
Linienflüge, VIP-Flüge, Luftwaffe ... Die Bundesregierung befindet sich auf großer Reise nach Indien. Die Logistik der vielen Minister ist kompliziert.
Baerbock wird erst am Freitag nach Indien reisen (nach eigenen Angaben per Linie). In den Tagen zuvor unternahm sie noch eine Reise nach Beirut, das Flugzeug parkte dazwischen auf Zypern, und flog dann weiter nach Paris. Die Grafik zeigt nur die Anreise. Bei der Rückreise wird es noch komplizierter und teurer. Die Anreise der Bildungsministerin wurde zur besseren Übersicht nicht grafisch berücksichtigt (siehe Auflistung unten).
1. Olaf Scholz reiste mit einem Luftwaffen-Airbus des Typs A350 mit VIP-Ausstattung nach Delhi. Die Flugzeit beträgt etwa 7 Stunden und 38 Minuten. Bei einem Preis von etwa 22.900 Euro pro Flugstunde (inkl. Personal und Kerosin) kostet der Hin- und Rückflug von Scholz etwa 350.000 Euro. Verteidigungsminister Pistorius hätte kostenlos mitfliegen können, fällt krankheitsbedingt aus.
Scholz am Donnerstagmorgen kurz vor dem Abflug nach Delhi
2. Robert Habeck und Hubertus Heil reisten mit einem Luftwaffen-Truppentransporter des Typs A321LR nach Delhi, legten einen Stopp in Abu Dhabi ein. Gesamtflugzeit etwa 9 Stunden und 33 Minuten. Preis pro Flugstunde: etwa 18.000 Euro. Macht für Hin- und Rückflug der beiden Minister eine Gesamtkosten-Summe von 172.000 Euro.
3. Ein zweiter VIP-A350 steht in Indien als Ersatz zur Verfügung. Kosten für An- und Abreise: ebenfalls etwa 343.800 Euro. Nach NIUS-Informationen wird Robert Habeck diesen Flieger für seinen Rückflug nutzen. Er greift gerne auf die VIP-Flotte der Luftwaffe zurück, wie Zahlen belegen.
Habeck nutzt die nagelneuen A350 der Luftwaffe gerne für ikonische Fotoshootings.
4. Bildungsministerin Stark-Watzinger reist aus Polen an und fliegt mit dem Linienflugzeug via Doha. Ticketpreise für Linienflüge variieren. NIUS schätzt die Kosten ihrer Reisegruppe auf etwa 50.000 Euro in der komfortablen Business-Class (mehrgängiges Menü, Champagner, Liegesitz) inklusive Flughafen-Transfers mit Limousine und Abfertigung im VIP-Bereich.
5. Pannen-Vielfliegerin Annalena Baerbock nutzt einen Linienflug von Paris, um nach Delhi zu gelangen (Kosten ebenfalls etwa 50.000 Euro für ihre Delegation).
Für Arbeitsminister Heil geht es in Indien um die Anwerbung von „Fachkräften“. Das bevölkerungsreichste Land der Welt sei dabei ein „idealer Partner“, sagte der SPD-Politiker vor dem Abflug am Mittwoch.
Ein Sprecher der Luftwaffe bestätigt das Flugzeug-Roulette gegenüber NIUS: „Die Flugbereitschaft BMVg wird für die 7. Deutsch-Indischen Regierungskonsultationen in Indien zwei Flugzeuge vom Typ A350 (Kennung 10+02/10+03) und den bereits benannten A321neo (Kennung 15+11) einsetzen.“
In Summe kostet das Flugzeug-Roulette den Steuerzahler etwa 1,1 Millionen Euro. Tendenz nach oben: Denn der Bundeskanzler plant für Samstag einen Besuch der deutschen Fregatte „Baden-Württemberg“ und des Versorgungsschiffs „Frankfurt“ in der Provinz Goa. Die Marine nimmt dort an einem gemeinsamen Manöver mit der indischen Marine teil.
Der Komfort des Regierungsfliegers wirkt sich jedoch auch auf treue Journalisten und Wirtschaftsvertreter aus, die häufig mitreisen. Diese fliegen zu einem symbolischen Spottpreis mit, der vom Steuerzahler querfinanziert wird.
Wirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwochnachmittag am Flughafen Berlin mit seinem Delegations-Tross ...
So funktioniert das System: Da die Luftwaffe den Flugpreis für eine mitreisende Person nicht verlässlich berechnen kann, wird immer ein fiktiver Preis für die Reise zugrunde gelegt. Dieser basiert auf dem günstigsten Preis in der Economy-Class eines Linienfluges – oft wenige Hundert Euro, wenn man rechtzeitig bucht. Bei einem Flug Berlin – Delhi im Februar verlangt die Lufthansa etwa 550 Euro. Was darin nicht enthalten ist: VIP-Behandlung am Flughafen, kurzfristige Umbuchungen, zeitliche Flexibilität.
... und wenige Stunden später in den frühen Morgenstunden des Donnerstags in Delhi
Tatsächlich würde man bei einem regulären Flugticket eher 2.500 Euro bezahlen, wenn man die volle Flexibilität wünscht und noch einen Koffer mehr als geplant dabei hat. Doch dann überlegt sich ein Zeitungshaus vielleicht gleich doppelt, ob es sich lohnt, den Reporter zu einem Sinnlos-Gipfel in Usbekistan von Olaf Scholz zu entsenden.
Erst vor wenigen Tagen zeigte sich der Premierminister Singapurs Lawrence Wong in der ersten Reihe der Billig-Airline „Scoot“, um von Laos zurück in sein Land zu fliegen. Dabei wurde er von seinen Landsleuten im Billigflieger bejubelt. Auf Social Media teilte er ein Video seiner Reise:
Auch Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz zeigte sich in der Vergangenheit volksnah und machte Dienstreisen in der Economy-Class. Sein Land hat bis heute keinen Regierungsflieger.
Rückblick 2018: Kanzler Sebastian Kurz auf dem Weg zum EU-Gipfel nach Brüssel
Auch Argentiniens Staatschef Javier Milei fliegt regelmäßig Linie – etwa mit der Lufthansa zum Weltwirtschaftsforum. Videos im Netz zeigen, wie der Argentinier für Selfies mit seinen Landsleuten im Flugzeug posiert.
Sparsames Fliegen geht also doch, selbst für Regierungschefs ...
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