
Es gibt kaum ein Unternehmen mit so einer historischen Bedeutung für Deutschland wie der Stahlriese Thyssenkrupp. Krupp (1811 gegründet) und Thyssen (1891 gegründet) prägten fast im Alleingang die weltberühmte Schwerindustrie (Kohle, Eisen, Stahl) in Nordrhein-Westfalen und prägten im 19. und frühen 20. Jahrhundert wesentlich die deutsche Industriepolitik, machten das Wirtschaftswunder und die Weltkriege Deutschlands möglich und Nordrhein-Westfalen zu einem der wichtigsten Industriestandorte Europas. 1999 fusionierte die Krupp AG mit der Thyssen AG und ist bis heute Deutschlands wichtigster Stahlhersteller.
Jetzt nimmt die Unternehmensgeschichte allerdings ihr Ende – Thyssenkrupp wird nach langer Krise radikal umgebaut, verkleinert und beinahe bis in die Unkenntlichkeit eingespart. So plant der Vorstandsvorsitzende Miguel Lopez die Umwandlung des kriselnden Unternehmens in eine Holding, also ein Mutterunternehmen, das noch Anteile an seinen Tochterunternehmen hält. Weitere Teile des Unternehmens sollen so verkauft werden – der Stahlhandel, historischer Markenkern des Unternehmens, soll komplett verlassen werden. Übrig bleibt nur eine Dachgesellschaft ohne Inhalt“, so die Einschätzung einer mit den Vorgängen vertrauten Person. Dies berichtet die Bild, verweisend auf Informationen aus Konzernkreisen.
So soll, nachdem man bereits die traditionsreiche Stahlsparte und die Marinewerft ThyssenKrupp Marine Systems verkauft hatte, nun weitere essenzielle Teile des Unternehmens veräußert werden. Das Stahlhandelssegment soll so an die Börse gehen, obwohl es wenig Interesse bei Investoren finden wird, so ein Experte bei Bild.
Dazu soll auch bei der Zahl an Mitarbeitern kräftig gekürzt werden: So soll laut Bild die Zentrale in Essen von aktuell 500 auf 100 Mitarbeiter verkleinert werden, Streichungen in der Verwaltung mit rund 1000 Beschäftigten sollen ebenfalls folgen, heißt es laut Bild. Laut interner Rechnung sollen mit dem Wegfall von Stahl, Schiffbau und Handel etwa 70 Prozent des Jahresumsatzes von zuletzt 35 Milliarden Euro wegfallen. Von 98.000 Mitarbeitern wird weniger als die Hälfte im Verbund bleiben. Auch ein Teil der Autozulieferer-Sparte soll noch geschlossen oder verkauft werden, so die weiteren Pläne des Managers Lopez.
Laut Bild bleibt von ThyssenKrupp nach der radikalen Umstrukturierung nur das Geschäftsfeld „Grüne Technologien“. „Am Ende wird Thyssenkrupp praktisch aufgelöst“, so hochrangige Quellen aus dem Unternehmen zur Bild. Zu seiner Hochzeit beschäftigte ThyssenKrupp circa 200.000 Menschen. Alleine der Aufsichtsrat könnte nun noch gegen die Pläne von Lopez Einspruch einlegen, dort wird allerdings der Widerstand, vor allem der IG Metall, nicht stark genug sein, um das Unvermeidliche zu verhindern, erwartet ein Insider bei Bild. Auch aus der Politik, etwa von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, erwarte man keinen Widerstand – obwohl ThyssenKrupp einer der wichtigsten Arbeitgeber des Bundeslandes ist.