Alexander Schweitzer bei Markus Lanz: porentief nichtssagend

vor 23 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Wäre Meister Proper in der Politik, hieße er Alexander Schweitzer. Der rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsident scharwenzelt sich durch eine Stunde Lanz wie der kahlköpfige Bakterienkiller durch 30 Sekunden Werbeblock. Meisterklasse ohne jedwede intellektuelle Rückstände. Schweitzer zeigt volles Verständnis für jede schmutzige Situation, er verspricht umfangreiche Abhilfe für alle Notlagen – doch am Ende beschleicht den Zuschauer der Verdacht, dass es womöglich nur hohle Phrasen sein könnten.

Thema Migration. Lanz versucht es an diesem Abend zur Abwechslung mal mit Klartext: „Wir haben jedes Jahr Rekord-Zuwanderung“, sagt er, doch es gebe ein Problem: „Trotzdem überall Mangel an Menschen, die anpacken. Das geht nicht zusammen, weil wir offenbar schlecht sind darin, Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen.“ Schweitzer hat volles Verständnis, beschreibt die Misere, ist offen für Änderungen. Nur mit der Umsetzung – da hapert es natürlich, da bittet er um Verständnis. „Das Bürgergeld darf kein leistungsloses Grundeinkommen werden, ist es aber geworden“, sagt er. Ein Meister des Nichtssagens.

Thema Übergriffe in Freibädern. Stichwort Gelnhausen. Syrer, die junge Mädchen begrapschen. Schweitzer dazu: „Wir haben auch solche Vorkommnisse.“ Ah, ja. Und jetzt? Was tun? Er hat Antworten. Viele Antworten. Es gleicht einer Ansammlung von Werbesprüchen aus der Procter & Gamble-Abfallkiste:

„Sowas darf nicht vorkommen.“ „Muss man klar sagen: Sowas wollen wir nicht.“ „Wir wollen nicht, dass sowas nochmal vorkommt.“ „Solche Vorkommnisse dürfen nicht toleriert werden.“ „Sowas darf nicht folgenlos bleiben.“

Wir beglückwünschen Sie an dieser Stelle, dass Sie bis hierher mitgelesen haben. Denn wir sind bereits beim Schreiben zweimal eingenickt. Schweitzer ist der Inbegriff des Politikers für das 21. Jahrhundert: aerodynamisch, aalglatt, rhetorisch geschult, aber inhaltlich komplett blutentleert. Einer wie Schweitzer könnte in jeder Partei was werden. Er ist für jede Position geeignet, ultimativ flexibel und austauschbar. Was hat er gerade gesagt? Egal. Er hat zumindest etwas gesagt. Hat er doch, oder? Schnarch.

Insofern müssen wir uns sogar bei Meister Proper entschuldigen. Denn der gibt zumindest noch klare Versprechen ab.

Lichtblick des Abends ist Ahmad Mansour. Der deutsch-israelische Autor nennt die Dinge beim Namen und wirft all die Fragen auf, die Schweitzer wegbügeln will. Er kenne Familien, sagt Mansour, wo „die Kinder morgens die einzigen sind, die aufstehen“, wo die Eltern „bis elf, zwölf schlafen“. Bürgergeld macht’s möglich. 51,96 Milliarden Euro an Bürgergeld in diesem Jahr, wie Lanz vorrechnet. Mansour kennt auch den Grund: „Weil die Politik das ermöglicht.“ Die Unterschiede zu Österreich etwa seien „enorm“, sagt er. „Da schafft man, diese Leute in Arbeit zu bringen. Hier aber nicht. Vor allem, weil es Anreize gibt, nicht arbeiten zu gehen.“ Dies gelte vor allem für die einfachen, unqualifizierten Arbeiten. Mansour: „Da lohnt es sich nicht, zu arbeiten. Das ist ein minimaler Unterschied zwischen Bürgergeld, was diese Menschen kriegen, und das, was sie netto in der Tasche haben, wenn sie 40 Stunden arbeiten gehen.“ Das sei „absolut unfair. Das hat mit Sozialstaat nichts mehr zu tun.“

Schweitzer bleibt auf solche Zustandsbeschreibungen klare Antworten schuldig. „Sie haben 1,8 Millionen Wähler an die Union verloren und 700.000 an die AfD“, rechnet ihm Julia Lohr von der FAZ vor. „Sie müssen da was machen. Mit einer linkeren Politik wird die SPD nicht wieder steigen.“ Doch an einem Schweitzer perlt das ab wie das Spülwasser in einer klinisch reinen Kloschüssel. „Das wird zu den ersten Projekten gehören der Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas, auch das Bürgergeld anzugehen“, sagt er. „So ist es vereinbart.“ Schnarch, huch, hat er was gesagt?

Auch zum Thema Freibäder gibt es klare Worte. Nicht von Schweitzer, versteht sich. Im Studio sitzt Kolja Saß, FDP-Fraktionsschef im kleinen Ort Gelnhausen, der jüngst wegen der Übergriffe syrischer Einwanderer gegenüber junger Mädchen Schlagzeilen machte. Seine Fraktion habe schon im vergangenen Winter einen entsprechenden Antrag gestellt, um auf die drohende Gefahrenlage zu reagieren, sagt Saß. „Wir fühlen uns nicht mehr so sicher im Bad“, hätten ihm Menschen berichtet, lange bevor nun die Vorfälle passierten, die bundesweit für Schlagzeilen sorgten. Der Grund? Saß nennt „massives Auftreten gewisser Gruppen“; er scheut sich zunächst, die Dinge beim Namen zu nennen. Doch auf Lanz’ Nachfrage wird er deutlich, nennt „Leute mit Migrationshintergrund“.

Warum er so hadert, wird schnell klar. Er berichtet, dass er bereits wegen den bloßen Antrags habe „Beschimpfungen ertragen“ müssen, vom Gelnhäuser Bürgermeister und von Seiten der gesamten CDU. Mansour hakt hier ein: „Genau solche Reaktionen bekomme ich immer, wenn ich über solche Themen spreche. Dass das populistisch wäre, rassistsich. Das ist Wasser auf die Mühlen der AfD. Das sind aber reale Probleme. Wir müssen eine Sprache dafür finden. Es geht um eine Gruppe von Menschen, die einfach unseren Rechtsstaat verachten, die in Gesellschaften sozialisiert sind, wo die Sexualität komplett tabuisiert ist, wo sie denken, ein Mädchen, die blond ist oder mit Bikini oder deutsch ist, ist verfügbar, ist ehrenlos. Da kann man sie anfassen. Wir bekommen ägyptische Zustände.“

Schweitzer hat darauf sicher die passende Antwort: Sowas darf nicht vorkommen. Muss man klar sagen: Sowas wollen wir nicht. Solche Vorkommnisse dürfen nicht toleriert werden. Sowas darf nicht folgenlos bleiben.

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