
Der mutmaßliche Attentäter von Magdeburg, Taleb al-Abdulmohsen, hätte schon 2013 in eine Psychiatrie eingewiesen werden können. Das geht aus einem Schreiben der Kriminalinspektion Rostock vom 23. Mai 2013 hervor, das der Welt vorliegt. Darin heißt es, dass das Rechtsmedizinische Institut der Universität Rostock die „sofortige Einweisung“ des Saudis in eine psychiatrische Klinik empfiehlt. Die Polizei durchsuchte auch seine Wohnung und fand zahlreiche Medikamente.
Zum Zeitpunkt des Schreibens hatte al-Abdulmohsen noch seine Facharztausbildung absolviert. Diese schloss er 2014 ab. Nach damaligem Rechtsstand konnte er die Weiterbildung bereits beginnen, obwohl die Approbation zum Arzt noch ausstand. Die Approbation wurde erst 2015 nach der Anerkennung zum Facharzt ausgestellt. Die Gleichwertigkeit des saudischen Abschlusses in Medizin mit einem deutschen Abschluss sei bereits 2006 festgestellt worden, wie das Landesamt für Gesundheitswesen in Schleswig-Holstein Apollo News im Januar mitteilte. Der Medizinabschluss war Voraussetzung für die Facharztweiterbildung.
Das Schreiben der Rostocker Polizei richtete sich an den Fachdienst Gesundheit im Landkreis Vorpommern-Rügen, wie Welt am Samstag berichtet. Im April 2013 hatte Taleb al-Abdulmohsen der zuständigen Leiterin in der Ärztekammer mit einem Anschlag gedroht, weil diese zusätzliche Dokumente für seine Zulassung zur Facharztprüfung verlangte. Er drohte ihr in einem Telefonat, dass es einen Anschlag ähnlich wie in Boston geben werde. Bei dem Anschlag, der im gleichen Monat stattgefunden hatte, waren drei Menschen getötet und über 260 Menschen verletzt worden.
Das Amtsgericht Rostock hatte den Saudi wegen dieser Drohung zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt (Apollo News berichtete). Trotzdem durfte er die Facharztprüfung ablegen, weil die fachlichen Voraussetzungen erfüllt waren und „ausschließlich“ diese bewertet werden dürfen, wie die Ärztekammer in Mecklenburg-Vorpommern in einer Pressemitteilung schrieb. Die Kriminalpolizei Rostock fand, als sie die Wohnung Abdulmohsens in Stralsund durchsuchte, Cortison, Anabolika und das Schmerzmittel Tramadol, welches zu den Opioiden gehört.
Ein Mitarbeiter des Landesprüfungsamtes diagnostizierte bei dem Saudi eine Psychose. Er räumte gegenüber dem Mitarbeiter auch ein, Psychopharmaka genommen zu haben. Gegenüber Welt wollen sich die zuständigen Behörden nicht dazu äußern, warum Abdulmohsen trotz der Diagnose zur Facharztprüfung zugelassen wurde. „Die im Rahmen der Tätigkeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes gewonnenen Erkenntnisse unterliegen der Schweigepflicht“, sagt eine Sprecherin des Landkreises Rügen-Vorpommern. „Das betrifft auch Informationen zu medikamentöser Behandlung, psychiatrischer Diagnostik oder psychischen Einschätzungen.“
Das Innenministerium des Bundeslandes gibt an, über keine Daten mehr zu verfügen. Bei dem Anschlag, den Taleb al-Abdulmohsen am 20. Dezember 2024 auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt verübt hatte, waren sechs Menschen getötet worden. Über 300 wurden verletzt. Er war mit einem Auto in die Menge gerast. Aktuell sitzt er in einer Justizvollzugsanstalt in Berlin. Es wird damit gerechnet, dass die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg noch im August Anklage erhebt. In einem Brief an die Staatsanwaltschaft schrieb Taleb al-Abdulmohsen, dass er stolz auf den Anschlag sei und bereit sei, „weitere Deutsche mit meiner Hand zu schlachten“ (Apollo News berichtete).