
Die Universität Leipzig lud den israelischen Historiker Benny Morris zu einem Vortrag ein – und cancelte den Termin auf Druck antisemitischer Aktivisten – wegen „Sicherheitsbedenken“.
Bereits im Februar dieses Jahres war an der Humboldt-Universität in Berlin eine Podiumsdiskussion mit der israelischen Verfassungsrichterin Daphne Barak-Erez abgebrochen worden, nachdem Extremisten die Veranstaltung gestört hatten („Kein Dialog mit denen, die einen Genozid begehen“).
Jetzt erwischte es den renommierten Historiker Benny Morris – ausgerechnet einer, der früher als Vertreter der israelischen radikalen Linken angesehen wurde. Er gehörte zu den einflussreichsten der „Neuen israelischen Historiker“, einer Gruppe von Wissenschaftlern, die die gängige Geschichtsschreibung Israels und des Zionismus infrage stellten.
Als solcher hatte Morris in seinem Buch „The Birth of the Palestinian Refugee Problem (Die Geburt des palästinensischen Flüchtlingsproblems), 1947–1949“ geschrieben, die im Mandatsgebiet lebenden Araber hätten ihre Dörfer 1947/48 meist deshalb verlassen, weil sie fürchteten, im Krieg ins Kreuzfeuer zu geraten, während die meisten Israelis glaubten, der Grund dafür sei gewesen, dass die arabischen Bewohner von den eigenen Führern zur Evakuierung aufgefordert wurden (was auch vorkam). Das palästinensisch-arabische Narrativ hingegen behauptet einen Vertreibungsplan der Israelis. Wer sich dieser Interpretation nicht beugt, ist für Pro-Palästina-Aktivisten ein Zionist und damit Feind.
In seinen Büchern arbeitet Morris die Ursprünge des israelisch-palästinensischen Konflikts heraus.
Nachdem bereits im Mai mehrere Dutzend Mitglieder der radikalen Gruppe „Palestine Campus“ das Audimax der Universität besetzt hatten, und nach Protesten linker Gruppen nun wieder Störaktionen befürchtet wurden, bekam die Theologische Fakultät, die im Rahmen der Ringvorlesung „Traditionen und Gegenwart des Antisemitismus“ zum Vortrag eingeladen hatte, offenbar kalte Füße und sagte den Termin ab.
Äußerungen des Historikers, die „teilweise als verletzend und sogar rassistisch“ gelesen werden könnten sowie „Sicherheitsbedenken“ wurden von der Uni als Gründe mitgeteilt. „Zusammen mit entstandenen Sicherheitsbedenken führen die genannten Punkte dazu, dass der Vortrag von Prof. Benny Morris nicht stattfinden wird.“
Der wiederum gab der linken israelischen Zeitung Ha’aretz ein Interview, in dem er seine Ausladung kritisierte: „Eine Schande, zumal sie aus Angst vor potenzieller Gewalt durch Studenten erfolgte. Das ist pure Feigheit und Beschwichtigung“. Den Vorwurf, sich rassistisch geäußert zu haben, wies Morris zurück.
Schon im Mai protestierten Hamas-Sympathisanten an der Uni Leipzig gegen Israel.
Dabei geht es um 20 Jahre alte Zitate aus einem Interview während der Terror-Intifada seit Herbst 2000. Wie die meisten Israelis verlor Morris damals den Glauben an die Möglichkeit, mit den Palästinensern in Frieden leben zu können. Die Gebietsabtretungen an Yassir Arafats PLO und die Einrichtung einer palästinensischen Autonomiebehörde hatte bei diesen nicht zu irgendeiner Form von Kompromissbereitschaft geführt, sondern war als Zeichen von Schwäche gedeutet worden. So nahm der Terror gegen Israel bis dahin nicht gekannte Ausmaße an.
Morris, der mal für drei Monate inhaftiert war, weil er sich weigerte, in den besetzten Gebieten Reservedienst zu leisten, entwickelte eine tiefe Skepsis gegenüber dem Friedensprozess und bewertete im Zuge der beispiellosen Terrorwelle, als täglich Busse in die Luft gesprengt und Bomben in Restaurants gelegt wurden, auch die Ereignisse von 1948 im Nachhinein teilweise neu. „Unter bestimmten Umständen ist Vertreibung kein Kriegsverbrechen. Ich glaube nicht, dass die Vertreibungen von 1948 Kriegsverbrechen waren.“
Die arabische Minderheit in Israel bezeichnete Morris seinerzeit als „Zeitbombe“ und darüber hinaus stellte er fest, dass das Leben in der islamischen Welt nun einmal nicht denselben Wert habe wie im Westen: „Die Leute, die wir bekämpfen, haben keine moralischen Hemmungen“.
50-60 Mitglieder der Gruppe „Palestine Campus“ besetzten das Audimax der Universität.
Zuletzt dachte Morris, der in wenigen Tagen 76 wird, auch über Präventivschläge gegen den Iran nach, um das Atomprogramm des Mullah-Regimes zu beenden, das für den jüdischen Staat eine tödliche Gefahr darstellt. Für Israel-Hasser bedurfte es solcher Bewertungen jedoch überhaupt nicht. Gegenüber der Jüdischen Allgemeinen stellte Morris fest:
„Offensichtlich glauben sie, dass jede Kritik am Verhalten der Araber – wie etwa das Massaker an israelischen Dorfbewohnern – Rassismus sei, oder dass jede Kritik an muslimischen Dogmen und Schriften wie dem Koran, in dem Juden als ‚Söhne von Schweinen und Affen‘ oder als ‚niederes‘ Volk bezeichnet werden, Rassismus sei.“ Aber das seien nun einmal Fakten.
Dass die Uni Leipzig vor solchen Leuten eingeknickt ist, wirft ein weiteres bezeichnendes Licht auf die akademische Landschaft in Deutschland (und weiteren Ländern Europas sowie Amerikas), wo antisemitische Proteste nicht unterbunden werden und sich Israel-Hasser wie die Fische im Wasser tummeln.
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