
Ein syrischer Mann, damals knapp 30, heiratet eine 15-Jährige nach islamischem Recht in den Niederlanden. Wenig später lebt sie bei ihm in Deutschland. Dann erhebt das Mädchen schwere Vorwürfe: Zwang, Gewalt, Vergewaltigung – fast 140 Mal. Jetzt endet der Prozess am Krefelder Landgericht mit einem Freispruch.
Auf der Anklagebank: Zwei syrische Männer im Alter von 30 und 39 Jahren. Der 30-Jährige sollte die Jugendliche über Monate hinweg sexuell missbraucht haben – laut Anklage fast 140 Mal. Die Justiz warf ihm Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung und versuchte Nötigung vor. Ein 39-Jähriger musste sich ebenfalls wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Nötigung verantworten.
Die Hauptbelastungszeugin war das Mädchen selbst, heute 18 Jahre alt. Doch das Gericht folgte ihrer Darstellung nicht. Eine psychiatrische Gutachterin stufte ihre Aussagen als unglaubwürdig und unstimmig ein. Die Richterin verwies auf Chatverläufe und Bilder: „Ich vermisse Dich, ich küsse Deine Hände und Füße“, schrieb sie dem 30-jährigen Angeklagten.
Das Gericht wertete das als Beleg für eine freiwillige Beziehung. Dass sie zum Zeitpunkt der Ehe gerade einmal 15 Jahre alt war – und er fast doppelt so alt –, spielte offenbar keine Rolle. Die junge Frau erklärte später, sie habe sich zu diesen Nachrichten gezwungen gefühlt. Für die Justiz reichte das nicht.
Die „Ehe“ wurde am 3. Januar 2022 in den Niederlanden nach islamischem Recht geschlossen – zwei Monate, nachdem das Mädchen aus Syrien nach Deutschland gekommen war. Rechtlich anerkannt ist diese Form der Eheschließung hierzulande nicht. Doch offenbar störte sich niemand daran, dass ein 30-Jähriger eine 15-Jährige „heiratete“ – und mit ihr zusammenlebte.
Beide Angeklagten wiesen alle Vorwürfe zurück. Ihre Verteidiger sprachen von einer konstruierten Geschichte – der Hintergrund sei ein Familienstreit zwischen zwei syrischen Clans. Der 30-Jährige schilderte die Beziehung als liebevoll und einvernehmlich. Die Verlobung soll bereits 2021 in Syrien gefeiert worden sein – zu einem Zeitpunkt, als das Mädchen 14 oder 15 Jahre alt war.
Die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Verfahren gegen die inzwischen 18-Jährige eingeleitet wird – wegen falscher Verdächtigung und uneidlicher Falschaussage.