
Ryanair-Chef Eddie Wilson nimmt kein Blatt vor den Mund und benennt die Probleme des deutschen Luftfahrtstandorts. Seiner Einschätzung nach ist Deutschland für Airlines weitgehend unrentabel geworden. Im Gespräch mit Bild machte der CEO deutlich, dass der deutsche Luftverkehr „der am schlechtesten abschneidende in Europa“ sei. Während sich andere Märkte nach der Corona-Krise längst erholt hätten, hinke Deutschland weiter hinterher.
An einigen Flughäfen zeigt sich das besonders deutlich: In Dresden liegt das Passagieraufkommen nur noch bei 60 Prozent des Vor-Corona-Niveaus, in Leipzig bei 74 Prozent, und auch Berlin kommt lediglich auf 71 Prozent. Als Hauptgrund für die schwachen Zahlen nennt Wilson die hohen Zusatzkosten, die Airlines in Deutschland tragen müssen – von der Luftverkehrssteuer über Sicherheits- und Flugsicherungsgebühren bis hin zu hohen Entgelten der Flughäfen. Diese Belastungen bremsen das Wachstum.
Ein Beispiel: Für eine Landung in Berlin fallen pro Fluggast 55 Euro an, dazu kommt eine staatliche Sicherheitsabgabe von rund fünf Euro. Hinzu kommen noch einmal ATC-Gebühren in Höhe von 220 Euro für die Nutzung der Flugsicherungsdienste.
„Die meisten europäischen Länder haben keine Luftverkehrsteuer“, erklärte Eddie Wilson und spricht sich für die Abschaffung der Abgabe in Deutschland aus. In einer früheren Mitteilung schrieb er: Ryanair würde sein Verkehrsaufkommen „mehr als verdoppeln“, wenn die Bundesregierung die Luftverkehrssteuer sowie die Flugsicherungs- und Sicherheitsgebühren streichen würde. Außerdem würde Ryanair dann „sofort drei Milliarden Dollar in neue Flugzeuge, neue Strecken und 1000 Arbeitsplätze investieren“.
Da die Bundesregierung die hohe Steuerlast bislang jedoch nicht entschärft hat, zieht sich Europas größte Billigairline zunehmend aus Deutschland zurück. Zum Sommer schloss Ryanair die Standorte in Dortmund, Dresden und Leipzig komplett und kürzte zugleich das Angebot in Hamburg um 60 Prozent. Auch in Berlin reduzierte die Gesellschaft ihre Kapazitäten um ein Fünftel. Damit verschwanden insgesamt 22 Flugverbindungen. In Summe bedeutet das einen Rückgang von 12 Prozent der gesamten Ryanair-Kapazitäten in Deutschland – was rund 1,8 Millionen Sitzplätzen entspricht.
Auch andere Anbieter ziehen die Reißleine. So kündigte die Lufthansa-Tochter Eurowings bereits Ende 2024 an, im Laufe dieses Jahres rund 1.000 Flüge ab Hamburg zu streichen – ebenfalls aus Kostengründen.
Es ist ein übergreifender Trend: Immer mehr Airlines wollen die hohen Kosten nicht länger stemmen und ziehen Konsequenzen. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) wurden seit der Zeit vor Corona etwa 60 Flugzeuge aus Deutschland abgezogen, dazu kamen zahlreiche Streichungen bei bestehenden Strecken.