Regierung zahlte bisher 149 Millionen Euro, um „afghanische Ortskräfte“ nach Deutschland zu fliegen

vor 5 Monaten

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Die Kosten für das Einfliegen von afghanischen Ortskräften fallen weitaus höher aus als bislang berichtet: Wie die Bundesregierung auf eine schriftliche Frage des AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer mitteilte, die NIUS exklusiv vorliegt, gab der Staat 149 Millionen Euro dafür aus, Afghanen über unterschiedliche Aufnahmeprogramme nach Deutschland zu holen.

„Die Gesamtkosten der von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) umgesetzten Projekte, die unter die unterstützte Ausreise afghanischer Ortskräfte und sonstiger schutzbedürftiger Personen fallen, belaufen sich mit Stand 30. November 2024 auf 149 Millionen Euro“, schreibt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in ihrer Antwort.

Die GIZ ist eine Tochtergesellschaft des Bundes, die für Entwicklungshilfeprojekte in der ganzen Welt zuständig ist. Unter anderem unterstützt die Organisation das Auswärtige Amt und das Entwicklungshilfeministerium dabei, Afghanen auszuwählen, die in Deutschland aufgenommen werden sollen.

Von den veranschlagten 149 Millionen Euro entfallen laut Bundesregierung 111,6 Millionen Euro auf das Auswärtige Amt für das Überbrückungsprogramm, das Ortskräfteverfahren und die Menschenrechtsliste. Weitere 28,6 Millionen Euro wurden vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und die durchgeführten Ortskräfteverfahren veranschlagt. Schließlich kommen 8,8 Millionen Euro für das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan des Bundesinnenministeriums hinzu. Für die Entsendung von Personal für Sicherheitsinterviews seien zudem „Kosten in Höhe von ca. 4,3 Millionen Euro entstanden“.

Weiter heißt es in der Antwort der Bundesregierung: „Die in einzelnen Arbeitseinheiten des BMI und des AA sowie in Auslandsvertretungen entstehenden Verwaltungskosten werden nicht in dem Sinne erhoben, dass sie trennscharf spezifischen Aufgaben zugewiesen werden können.“

Die offiziellen Kosten liegen damit weitaus höher als bislang vermutet. So berichtete Welt am Sonntag, dass die Zahlungen an die GIZ, die „besonders gefährdeten Afghanen“ die Ausreise aus dem Land ermöglicht, von zwei Millionen Euro im Jahr 2023 auf bislang 5,4 Millionen Euro im Jahr 2024 gestiegen seien. Diese Kostenpunkte betreffen allerdings nur die GIZ-spezifischen Zahlungen, nicht aber die Ausgaben, die mittels Summen aus den Bundesministerien in Kooperation mit der GIZ getätigt wurden, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf die Frage von AfD-Politiker Springer hervorgeht.

Das Resettlement-Programm des Auswärtigen Amts gilt als Prestigeprojekt von Annalena Baerbock (Grüne).

Das „Resettlement Programm“ für Afghanistan, bei der afghanische Ortskräfte nach der Machtübernahme der Taliban 2021 mittels eines Bundesprogramms nach Deutschland umgesiedelt werden, gilt als Prestigeprojekt der Bundesregierung. Speziell Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte mehrfach betont, dass es die Pflicht Deutschlands sei, Ortskräfte und Minderheiten nach Deutschland zu bringen. Recherchen von Cicero, Welt und Handelsblatt hatten dabei wiederholt enthüllt, dass auf diesem Weg auch Gefährder und Islamisten nach Deutschland gelangt sein sollen. Dabei soll die Behörde der Außenministerin Sicherheitswarnungen aus dem Innenministerium und der Botschaft in Islamabad, über die der Großteil der Visumsanträge läuft, ignoriert haben.

Das Bundesaufnahmeprogramm war auch deshalb immer wieder in die Kritik geraten, weil die Lage in Afghanistan als weitgehend befriedet gilt. Wenngleich es dort unter der Herrschaft der Taliban zu Menschenrechtsverstößen kommt, hat sich dort die Sicherheitslage positiv entwickelt, wie auch interne Sicherheitsanalysen der GIZ zeigen. In diesen heißt es laut Welt: „Die Sicherheitslage hat sich signifikant verbessert.“ Im Jahr 2021 seien noch zwanzigmal so viele bewaffnete Angriffe registriert worden. Auch NGOs hätten unter der Taliban „großteils“ operieren können. Immer wieder vermerkte die GIZ, dass es „keine Gefährdungsanzeigen“ durch Mitarbeiter gegeben habe.

Taliban feiern den Jahrestag des Rückzugs der US-Truppen in Kabul.

Dies deckt sich auch mit Medienberichten, wonach afghanische Asylbewerber in ihrer Heimat immer wieder Urlaub machten oder Verwandtschaft besuchten. Auch deshalb wurde Ende November publik, dass das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan vor dem Aus steht. Insgesamt erhielten seit der Machtergreifung der Taliban mehr als 48.000 Afghanen über entsprechende Programme eine Aufnahmezusage für Deutschland – darunter sollen sich rund 25.000 ehemalige afghanische Mitarbeiter der Bundeswehr sowie der Entwicklungshilfe und ihre Angehörigen befinden.

Für Deutschland, wo 2023 nahezu 500.000 Afghanen leben, was die drittgrößte Diaspora weltweit darstellt, würde die verbesserte Sicherheitslage nicht nur das Ende des teuren Ortskräfteprogramms bedeuten, sondern auch Möglichkeiten für mehr Abschiebungen eröffnen. Nancy Faeser (SPD) wies Ende August öffentlichkeitswirksam 28 schwere Straftäter nach Afghanistan aus. In den drei Monaten wurden aber keine Rückführungen mehr durchgeführt, wie Recherchen von NIUS zeigen. Einer Umfrage aus dem Juni zufolge sprechen sich 93 Prozent der Deutschen für Abschiebungen ins Land der Taliban aus.

Auch bei NIUS: Asyl-Migranten heimlich auf Heimatreise: So könnte Deutschland rausfinden, wer alles in Afghanistan Urlaub macht

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