Anleihenmarkt senkt den Daumen – Klingbeil steuert weiter auf den Eisberg zu

vor etwa 4 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die Berliner Politikmaschine arbeitet weiter im routinierten Modus: Haushaltsverhandlungen enden regelmäßig mit neuer Schuldenaufnahme, der Kanzler fordert Einsparungen im Sozialetat, während linke Kräfte beider Parteien den Steuerzahler bemühen wollen, um die klaffenden Haushaltslücken zu schließen. Es ist eine hektische Debatte über die dramatische Lage der deutschen Wirtschaft und die unmittelbaren Konsequenzen für die Staatsfinanzen entbrannt. Dass die Politik sich nun der Realität beugte und den ideologischen Kurs verließe, der zu diesem Niedergang führte, ist nicht erkennbar.

Flankiert wird diese Debatte von einer infantilen Neidkampagne des DGB, der einmal mehr beweist, dass er zu einem Funktionärsclub ohne Bindung an seine Mitglieder degeneriert ist: Man zieht es vor, spalterische Brände zu legen, statt sich ernsthaft mit den strukturellen Problemen der Wirtschaft auseinanderzusetzen.

Nach Ansicht der DGB-Strategen tragen die Reichen, die Erben und die Privatiers die Schuld an der deutschen Katastrophe. Eine schändliche Kampagne, die hoffentlich keine höheren medienpolitischen Wellen schlagen wird.

Die Gewerkschaft bestätigt die Diagnose, dass ökologistisch-linke Politik mit den Führungskadern aus Wirtschaft und Gewerkschaften weitgehend zu einer korporatistischen Einheit verschmolzen ist – zusammengehalten durch die gigantische Subventionsmaschine der grünen Transformation.

Das Schweigekartell nimmt den Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft billigend in Kauf, solange das süße Gift des Korruptionsgeldes, vulgo: Subventionen, fließt. Im Ergebnis schreitet Deutschland in trüber Stimmung, gesellschaftlich in Aufruhr, ökonomisch paralysiert, dem ökologistischen Sozialismus entgegen.

Die letzten Vertreter einer bürgerlichen Politik agieren ungeschickt, gefangen in medienpolitischen Routinen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert nun eine „Agenda 2030“, offenbar mit dem Ziel, einen psychologischen Effekt zu erzielen – ähnlich wie einst Gerhard Schröders Agenda 2010. Tatsächlich war die Agenda 2010 vor allem eine Verwaltungsreform der Sozialhilfe: fiskalisch bescheiden, mit Einsparungen von höchstens zehn Milliarden Euro jährlich und minimalen Steuersenkungen.

Ihr Ruhm beruhte nicht auf Inhalt, sondern auf günstigen äußeren Umständen: Ein günstiger Zinszyklus, starke Weltkonjunktur und Chinas expansive Nachfragepolitik ließen die Maßnahmen größer erscheinen, als sie tatsächlich waren – ein medial überhöhter Mythos, der bis heute nachwirkt.

Aus dem Süden der Republik wird derweil der Ruf nach einer Umkehr der zerstörerischen Regulierungspolitik im Automobilsektor laut. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert die Streichung des Verbrennerverbots und technologieoffene Lösungen im Bereich der Mobilität. Gleichzeitig hält er aber an der einseitigen Subventionierung der E-Mobilität fest.

Nicht Fisch, nicht Fleisch. Auch er hat nicht erkannt, dass das Fundament der deutschen Wirtschaft gerissen ist und dass kleinteilige Reformansätze nicht mehr die Lösung bringen. Deutschland verliert Kapital an das Ausland und weigert sich nach wie vor die Schwere der Krise, die es selbst mit seiner erratischen Energiepolitik, dem stumpfen Festhalten am Stellvertreterkrieg in der Ukraine und einer grotesken Politik der offenen Grenzen initiiert hat.

Immerhin dämmert es in der Politik, dass sich das wirtschaftliche Desaster bald in deutlich sinkenden Steuereinnahmen niederschlagen wird. Eigentlich wäre es höchste Zeit, die Wirtschaft zu entfesseln und neues Wachstum zu ermöglichen. Doch an die grüne Agenda wagt sich nach wie vor niemand heran. Besonders deutlich zeigt sich das am Gebäudeenergiegesetz (GEG).

Es wird die Bürger mit über neun Milliarden Euro pro Jahr belasten, obwohl die Belastungsgrenze von Wirtschaft und Haushalten längst überschritten ist. Statt rationale Korrekturen vorzunehmen, beharrt die Politik auf ideologische Vorgaben.

Am Emissionsziel hält man unverändert fest, lediglich Zeitplan, Finanzierung und die Option alternativer Heizsysteme – etwa Pelletheizungen – werden diskutiert. So bleibt das Gesetz ein zentraler Baustein der grünen Agenda, die vollständig vom Parteienkartell absorbiert wurde.

In Berlin weiß man längst, dass diese Agenda gescheitert ist. Doch medienpsychologisch hat sie die Parteien derart durchseucht, dass dessen Vertreter nicht imstande sind, diese dramatische Fehlsteuerung zu korrigieren. Die Bürger zahlen nun den Preis für politische Eitelkeiten und infantile Ideologie. Mit Klimapropaganda und Russlandphobie werden sie auf Linie gebracht, ein ökonomisches Kunstprodukt – sei es, die grüne Subventionsökonomie oder die neue Kriegswirtschaft am Leben zu halten.

Destilliert man die deutsche Debatte über Staatsschulden, Regulierung, Klimapolitik und die unendliche Saga um den Schutz der Demokratie gegen das vorgeblich imperiale, invasionsbereite Russland, zeigt sich ein klares Bild: Die Politik hat sich in moralisch überhöhten Überlegenheitserzählungen eingerichtet. Mit Emphase, reichlich Geschichtsbeugung und Realitätsverweigerung hält man unbeirrt Kurs.

Selbst die zunehmend fragile Situation der Ukraine beeinflusst die Entscheidungen kaum. Russland-Diplomatie findet nicht statt, stattdessen wird der Aufbau einer teuren Kriegswirtschaft mit voller Kraft vorangetrieben – alles, um das künstliche Bild eines funktionierenden, moralisch überlegenen Staates aufrechtzuerhalten und den Kreditmechanismus zu beleben.

An den Anleihemärkten stößt die deutsche Selbstbespiegelung auf taube Ohren. Überall wächst der Druck auf die überschuldeten Staaten. Die Zinsen steigen, und mit ihnen verengen sich die fiskalischen Spielräume. Deutschlands Schuldenberg von 2,5 Billionen Euro verursacht dem Fiskus – sprich: dem Steuerzahler – derzeit rund 34 Milliarden Euro an jährlichen Zinskosten.

Jeder Anstieg der Zinsen um einen Prozentpunkt löst in Deutschland beim derzeitigen Schuldenstand Zinskosten in Höhe von 27 Milliarden Euro aus. Die Lage ist also mehr als dramatisch. Blickt man auf den Nachbarn Frankreich, so steht die Woche der Wahrheit an, mit einer Vertrauensabstimmung im Parlament.

Dort versucht die Regierung von Ministerpräsident François Bayrou, Haushaltskürzungen in Höhe von 44 Milliarden Euro umzusetzen. Angesichts des politischen Parts im Parlament gilt dies bereits als gescheitert. Das Land bereitet sich auf einen Generalstreik und politisches Chaos vor.

In Deutschland hält Finanzminister Lars Klingbeil unverändert Kurs. Für das kommende Jahr plant er zusätzliche Staatsausgaben in Höhe von vier Prozent, was den Bundeshaushalt von derzeit 502 auf über 520 Milliarden Euro expandieren wird. Seine Kalkulation beruht jedoch auf viel zu optimistischen Annahmen. Die anhaltende wirtschaftliche Depression wird die Lage in den Sozialkassen dramatisch verschlechtern und den Bund zu weiterer Kreditaufnahme und Ergänzungszahlungen an das Sozialsystem zwingen.

Wer nun glaubte, der Absturz der deutschen Wirtschaft würde den Druck auf die Politik erhöhen und den Crashkurs mit der Wirklichkeit beenden, wird eines Besseren belehrt. Stur, ideologisch radikalisiert und realitätsfern setzt das Gespann Merz-Klingbeil die Katastrophenagenda Brüssels ungebremst fort. Schulden und sinnlose Staatsausgaben sollen die Wende herbeiführen. Von marktwirtschaftlichen Reformen ist weit und breit nichts zu sehen. Sie implizierten Machtverlust und den Willen der Politik, sich auf die Kernaufgaben des Staates zu beschränken.

Materialisiert sich der ökonomische Niedergang in den kommenden Monaten in steigenden Refinanzierungskosten und aufreißenden Staatsdefiziten, wird es spannend sein zu beobachten, wer die ersten Streikbrecher im politischen Apparat sein werden – wer das sinkende Schiff verlässt oder Brandmauern einreißt, die das Ende des Parteienkartells erzwingen.

Wir sollten die Macht des Anleihenmarkts nicht unterschätzen: Keine Notenbank der Welt ist in der Lage, dauerhaft die Zinsstruktur überschuldeter Staaten zu kontrollieren, wenn der Markt den Daumen gesenkt hat.

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