
Auslöser für die Unruhe ist ein geplanter Deal des italienischen Gasnetzbetreibers Snam S.p.A., der im April angekündigt hatte, 24,99 Prozent der Anteile an Open Grid Europe (OGE) übernehmen zu wollen. Der Kaufpreis: 920 Millionen Euro.
Doch der eigentliche Grund zur Sorge liegt tiefer. Denn hinter Snam steht eine komplexe Eigentümerstruktur. Zwar ist die chinesische State Grid Corporation of China (SGCC) nicht direkt an dem italienischen Unternehmen beteiligt, jedoch hält sie über eine Holdinggesellschaft indirekt Anteile. SGCC gilt als einer der größten Energieversorger der Welt und ist bekannt dafür, weltweit systematisch Beteiligungen an Energienetzen auszubauen – oft über Tochterfirmen und Beteiligungsgesellschaften. Das Bundeswirtschaftsministerium bewertet das mögliche Engagement chinesischer Akteure bei OGE deshalb als „sehr heikel“.
Kein Wunder: OGE spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Gasversorgung. Das Unternehmen transportiert nach eigenen Angaben zwei Drittel des in Deutschland benötigten Erdgases über ein über 12.000 Kilometer langes Leitungsnetz. Besonders dicht ist das Netz im Westen Deutschlands, insbesondere rund um die Regionen Bonn, Düsseldorf und Dortmund. In anderen Teilen des Landes, vor allem im Norden und Osten, ist das Netz hingegen deutlich ausgedünnter.
OGE unterhält Verbindungen zu neun europäischen Nachbarländern, einem LNG-Terminal in Wilhelmshaven sowie zu etwa 100 nachgelagerten Netzbetreibern, Industrieunternehmen und Gasspeichern. Das Unternehmen betont seine Bedeutung für die Versorgungssicherheit, gerade in Zeiten wachsender geopolitischer Unsicherheiten und des notwendigen Umbaus der Energieversorgung.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zeigt sich ebenfalls besorgt. Sie fordert eine genaue Prüfung und gegebenenfalls eine Blockade des Deals, berichtet die Frankfurter Rundschau: „Kritische Infrastruktur darf nicht unter indirekten Einfluss ausländischer Staatskonzerne geraten – erst recht nicht, wenn es sich um autoritäre Regime handelt.“
Das Wirtschaftsministerium hat eine Prüfung nach dem Außenwirtschaftsgesetz eingeleitet. Die zentrale Frage: Wäre der Anteil von Snam – auch wenn er unter der kritischen Schwelle von 25 Prozent liegt – dennoch ein Einfallstor für chinesischen Einfluss auf das deutsche Energiesystem?