Atomkraft, NGO-Programme, Staatsbürgerschaft – diese Forderungen der CDU-Verhandler verschwanden

vor 18 Tagen

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In den Koalitionsverhandlungen konnte die Union in den Bereichen Steuern und Migration die SPD-Forderungen wider Erwarten doch noch abschwächen. Das verkaufen die Schwesterparteien CDU und CSU jetzt zwar als Erfolg, zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich die Chefverhandler nach den Verhandlungen in den Arbeitsgruppen dennoch in zahlreichen Fragen von der SPD um den Finger wickeln ließen.

So herrschte nach den Verhandlungen in vielen der Arbeitsgruppen Uneinigkeit. Die jeweiligen Ergebnispapiere enthielten in Parteifarben und eckigen Klammern Anliegen, die von der Gegenseite abgelehnt worden waren. Die Papiere gingen dann in die Chefrunde, die letztlich die aktuelle Fassung des Koalitionsvertrags anfertigte. Doch hier wird jetzt deutlich: Während einige SPD-Klammern angenommen wurden, konnten viele Forderungen der Union in der Chefrunde nicht umgesetzt werden.

Einer der brisantesten Fälle geht aus dem Bereich Klima und Energie hervor. In der betreffenden Arbeitsgruppe hatte die Union zuvor in eckigen Klammern darauf gedrängt, Kernenergie in Deutschland wieder in den Fokus zu rücken und dahingehend zu prüfen, „ob angesichts des jeweiligen Rückbaustadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand noch möglich ist“ – doch das ist jetzt vom Tisch. Eine derartige Formulierung findet sich nicht im Koalitionsvertrag – Atomstrom soll keine Rolle spielen.

Auch die in eckigen Klammern in der Arbeitsgruppe für Wirtschaft, Industrie und Tourismus geforderte Rückabwicklung des Verbrennerverbots ab 2035 taucht nicht auf. Auf komplette Ablehnung trafen aber vor allem Forderungen der Union in der Arbeitsgruppe Innen, Recht, Migration und Integration – während eine brisante SPD-Formulierung übernommen wurde. Über den folgenden in eckigen Klammern im Arbeitspapier verfassten Satz gab es zunächst noch Uneinigkeit: „Wir schaffen eine rechtliche Grundlage für die Bundestagspolizei“.

In minimal abgeschwächter Form hat er es jetzt aber doch durch die Chefrunde in den Koalitionsvertrag geschafft. „Wir wollen eine rechtliche Grundlage für die Bundestagspolizei schaffen“, ist dort jetzt zu lesen. Das ist deshalb brisant, weil die Bundestagspolizei zuletzt im Fokus einer Debatte rund um die Einschränkung der AfD im Parlament war. Bei der konstituierenden Sitzung des Bundestags am 25. März war die AfD – wie bereits in den vergangenen Legislaturperioden – die einzige Partei, deren Kandidat für den Vizepräsidentschaftsposten des Bundestags abgelehnt wurde.

Die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner rechtfertigte das später mit dem Zugriff eines Vizepräsidenten auf die Parlamentspolizei (Apollo News berichtete). „Der Vizepräsident ist in dem Moment, in dem er vorne sitzt, auch Präsident und hat zum Beispiel die Macht über die Bundestagspolizei.“ Man müsse einer Person, die man wählen solle, „so viel zutrauen“, dass diese Person „die Bundestagspolizei nie gegen Demokraten“ einsetzen lassen würde, erklärte sie in der ZDF-Sendung Markus Lanz. Währenddessen fordern die Grünen selbst, ein Bundestagspolizeigesetz einzuführen, um „die parlamentarische Demokratie besser vor ihren Feinden schützen“ zu können.

Bereits im Dezember hatten die damaligen Regierungsparteien SPD und Grüne ein solches Gesetz gefordert. Damit sollten die Befugnisse der Bundestagspolizei, die nur für das Gelände des Bundestags verantwortlich ist, auf eine stabile, rechtliche Grundlage gestellt werden. Zudem soll die örtliche Zuständigkeit der Polizei „moderat erweitert werden, indem die strikte Bindung an die Parlamentsgebäude gelockert wird“. Obwohl die Union in der Arbeitsgruppe noch gegen ein solches Vorhaben war, wurde die dahingehende Formulierung jetzt in den Koalitionsvertrag aufgenommen.

Ein, im Papier der Arbeitsgruppe, nur wenige Zeilen später formuliertes Ziel, das derzeit vom Familienministerium verwaltete Förderprogramm „Demokratie leben!“ im Innenministerium – das jetzt von der CSU geführt werden soll – anzusiedeln, wurde hingegen abgelehnt und nur die Überprüfung des Programms „in Bezug auf Zielerreichung und Wirkung“ angekündigt.

Unstimmigkeiten gab es vor allem in der Migrationspolitik. Hier hatte Friedrich Merz vor der Bundestagswahl noch mit einem kompromisslosen Vorgehen geworben. Doch von diesem Auftreten ist nun nicht mehr so viel zu lesen. Die von der SPD abgelehnten CDU-Klammern wurden dann in der Chefrunde noch einmal abgeschwächt. „Bundesausreisezentren“ sollen zwar geprüft, aber nicht zwingend eingeführt werden.

Nach Afghanistan und Syrien möchte zwar auch die SPD abschieben lassen, „die Errichtung von Rückführungszentren in Drittstaaten“, so hatte es die Union noch gefordert, wurde jedoch nicht aufgenommen. Auch das Durchführen von Asylverfahren in Drittstatten wurde letztlich nur abgeschwächt übernommen, Union und SPD wollen letztlich nur eine „Initiative zur Streichung des Verbindungselements, um Rückführungen und Verbringungen zu ermöglichen“ umsetzen.

Ebenfalls nicht zu finden sind zahlreiche migrationspolitische Forderungen der CDU: „Um die illegale Migration möglichst zu verhindern, muss die Vergabe von Aufenthaltsrechten an abgelehnte Asylbewerber wieder zur Ausnahme werden. Den Missbrauch von Schengen-Visa und die Umgehung von Visumverfahren überprüfen wir“, hatten die Verhandler der Union in der Arbeitsgruppe beispielsweise gefordert. Auch diese Klammer verschwand im Koalitionsvertrag.

Dieses Schicksal ereilte auch folgende in Klammern gestellte Feststellung: „Es ist nicht akzeptabel, dass terroristische und kriminelle Vereinigungen auf unseren Straßen und Plätzen ungestraft für ihre Ziele werben können. Angesichts der Terrorismusgefahr werden wir die Sympathiewerbung wieder unter Strafe stellen.“ Dahingehend hatte die Union auch eine Überprüfung von „Terrorunterstützern, Antisemiten und Extremisten, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen“ gefordert und hier die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, „wenn sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen“. In den Koalitionsvertrag schaffte es das nicht.

In Klammern wollten die Verhandler der Union zudem einführen, „eine gute Kenntnis der deutschen Sprache muss eine Bedingung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit sein“ – auch das wurde gestrichen. Letztlich fiel das Verhandlungsergebnis aufgrund der Stimmung in den vergangenen Wochen, in denen mit wesentlich einseitigeren Koalitionszielen zugunsten der SPD gerechnet worden war, weniger drastisch aus, als erwartet. Vor allem aber vor dem Hintergrund der migrationspolitischen Versprechen von Merz vor der Bundestagswahl und der eklatanten Abstriche in der Wirtschafts- und Energiepolitik ist das Ergebnis nach wie vor aus Unionssicht ernüchternd.

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