Christenfeindlicher Angriff auf Küster in Rodgau: Kein Einzelfall

vor etwa 9 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Mit äußerster Gewalt muss der Täter zugeschlagen haben: Das jedenfalls lässt der Zustand des 1,60m langen Kruzifixes vermuten, mit dem ein 33-Jähriger – laut Polizei handelt es sich um einen Mann mit libanesischem und deutschen Pass, der in Syrien geboren wurde – den Küster der St. Nikolaus-Kirche in Rodgau traktiert hat. Die Arme und ein Bein der Christusfigur sind abgebrochen, der Korpus vom Kreuz gerissen.

Doch nicht nur ein für die Gemeinde wertvoller Sakralgegenstand kam hier zu Schaden, sondern zuerst natürlich der Küster, der lediglich wegen lauter Musik vor der Sakristei nach dem Rechten hatte sehen wollte, und von dem Angreifer attackiert wurde. Erst mit Fäusten, dann mit dem Kreuz, bis es zwei Männern gelang, den Täter vom Opfer wegzuziehen und an der Flucht zu hindern. Zuvor soll der Angreifer einem Passanten zugerufen haben: „Hilf mir, ihn zu töten.“

Ein schockierender Angriff, der jedoch alles andere als ein Einzelfall ist. „Allein in diesem Jahr haben wir – von Wien aus – bereits 10 Brandanschläge und insgesamt etwa 35 vandalistische Angriffe auf Kirchen in Deutschland registriert. Im Mai wurde in Berlin ein Mann zusammengeschlagen, nachdem er sich als Christ zu erkennen gab.“, so Anja Hoffmann vom Observatory on Intolerance und Discrimination against Christians in Europe (OIDAC Europe). Die in Österreich ansässige NGO dokumentiert europaweit christenfeindliche Angriffe und sonstige glaubensbedingte Diskriminierung von Christen.

Im globalen Westen aber sitzen vielerorts antichristliche Ressentiments tief, die Christen als „Täter per se“ begreifen; und das zumeist gegen die Faktenlage. Breite Aufmerksamkeit erregten etwa 2021 medial befeuerte Fakenews um angebliche Massengräber indigener Kinder in Kanada, die an katholischen Internaten unterrichtet wurden: In Kanada brannten daraufhin die Kirchen, über 30 Brandstiftungen wurden innerhalb eines guten halben Jahres nach den angeblichen Entdeckungen verzeichnet, 85 sind es seither, noch höher ist die Zahl von Angriffen und vandalistischen Akten. Daran, dass es sich um Desinformation handeln könnte, glaubte kaum jemand, zu tief saßen antikatholische Vorurteile, die mit antikolonialistischen und antiweißen Ressentiments eine unheilvolle Mischung eingingen. Mittlerweile ist klar, dass die Bodenunregelmäßigkeiten, die zu den Spekulationen und Vorverurteilungen geführt hatten, keine Gräber waren, es wurden keine sterblichen Überreste gefunden, die Suche nach vier Jahren offiziell eingestellt: Bei Kanadas Katholiken hat niemand wegen dieser folgenreichen Verleumdung um Entschuldigung gebeten. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie einfach es ist, auch im Westen christenfeindliche Massenhysterien loszutreten, die durch Mythen genährt werden, die die Medien unkritisch verbreiten.

In Europa ist die Lage ähnlich. Christenfeindlichkeit ist schlicht kein Thema, und das, obwohl sie bereits besorgniserregende Ausmaße angenommen hat: Am 10. März etwa wurde das Café einer evangelischen Freikirche in Leipzig mit Buttersäure angegriffen – der fünfzehnte Angriff allein auf dieses Café seit Juli 2024. Die Betreiber vermuten, dass es sich bei den unbekannten Tätern um Linksextremisten handelt. In Polen gaben in einer kürzlich publizierten Studie fast 50% der befragten Priester an, innerhalb der vergangenen 12 Monate in irgendeiner Form Opfer von Aggression geworden zu sein, zumeist verbaler Art – gemeldet werden die Vorfälle meistens nicht.

„Es ist besorgniserregend, dass weder öffentliches TV und Radio noch traditionelle Medien darüber berichten. Über den Vorfall in Rodgau berichteten bisher praktisch nur konservative und lokale Medien. Stattdessen warnt das ZDF vor den Gefahren von christlicher Mission.“, so Anja Hoffmann von OIDAC Europe.

Sie fährt fort: „Die Regierung ignoriert christenfeindliche Vorfälle oder spielt sie herunter. Auch generell sieht die Regierung nach eigenen Angaben keinen Handlungsbedarf bei der Erfassung christenfeindlicher Straftaten, obwohl viele davon in der Statistik zur Hasskriminalität gar nicht abgebildet werden. Bleiben solche Straftaten aber unsichtbar, was können wir dann an konstruktiven Lösungen erwarten?“

Tatsächlich könnte breitere Berichterstattung für größere Sensibilisierung für das Thema sorgen – ebenso wie eine genauere Erfassung der Straftaten. Denn bereits die veröffentlichten Zahlen des BKA dokumentieren für das Jahr 2024 einen Anstieg christenfeindlicher Straftaten um 21,66% gegenüber dem Vorjahr, hinzu kommen 111 politisch motivierte Angriffe auf Kirchen, mit einem ähnlich hohen Anstieg um 20,65%. Allerdings weist OIDAC darauf hin, dass die Erfassung nur unzureichend erfolgt. Abgesehen von einer hohen Dunkelziffer durch nicht gemeldete und angezeigte Taten werden nur aus „politischen Motiven“ erfolgte gegen Christen gerichtete Straftaten polizeilich als solche dokumentiert. Dass dies die Aussagekraft der Statistiken in Frage stellt, zeigt sich an von OIDAC aufgezeichneten Fällen: So wurde 2023 „eine Altarbibel verbrannt, eine Kirche mit Eiern beworfen und mehrere Kirchen mit satanischen Symbolen beschmiert.“, wie OIDAC auflistet. Wenn bereits solche offensichtlich mit christenfeindlicher Zielrichtung begangenen Taten keinen Eingang in die bundesweite Statistik finden, weil ihre politische Motivation nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, kann man sich ausmalen, wie viele gegen Christen oder den christlichen Glauben gerichtete Taten unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung bleiben.

Es braucht dringend ein größeres Problembewusstsein. Und das darf sich nicht nur darauf beschränken, wachsende gewalttätige Christenfeindlichkeit etwa unter Muslimen zu geißeln: Taten fließen immer auch aus Worten und weltanschaulichen Glaubenssätzen. Gegen Christen gerichtete Ressentiments sind in Deutschland nicht nur in linken Kreisen durchaus gesellschaftsfähig und werden in ihrer Stichhaltigkeit kaum je überprüft. Wer aber solche Ressentiments unterhält, wird weniger dazu bereit sein, christenfeindliche Übergriffe zu thematisieren, zu kritisieren, und öffentlich für die Religionsfreiheit von Christen einzustehen.

Obwohl Angriffe wie der in Rodgau auf einer anderen Ebene angesiedelt sind als „bloße“ Vorurteile, ist eine gesamtgesellschaftliche Korrektur in dieser Hinsicht notwendig.

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