schrieb er vor zwei Wochen auf seiner Plattform Truth Social. „Seit Jahren geht es immer wieder um Epstein. Warum machen wir Werbung für Akten, die von Obama, Crooked Hillary, Comey, Brennan und den Verlierern und Kriminellen der Biden-Regierung geschrieben wurden?“, fragte er. Zuvor hatte Trump seine eigenen Anhänger als „Schwächlinge“ beschimpft, weil sie nach den Akten fragten. „Ich will ihre Unterstützung nicht mehr!“, so Trump. Eigentlich sammelte der Präsident auf Truth Social über die Jahre ausschließlich den Applaus seiner Anhänger ein. Nun aber mehrt sich die Zahl der wütenden Kommentare rasant.
Auch im US-Kongress verschärft sich die Lage. Ein Unterausschuss stimmte am Mittwochabend mehrheitlich dafür, das Justizministerium zu einer Anhörung vorzuladen, um die Epstein-Akten freizugeben. Neben den Demokraten pochen auch einige MAGA-Republikaner auf die Offenlegung der Akten. Der Ausschuss stimmte auch dafür, eine Aussage von Epsteins Komplizin Ghislaine Maxwell, die eine 20-jährige Haftstrafe verbüßt, zu erzwingen. Hillary und Bill Clinton sollen ebenfalls vorgeladen werden.
Am 18. Juli kam es in der Nähe des Weißen Hauses zu einem Protest, bei dem Epstein-Demonstranten das Hauptquartier der US-Handelskammer beleuchteten.
Der republikanische Abgeordnete Thomas Massie will sogar einen Gesetzesentwurf im Repräsentantenhaus einbringen, um das Justizministerium zur Veröffentlichung der Akten zu zwingen. Die Abstimmung darüber wurde kürzlich verschoben. Ob es nach der Sommerpause wieder aufs Tableau kommt, ist unklar.
Massie geht davon aus, dass „zumindest einige von Trumps Freunden“ unter den vielen Namen in den Epstein-Akten zu finden sind, aber die Behörden zögern würden, um keine Informationen zu veröffentlichen, die Personen nennen könnten, die nichts Unrechtes getan haben. Selbst FBI-Direktor Kash Patel soll laut WSJ anderen Regierungsbeamten gegenüber privat erwähnt haben, dass Trumps Name in den Akten auftauchte, wie aus Kreisen der Regierung verlautete.
Jeffrey Epstein war ein US-amerikanischer Multi-Millionär und verurteilter Sexualstraftäter, der enge Kontakte zu zahlreichen Prominenten und Politikern pflegte. Epstein hatte sein Studium abgebrochen, anschließend jedoch eine glänzende Karriere als Investor und Netzwerker hingelegt. Er wurde 2008 erstmals verurteilt, nachdem er Minderjährige sexuell missbraucht hatte, kam aber durch einen umstrittenen Deal mit der Staatsanwaltschaft mit einer milden Strafe davon. Später tauchten neue, schwerwiegendere Vorwürfe auf: Epstein soll über Jahre hinweg ein Netzwerk betrieben haben, in dem junge Mädchen angeworben, missbraucht und auch an einflussreiche Männer vermittelt wurden. 2019 wurde er erneut verhaftet, starb jedoch kurz darauf unter ungeklärten Umständen in seiner Gefängniszelle – offiziell durch Suizid. Sein Fall löste weltweit Empörung aus und warf Fragen über Machtmissbrauch, Korruption und mögliche Vertuschungen durch prominente Kreise auf.