
Beim Sommerinterview der ARD mit AfD-Chefin Alice Weidel ist es zu einer massiven Störaktion gekommen. Während sich die Parteichefin zu Fragen des Journalisten Markus Preiß befragt äußern wollte, setzte ein Chor ein, der die Vorsitzende übertönte und zwischenzeitlich das Zuhören erschwerte. Den Vorfall machte die AfD-Chefin in einem Tweet selbst publik, die Störung ist aber auch im Live-Stream bereits nachzuschauen.
So sieht es übrigens aus, wenn die #tagesschau ein #Sommerinterview mit der AfD im CDU-regierten Berlin führt - während im Hintergrund der NGO-Chor protestiert. Einschalten ab 18 Uhr in der ARD - da gibts das ganze Interview zu "hören"... pic.twitter.com/aY7AQVHOmU
Während der Störung führt Weidel gerade aus, dass sie an „Remigration“ festhalte. Das Konzept sei demnach „die Einhaltung von Recht und Gesetz“. Dies bedeute aber, so Weidel, auch, „dass jeder, der aus einem sicheren Drittstaat zu uns kommt, abzuweisen ist.“ Seit zehn Jahren werde „das Gegenteil“ gemacht, stattdessen werde jeder hereingelassen. Nun müsse man ausreisepflichtige Menschen abschieben. „Wir haben beispielsweise in diesem Land 215.000 Syrer, die ausreisepflichtig sind. Da frage ich mich: Wo bleiben die Abschiebungen?“
Während der gesamten Passage wird Weidel von einem geradezu komisch anmutendem Chor unterlegt, der „Scheiß AfD“ singt. Unklar ist, woher die Musik genau kommt. Im Vorfeld des Interviews versammelten sich Demonstranten auf der gegenüberliegenden Uferseite. Dort wurde bereits gegen die AfD-Chefin getrommelt und Parolen skandiert.
Zu der Aktion hat sich inzwischen das Zentrum für politische Schönheit bekannt. Auf der Plattform BlueSky schrieb das linksextreme Kollektiv: „Das beste Sommerinterview, das die ARD je mit Faschisten geführt hat.“ Man lade alle ein, dieses ab 18:00 Uhr in der ARD nachzugucken, was den Rückschluss erlaubt, dass die Störung auch nicht herausgeschnitten werden kann.
Das Zentrum für politische Schönheit erklärte sich für die Störung zuständig.
Bereits vergangene Woche, als CDU-Chef Friedrich Merz beim Sommerinterview gastierte, war die Kulisse mitsamt entsprechenden Geräuschpegels massiv kritisiert worden. So hörte man zahlreiche Außengeräusche und Straßenlärm. Viele Nutzer empfanden dabei die technische Umsetzung als dilettantisch und des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks unwürdig.
Genau diesen Umstand dürfte sich nun das linksradikale Kollektiv zu Nutze gemacht haben. Das ZfpS, das unter anderem vom Aktivisten Philipp Ruch geleitet wird, zeigte sich dabei schon in der Vergangenheit mehrfach für geschmacklose Aktionen verantwortlich. Im Vorfeld der Bundestagswahl postete man ein Bild, welches Merz und Weidel zeigte, und welches den Titel trug: „Team Hitler“. Das Kollektiv trommelt seit längerer Zeit für ein AfD-Verbot und bildet auf einer eigens eingerichteten Website AfD-Abgeordnete als Schwerkriminelle ab.
Unklar ist, warum die ARD, die ihre Sommerinterviews in Berlin-Mitte unweit des Regierungsviertels führt, ein normales Interview mit Weidel nicht gewährleisten konnte – und es bei aufziehender Störung nicht etwa in geschlossene Räumlichkeiten verlegte.
Der FOCUS-Chefredakteur Thomas Tuma nannte das Interview einen „Tiefstpunkt öffentlich-rechtlichen Informationsmanagements“. Tuma beschreibt, wie das Gespräch durch geplante Störungen von NGO-Gruppen sabotiert wurde: „Auf der gegenüberliegenden Spree-Seite hatten NGO-Kleinstgruppen zum Anti-Weidel-Kampf geblasen, so dass in dem ohrenbetäubenden Lärm jeder Gesprächsversuch schnell unterging. Statt zu reagieren (indem man zum Beispiel abbricht oder ins Studio umzieht), schmunzelte Hauptstadbüroleiter Markus Preiß den Lärm mit Bemerkungen weg, dass es ja sehr laut sei.“
In seinem Post auf LinkedIn kritisiert er: „Gefühlt ein Fünftel des 30-Minuten-Interviews war dann ohnehin Einspielfilmen vorbehalten, die alles zusammen krampften, was es an aktueller Kritik zur AfD so gibt. Ach ja, und nach diesem ‚Gespräch‘ wurde die Farce natürlich noch breit von ARD-Leuten kommentiert. Tenor: Weidel: ganz böse. Preiß: total super. Es ist zu erwarten, dass die letzten Gesprächsfetzen bis morgen früh noch von etlichen ARD-Faktencheckern so lange seziert werden, bis nur noch bleibt: Die Bitch lügt.“ Das Gespräch habe mit Journalismus nur noch so viel zu tun wie „eine Kirmes, bei der sich ein eigens eingeladener Gast plötzlich als Hau-den-Lukas-Objekt für die Dorfschläger wiederfindet.“
Eine Anfrage von NIUS, die erfragen wollte, wie der Vorgang mit dem Qualitätsanspruch und der Neutralitätspflicht der ARD vereinbar sei, ließen die Pressestelle der ARD und die Pressestelle des ARD-Hauptstadtstudios bisher unbeantwortet.
Auch bei NIUS: Künstlerkollektiv „Zentrum für politische Schönheit“ schockt mit geschmacklosen Vergleichen