157 Millionen Euro für Asyl-Unterkunft in Berlin-Westend: Wie der Senat den Konzern „Aroundtown“ mit Steuergeld überschüttet

vor 3 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Das Land Berlin will für 157 Millionen Euro einen Bürokomplex anmieten, um dort bis 2035 rund 1.500 Asylbewerber unterzubringen. NIUS liegt exklusiv der Senatsbeschluss vor, der eine gigantische Steuerverschwendung offenbart. Eigentümer der Immobilie ist der in Luxemburg ansässige Konzern Aroundtown. Der streicht bereits durch eine Asylunterkunft in Berlin-Lichtenberg in den nächsten zehn Jahren satte 143 Millionen Euro ein.

Am 11. Dezember steht im Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses eine wichtige Entscheidung an. Dann soll über die Anmietung eines rund 32.000 Quadratmeter großen Bürokomplexes in Berlin-Westend entschieden werden, um das Gebäude in eine Asyl-Unterkunft für 1.500 Personen umzuwandeln. Von Januar 2026 bis Ende 2035 plant der Berliner Senat, stolze 157 Millionen Euro an den Eigentümer zu überweisen.

In der Soorstraße 80 im gutbürgerlichen Berlin-Westend zeigt sich, welche Dimensionen die Kosten der Asyl-Einwanderung mittlerweile angenommen haben. Eine Landesregierung, die von Diversity und Nachhaltigkeit träumt, hat dabei keine Skrupel, Geschäfte mit einem in Luxemburg ansässigen Immobilienkonzern zu machen, dem die Anliegen der Anwohner herzlich egal sein dürften.

Die Geschichte spielt sich auf gleich mehreren Ebenen ab, die erst in ihrer Gesamtheit den Wahnsinn offenbaren, der in der Hauptstadt um sich greift:

Anfang 2024 trudelte im Berliner Senat ein verlockendes Angebot ein. Seit geraumer Zeit ist die Landesregierung des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) verzweifelt auf der Suche nach geeigneten Liegenschaften, um dort Asylbewerber unterzubringen. Denn die Erstaufnahmeeinrichtung in Berlin-Tegel platzt derzeit aus allen Nähten. Nun präsentierte ein privater Eigentümer einen rund 32.000 Quadratmeter umfassenden Bürokomplex in Berlin-Westend, der als Asylunterkunft geeignet erschien. Nach monatelangen Verhandlungen einigten sich beide Parteien auf einen Mietvertrag. Über den unterschriftsreifen Vertrag muss jetzt nur noch im Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses abgestimmt werden.

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU)

NIUS liegt das Senatspapier vor, über das am 11. Dezember entschieden werden soll. Die Unterlagen stammen aus der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung von Senatorin Cansel Kiziltepe, die für die Anmietung von Asylunterkünften verantwortlich ist. Ihre Papiere zeigen das absurde Ausmaß, wie leichtfertig in Berlin mit Steuergeldern in dreistelliger Millionenhöhe umgegangen wird.

Der Mietvertrag soll mit dem 1. Januar 2026 beginnen und am 31. Dezember 2035 enden. Für diese zehn Jahre plant der Berliner Senat mit imposanten Gesamtkosten von 157 Millionen Euro. Wie aber setzt sich diese Summe zusammen? Die vereinbarte Nettokaltmiete liegt laut den Unterlagen bei monatlich 26,02 Euro pro Quadratmeter. Darin inkludiert sind 8,80 Euro pro Quadratmeter für „Umbau- und Herrichtungsmaßnahmen“, denn der Umbau wird dem Vermieter ebenfalls bezahlt. Zum Vergleich: Laut dem Portal „Immoscout24“ lag Anfang Oktober 2024 die durchschnittliche Kaltmiete in Berlin-Westend bei 14,46 Euro. Die Miete in der Soorstraße ist also fast doppelt so hoch. Dazu kommt, dass ein erheblicher Teil der rund 32.000 Quadratmeter großen Fläche des Bürogebäudes überhaupt nicht genutzt werden kann. „Die Nutzfläche beträgt ca. 23.830 qm“, teilt das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten auf Anfrage von NIUS mit.

Und damit nicht genug: Die Nebenkosten werden mit zehn Euro pro Quadratmeter angesetzt. Laut Mieterverein zahlte der Berliner in diesem Jahr durchschnittlich rund 2,79 Euro pro Quadratmeter an Betriebskosten. Auch hier werden die Kosten also um ein Vielfaches höher angesetzt. Der Senat rechnet deshalb mit monatlichen Kosten in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro. Die Summe erhöht sich sogar noch durch eine jährliche Mietindexierung von etwa drei Prozent. Am Ende verzeichnet das Papier aus der Senatsverwaltung für die zehn Jahre eine gigantische Summe von exakt 156,751 Millionen Euro.

Mit üblichen Marktpreisen hat dies nichts mehr zu tun. Laut NIUS-Informationen versuchte mindestens ein privater Investor, das Gebäude in der Soorstraße aufzukaufen. Demnach belief sich das im Sommer 2024 abgegebene Angebot auf 45 Millionen Euro. Nun verdient der Eigentümer mit der Vermietung des Bürokomplexes mehr als dreimal so viel.

Doch wer ist eigentlich der Profiteur des Ganzen?

NIUS liegen exklusiv die Grundbuchakten des Bürokomplexes vor. Erbaut wurde das in die Jahre gekommene Gebäude 1988 durch den mittlerweile verstorbenen Unternehmer Rafael Roth – ein „Immobilienmogul mit Renditehunger“, wie das Handelsblatt einst schrieb. Roth baute rund um den Kurfürstendamm in West-Berlin ein Imperium auf und galt Anfang der 2000er Jahre als zweitreichster Berliner – direkt hinter der Verlegerin Friede Springer. Nach seinem Tod erwarb schließlich das neugegründete „Projekt Soorstraße 80-82 Berlin Grundstücks GmbH“ den Bürokomplex.

Dahinter steckt das undurchsichtige Firmengeflecht des in Tel Aviv geborenen Investors Amir Dayan, der aus einer der reichsten Familien in Israel stammt. Seit 2008 kaufte er vor allem in Deutschland im großen Stil Gewerbeimmobilien auf. Dayans Hauptunternehmen, die TLG Immobilien AG, fusionierte später mit dem Immobilienkonzern Aroundtown – und so wanderte der Bürokomplex in der Soorstraße in die Hände des in Luxemburg ansässigen Unternehmens.

Aroundtown wiederum wurde vor zwanzig Jahren durch den israelischen Geschäftsmann Yakir Gabay gegründet. Mittlerweile ist es eines der größten Immobilienunternehmen Europas. Gabay verfolgte dabei ein ähnliches Prinzip wie Dayan. Ab 2004 begann der heute 58-Jährige in Berliner Immobilien zu investieren. Seinen formellen Sitz hat der Konzern im Steuerparadies Luxemburg, seinen operativen Hauptsitz hingegen in Berlin-Tegel in der Wittestraße 30. Dort ansässig ist ebenfalls das Tochterunternehmen „Projekt Soorstraße 80-82 Berlin Grundstücks ApS & Co. eGbR“.

Operativ leitet Aroundtown seine Geschäfte aus Berlin-Tegel.

Seinen Fokus legte Aroundtown frühzeitig auf sogenannte „Problemimmobilien“. Die Immobilien-Zeitung schrieb 2016: „Ihre Strategie ist es, schwierige Objekte, von denen viele andere die Finger lassen, günstig einzukaufen. Bröckelnder Beton, eingeworfene Scheiben, leerstehende Ladenzeilen – ein super Investment, zumindest, wenn man Aroundtown Property Holdings heißt.“ Gerade in den Jahren vor Corona kaufte der MDAX-Konzern aggressiv ein. Die Europäische Zentralbank hatte den Leitzins auf 0 Prozent gesenkt. Kredite wurden einem praktisch hinterhergeschmissen. Mittlerweile jedoch schießen die Baukosten und Zinsen in die Höhe, während die Grundstückswerte sinken. Dazu kommen die sich ausweitenden staatlichen Eingriffe auf den Immobilienmarkt.

Das Jahr 2022 schloss Aroundtown mit einem Nettoverlust von 457,1 Millionen Euro ab. Ein Jahr später verzeichnete der Konzern einen Nettoverlust von 2,43 Milliarden Euro. Von Januar bis Juni 2024 listet der Geschäftsbericht ein Minus von 170,9 Millionen Euro. Seit Februar 2020 stürzte auch die Aktie von Aroundtown dramatisch ab – von rund 8,70 Euro auf zwischenzeitlich 90 Cent (Mai 2023). Mittlerweile hat sie sich bei 3,18 Euro halbwegs stabilisiert. In diesen schwierigen Zeiten orientiert sich Aroundtown offenbar an einem neuen Geschäftsmodell. Während die Branche Überlebenskämpfe führt, profitiert man durch die Masseneinwanderung nach Deutschland. Der Staat als Mieter verspricht garantierte Millionenzahlungen.

Interessant ist hierbei auch die Eigentümerstruktur des Grundstücks, denn das „Projekt Soorstraße 80-82 Berlin“ hat seit 2014 zwei Gesellschafter. 40,5 Prozent der Anteile gehören dem Unternehmen „DCE1“, 59,5 Prozent der Anteile besitzt „DCE2“. Beide Firmen haben keine Angestellten und gaben in ihrem jeweiligen Geschäftsbericht für 2023 nur ein Asset an: Das Grundstück in der Soorstraße 80 in Berlin-Westend. Geführt werden die Firmen von einem Angestellten der TMF Group (DCE1) und einem Mitarbeiter der Intertrust Group (DCE2), zwei Unternehmen, die darauf spezialisiert sind, Briefkastenfirmen für internationale Wirtschaftskonzerne zu betreuen. In diesem Fall ist ihr Auftraggeber also Aroundtown. „DCE2“ wird genau wie das „Projekt Soorstraße 80-82 Berlin“ in offiziellen Dokumenten der Bundesfinanzaufsicht als Tochterunternehmen von Aroundtown geführt.

Hintergrund der zwei Gesellschaften ist das steuersparende Prinzip des „Share Deals“. Hierbei bündelt man die Immobilie in mehreren Unternehmen. Der Käufer eines Gebäudes erwirbt lediglich die Anteile (Shares) an den Unternehmen. Somit handelt es sich nicht mehr um einen Immobilienkauf – und es wird keine Grunderwerbssteuer fällig. Der Normalbürger hätte bei dieser Form des Hauskaufs sofort das Finanzamt auf den Fersen, für Großkonzerne ist diese Buchführung völlig legal. Besonders absurd: Die Regierung von Kai Wegner strebt derzeit eine Bundesratsinitiative an, mit dem Ziel, genau dieses Steuerschlupfloch für Konzerne zu schließen. Während der Senat also kein Problem damit hat, hinter den Kulissen Mietverträge mit Immobilienkonzernen zu vereinbaren, für die sogenannte „Share-Deals“ zum täglichen Geschäft gehören, gibt man offiziell vor, streng dagegen vorgehen zu wollen.

Schon durch die Vermietung eines Hotel-Komplexes in Berlin-Lichtenberg sicherte sich Aroundtown eine Summe von 143 Millionen Euro über zehn Jahre. Stimmt der Senat in wenigen Tagen dem Beschluss zur Unterkunft in Westend zu, würde das Land Berlin weitere 157 Millionen Euro überweisen. Damit hätte der in Luxemburg ansässige Immobilienkonzern über die nächsten zehn Jahre allein in Berlin ein garantiertes Einkommen von insgesamt 300 Millionen Euro.

Lesen Sie auch Teil 1 der Recherche: Asyl-Unterkunft für 1.200 Personen in Berlin-Lichtenberg.

Für diese drei Plattenbauten in Berlin-Lichtenberg erhält Aroundtown rund 143 Millionen Euro an Miete.

Eigentlich befindet sich die CDU/SPD-Landesregierung derzeit auf Sparkurs. Es fehlen drei Milliarden Euro. Geplante Gelder für die Sanierung von Schulen werden gestrichen, wirtschaftliche Förderungen heruntergefahren und zahlreiche Infrastukturprojekte stehen plötzlich hinten an. An einem Punkt aber wird nicht gespart: Bei den Milliardenkosten für die Asyl-Einwanderung. Im Juni einigte sich der Senat bereits auf sogenannte „Verpflichtungsermächtigungen“ in Höhe von 1,32 Milliarden Euro für die nächsten Jahre. Diese sollten vornehmlich für die Unterbringung von Asylbewerbern verwendet werden. Die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und Linken stimmten im Hauptausschuss zu, nur die AfD lehnte das Vorhaben ab. 300 Millionen Euro dieser 1,32 Milliarden Euro sollen nun also an Aroundtown fließen.

Ideologische Herzkammer des Berliner Senats ist dabei stets die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung, die auch jene Verpflichtungsermächtigungen ins Spiel brachte. Senatorin Cansel Kiziltepe und ihr Staatssekretär Aziz Bozkurt gelten als linke Hardliner, gerade was die Einwanderungsfrage angeht. Dutzende linke NGOs werden über die Behörde von Kiziltepe gefördert, dazu obliegt ihr die Verantwortung für die Unterbringung von Asylbewerbern.

Während andere Berliner Senatsverwaltungen rund zehn Prozent ihres ursprünglich veranschlagten Haushalts einsparen müssen, fällt die Streichliste bei Kiziltepe deutlich kürzer aus. Hinter vorgehaltener Hand rümpft darüber selbst der ein oder andere CDU-Abgeordnete in Berlin die Nase. Doch Bürgermeister Wegner hält am Ende stets die schützende Hand über die SPD, um die Koalition nicht zu gefährden. Als Erpressungspotential dient den Sozialdemokraten ausgerechnet die Liebesbeziehung von Wegner mit Bildungsenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU). Denn bislang hielt sich der Koalitionspartner mit öffentlicher Kritik auffällig zurück. An ein Ende der linksideologischen Projekte ist somit kaum zu denken. Die Asylkrise wird nicht gelöst, sondern lediglich mit Milliardenzahlungen des Steuerzahlers verwaltet.

Wann immer es für den Berliner Senat um die Bewertung von Grundstücken oder um Mietverträge geht, kommt die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) mit ins Spiel. Die landeseigene Tochtergesellschaft ist für das Zahlenwerk zuständig. Auch im Falle von möglichen Flüchtlingsunterkünften ist sie beauftragt, Flächen anzumieten, zur Nutzung herzurichten und dazu auch mit privaten Anbietern in Gespräche zu treten. Die Verhandlungen mit Aroundtown über die Grundstücke in Lichtenberg und im Westend führte ebenfalls die BIM.

Das Geschäft ist einträglich: 11.220 Euro monatlich fallen für die BIM laut Mietvertrag als „Managementvergütung“ ab. Dazu kommt für den Abschluss des Vertrages eine „einmalige Anmietungsvergütung“ in Höhe von 850.513 Euro. Das landeseigene Tochterunternehmen hat also ein Interesse darin, dass der Deal zustande kommt.

Gleichzeitig ist die BIM jedoch verpflichtet, die Wirtschaftlichkeit des Objektes zu prüfen – so auch in der Soorstraße. Die Berechnungen finden sich in den NIUS vorliegenden Unterlagen des Senats wieder. Sonderlich viel Mühe scheinen sich die Prüfer nicht gemacht zu haben. Denn zur „Bewertung der Wirtschaftlichkeit“ stellte das BIM einen geradezu lächerlichen Vergleich auf. Den obengenannten Zahlen zum Bürokomplex in der Soorstraße, im Papier als „Variante I“ gekennzeichnet, stellte man eine mögliche „externe Markt-Anmietung eines Vergleichsobjektes im Umfeld“ gegenüber („Variante II“).

Doch laut dem Senatspapier gibt es keine „am Markt verfügbare Alternative“. Also ging man für die „Variante II“ von einem hypothetischen Objekt aus, das exakt gleichgroß ist. Die Nettokaltmiete setzen die Prüfer höher an als beim Bürokomplex in der Soorstraße, die Betriebskosten übernahm das BIM aus der „Variante 1“. Das Endergebnis der Rechnung: Der vorliegende Mietvertrag, also die erste Variante, koste den Senat 157 Millionen Euro. Die zweite Variante hingegen veranschlagen die Prüfer mit fast 172 Millionen Euro. „Die Vorteilhaftigkeit der Variante 1 (Vorzugsvariante) beläuft sich auf rund 15 Mio. Euro bei kameralistischer Betrachtung“, heißt es im Papier im besten Beamtendeutsch.

Der Eingangsbereich des Gebäudes in der Soorstraße 80.

Dazu gibt es noch einen weiteren merkwürdigen Zufall: In der Geschäftsleitung der BIM sitzt Jelena Ebner. Die studierte Betriebswirtin mit dem Schwerpunkt Immobilienmanagement arbeitete ab 2014 für Grand City Property in Berlin – ein Tochterunternehmen von Aroundtown. Laut ihren biografischen Angaben ging es anschließend direkt zum Mutterkonzern: „Ein Jahr später wechselte sie zur Aroundtown, wo sie ab 2016 diverse Führungspositionen innehatte u.a. Head of Property Management“, heißt es auf der Homepage der BIM. Im Oktober 2023 wurde Ebner schließlich von der Tochtergesellschaft des Landes Berlin abgeworben und übernahm den Posten der Prokuristin. Schon wenige Monate später gingen die Vermietungsangebote von Aroundtown für den Hotel-Komplex in Berlin-Lichtenberg (143 Millionen Euro für zehn Jahre) und das Bürogebäude in Berlin-Westend (157 Millionen Euro für zehn Jahre) ein.

Über diese 300 Millionen Euro an Steuergeld entscheidet also die BIM, für die Ebner nun arbeitet. Einen größeren Interessenkonflikt kann es kaum geben. Eine langjährige Führungskraft von Aroundtown ist als Teil der Geschäftsführung mitverantwortlich für Millionenzahlungen des Landes Berlin, die an ihren ehemaligen Arbeitgeber fließen oder fließen sollen. Eine Anfrage beim BIM blieb bislang unbeantwortet.

Die Informationen über das Projekt in der Soorstraße sickerten bislang nur gemächlich an die Öffentlichkeit. Der Senat will nichts preisgeben. Eine Bürgerversammlung berief das lokale Bezirksamt noch nicht ein, da man laut eigenen Angaben selbst zu wenig über das Projekt wisse. Anfang nächsten Jahres soll eine erste Informationsveranstaltung folgen – gesetzt den Fall, der Mietvertrag wird unterschrieben. Nähere Einblicke erhielten jedoch bereits ausgewählte Partner. Das Bezirksamt lud am 11. November die örtliche „Zivilgesellschaft“ zu einer sogenannten „Akteurskonferenz“ ein, die in der Kirchengemeinde Westend stattfand. Daran nahmen „ca. 100 verschiedene Akteure aus dem Westend, dem Bezirksamt und den Senatsverwaltungen“ teil, wie das Integrationsbüro des Bezirksamts auf Nachfrage von NIUS bestätigte. Auf der Konferenz sei es darum gegangen, „Bedarfe zu ermitteln“, und zu erfassen, welche „Ressourcen es schon im Stadtteil gibt“.

Den Ton gibt vor Ort die Initiative „Willkommen in Westend“ an, eine Flüchtlingsinitiative, die schon seit 2013 existiert. Federführend ist hier neben dem „Flüchtlingsrat Berlin“ der Verein „Interkulturanstalten Westend“, die vom Land Berlin mitfinanziert werden – unter anderem aus der Senatsverwaltung von Senatorin Cansel Kiziltepe. Die ideologische Schnittmenge ist dementsprechend: Amei von Hülsen-Poensgen, Sprecherin von „Willkommen in Westend“ und Führungsfigur von „Interkulturanstalten Westend“, ist gerngesehener Gast bei Anhörungen zum Thema Asyl im Berliner Abgeordnetenhaus. Es brauche eine größere Willkommenskultur, lautet dabei stets der Tenor.

Interessant ist nun jedoch: In der Anwohnerschaft regt sich angesichts der gigantischen Asyl-Unterkunft, die in der Soorstraße geplant wird, massiver Widerstand. Die neu gegründete „Initiative Westend“ verweist auf „die Unwirtschaftlichkeit und die schwerwiegenden Auswirkungen“ des Vorhabens. „Wir fordern, dass Steuergelder sinnvoller investiert werden.“ Ob ihr Anliegen tatsächlich Gehör findet, wird sich am 11. Dezember zeigen. Dann tritt der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses zusammen, um über die Soorstraße 80 zu entscheiden.

Auch der Konzern Aroundtown wird mit Spannung auf die Abstimmung blicken.

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