
Die übelste Spielart des Antisemitismus ist eine Mischung aus politisch getarntem Judenhass und Moralismus. Antisemitismus wird zum Mittel des linken Kulturkampfs. Nicht nur in Deutschland.
Erstes Beispiel: Zum dritten Mal haben Pro-Palästina-Demonstranten die Eröffnung eines Feinschmeckerrestaurants am Berliner Gendarmenmarkt (in der guten alten Mohrenstraße, die nun nicht mehr so heißen darf) verhindert. Ungestört von Berliner Ordnungskräften skandierten die Pöbler: „Fuck Israel“ und „Israel bombardieren“ und „Alle zurück nach Europa“. Die Slogans zeigen den Geist der Protestanten. Der israelische Starkoch Eyal Shani, der auch Restaurants in New York, Wien und Paris betreibt, wurde auch vom „Qualitätsmedium“ Zeit-Online attackiert: „Kann das gutgehen, solange Palästinenser Hunger leiden?“ Mit diesem Argument müsste die ganze Welt auf Esskultur verzichten, solange noch irgendwo auf der Welt Hungerkatastrophen stattfinden. Die Aktivisten pinkeln in doppelter Hinsicht gegen den falschen Baum. Shani ist selbst woke. Er nennt sein Berliner Lokal nach zwei Galionsfiguren der queeren Szene in Israel: Gila und Nancy. Und der Koeigentümer Shahar Segal war Sprecher der Gaza Humanitarian Foundation, die sich für Dialog und Frieden einsetzt. Es geht gar nicht um die Sache. Es handelt sich um schlichten Antisemitismus. Einem Berliner Restaurant soll der Judenstern angeheftet werden. Und die scheinheiligen Deutschen kapieren es nicht – oder wollen es nicht kapieren.
Zweites Beispiel. Eines der größten Radsportereignisse der Welt, die Rundfahrt Vuelta in Spanien, erreichte nicht das Ziel in Madrid. Grund: Die Strecke konnte oder sollte nicht vor gewaltbereiten pro-palästinensischen Randalierern geschützt werden. Spaniens linker Regierungschef Sanchez äußerste sogar „tiefe Bewunderung“ für die Demonstranten. Vorgetäuschter Grund: die Teilnahme einer von Israel gesponserten Mannschaft, dem Israel Tech Team. Es könnte das Ende der großen Rundfahrten bedeuten, denn nun weiß jeder irre Aktivistenclub, dass er mit einfachen Mitteln die Strecken (auch der Tour de France) boykottieren und den Radsport (der mit dem Gaza-Problem nichts zu tun hat) als Bühne missbrauchen kann. Immer und überall. Mit ihrer demonstrativen Hilflosigkeit spielt die Obrigkeit den Extremisten in die Karten. Der Sport wird als Geisel genommen.
Drittes Bespiel. Die Münchner Philharmoniker wurden beim flandrischen Musikfestival ausgeladen, weil ihr künftiger Chefdirigent Lahav Shani Israeli ist – ein Netanjahu-Gegner, ein ausgewiesener Palästinenser-Freund, der auch schon das Ost-West-Divan Orchester geleitet hat. Nur hat er sich nicht erpressen lassen und geweigert, schriftlich das „genozidale Regime in Tel Aviv“ zu verurteilen. Die eindeutig antisemitischen Veranstalter in Belgien machten dem Münchner Weltklasse-Orchester ein vergiftetes Angebot: Sie könnten selbstverständlich spielen – mit einem anderen Dirigenten. Darauf ließen sie sich nicht ein, spielten satt dessen spontan in Berlin, wo die Politik nun furchtbar stolz auf sich ist: Wie entschieden wird doch der Antisemitismus bekämpft, nur leider anderswo. Die Zahl der antisemitischen Straftaten in Deutschland steigt enorm: 2022 waren es noch 380, allein im ersten Halbjahr 2025 sind es 615.
Am Tag des Konzerts bricht Kanzler Merz bei der Wiedereröffnung der Reichenbach-Synagoge in München geradezu in Tränen aus. Rüstungsexporte nach Israel hat er eingestellt. Es wird wohl auch nicht mehr lange dauern, bis der Staat „Palästina“ auch von Deutschland anerkannt wird. Von den 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben es 147 ja schon getan. Eine Lösung des Konflikts ist es nicht. Im Gegenteil: Die Anerkennung und Subventionierung der Hamas-Diktatur in Gaza hat Tod und Terror gebracht, keinen Frieden. So eskaliert der Konflikt. Die radikal-religiösen Scharfmacher in Netanjahus Regierung kündigten an, noch mehr Siedlungen im Westjordanland bauen zu wollen. Aber es geht im Propagandakrieg längst nicht mehr um berechtigte Kritik an Israels Regierung. Alle Israelis, alle Juden werden verfolgt. Die Antisemiten aller Länder sind vereint im Kampf gegen den Staat der Juden unter dem Deckmantel der Humanität. Die ideologische Umwertung des Kriegs hat nur ein Ziel: Gaza soll Auschwitz ersetzen. Das ist der Kern des linken Israelhasses. Und wieder einmal fallen bürgerliche Regierungen darauf herein.