
Die Bundespolizei weist seit dieser Woche Asyl- und Schutzersuchende an den Grenzen zurück – das berichtet die Bild-Zeitung. Grundlage ist eine Weisung des Bundesinnenministeriums. Im Wahlkampf hatte Bundeskanzler Friedrich Merz genau das angekündigt – doch nun relativiert er.
Bei seinem Besuch in Brüssel sagte Merz am Donnerstag: Es gebe „keinen deutschen Alleingang beim Thema Migration“. Und weiter: „Wir kontrollieren in etwa so wie während der Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Jahr.“ Zurückweisungen solle es nur im Einklang mit europäischem Recht geben. Eine nationale Notlage nach Artikel 72 des EU-Vertrags sei nicht ausgerufen worden.
Doch genau dieser Artikel 72 wurde laut Welt-Vizechefredakteurs Robin Alexander sehr wohl herangezogen: Das Bundesinnenministerium habe gegenüber den Nachbarländern mit einer solchen Notlage argumentiert. Nach gängiger Rechtsauffassung ist diese Einstufung notwendig, damit Deutschland Asylsuchende an der Grenze zurückweisen kann – nur so lässt sich ein solches Vorgehen mit EU-Recht vereinbaren.
Der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt kündigte am ersten Tag seiner Amtsübernahme die Zurückweisung von Migranten an der Grenze an. Mit einer Weisung an die Bundespolizei ermächtigte er diese, Asylbewerber auf Grundlage von Paragraf 18 des Asylgesetzes zurückzuweisen. Ausgenommen sind Schwangere, Kranke und unbegleitete Minderjährige. Betroffen sind ausdrücklich auch Schutzsuchende, die an der Grenze Asyl beantragen.
Wie Vertreter der Polizeigewerkschaften der Bild-Zeitung bestätigen, wurde die Anordnung noch am Tag ihrer Bekanntgabe umgesetzt. Grundlage ist eine neue Weisung aus dem Bundesinnenministerium, die sich auf Paragraf 18 des Asylgesetzes stützt. Ausgenommen sind nur Schwangere, Kranke und unbegleitete Minderjährige.
Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei für den Bereich Bundespolizei, erklärte gegenüber der Bild: „Unsere Kollegen werden jeden Asyl- und Schutzersuchenden zurückweisen, außer Schwangere, Kranke, unbegleitete Minderjährige. Die Weisung des Bundesinnenministers ist für die Beamten an der Grenze bindend.“ Auch Heiko Teggatz von der Deutschen Polizeigewerkschaft bestätigte, dass die Weisung Zurückweisungen zwingend vorschreibe.
Sollten die Zurückweisungen erfolgen, ohne dass eine nationale Notlage nach Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union formell ausgerufen wurde, wäre das mit EU-Recht nicht vereinbar. Paragraf 18 des deutschen Asylgesetzes erlaubt zwar Zurückweisungen, doch nach europäischem Recht ist das nur zulässig, wenn ein solcher Notstand tatsächlich erklärt wurde.