Auch eine Zeitenwende: Der Abschied der CDU von der Volkspartei

vor etwa 4 Stunden

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Die CDU trifft sich. An diesem Montag versammeln sich Funktionäre zum Bundesausschuss. Das sperrige Wort meint einen Kleinen Parteitag. Klein sind solche Veranstaltungen auch deshalb, weil die Lust der Teilnehmer auf Streit klein ausgeprägt ist. Man wird den Koalitionsvertrag abnicken. Die CDU freut sich auf Kanzler Merz. Draußen aber gibt es nichts zu feiern. Die CDU kriselt, die Union taumelt, der Wind dreht sich. Das Ende einer Volkspartei naht.

Die aktuelle Folge „Kissler Kompakt“ sehen Sie hier:

Der letzte Bundesausschuss fand im Juni 2023 statt. Damals rangierte die Union in den Umfragen bei lediglich 27 Prozent. Heute sind es sogar zwei Punkte weniger. Die Union befindet sich in einer anhaltenden Vertrauenskrise. Der Abwärtstrend kennt Ausreißer nach oben und Phasen der Stabilisierung. Was er nicht kennt, ist eine Trendumkehr. Um es salopp zu formulieren: Die CDU kommt nicht aus dem Quark – und ihre Augen sind verklebt.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, eröffnete den Parteitag 2023 mit einem zirzensischen Kunststück. Er behauptete keck, was es nicht gibt: eine konservative Wende.

Kai Wegner ist Mitglied der CDU. Das merkt man der Berliner Landesregierung nicht an. Wegner könnte deshalb zum Muster für Merz werden. In Berlin sieht man, dass ein schwarz-rotes Bündnis gerne rote Politik macht – auch wenn man im Wahlkampf das Gegenteil versprach.

Gerade so organisiert die CDU ihren schleichenden Abschied von der Volkspartei. Unsichere Kantonisten und aalglatte Wendehälse zerstören Vertrauen. Der Souverän wendet sich ab. Irgendwann ist von der Volkspartei nur noch eine Partei übrig. Das Volk trollt sich.

Friedrich Merz wird heute seine CDU-Minister vorstellen. Die Namen sind bereits bekannt und deuten auf ein Sowohl-als-auch. Ein konservativer Hoffnungsträger wie Wolfram Weimer steht neben einer linksliberalen Merkelianerin wie Karin Prien. Vermutlich wird Merz versichern: Nun sei die Wende da. Gerne beruft sich Merz auf Helmut Kohl.

An großen Worten ging noch keine Volkspartei zugrunde. Wohl aber an zu kleinen Taten. Der rot eingefärbte Koalitionsvertrag ist kein Manifest einer Wende – erst recht nicht auf jenem Feld, das der Wahlkämpfer Merz als das entscheidende identifizierte: der Migrationspolitik.

Noch immer kommen zu viele Asylmigranten nach Deutschland. Die Kommunen stehen vor dem Kollaps. Deshalb versprach Merz Zurückweisungen an den Binnengrenzen.

Mir fehlt die Phantasie, wie diese Schubumkehr mit einer linken SPD zu bewerkstelligen sein soll – einer SPD, die nach ihrem historischen Debakel mit genau so vielen Ministerposten belohnt wurde wie die CDU. Die SPD ist ein perfekter lucky loser.

Der Blick auf das lange Siechtum der Union zeigt: Eine politische Zeitenwende findet statt. Allerdings anders, als Merz es meinte, als er der Ukraine einen Sieg über Russland in Aussicht stellte.

Die politische Zeitenwende hat begonnen. Wann und auf welchen Wegen sie sich vollenden wird, steht in den Sternen. Klar ist: Ein schwarz-rotes Bündnis, das schon am Tag seines Antritts die demoskopische Mehrheit verspielt hat, ist kein Zukunftsmodell.

Ein Kanzler, der heute abräumt, was er gestern versprach, sorgt für ein letztes Wetterleuchten, nicht für einen Sonnenaufgang. Und eine Union, die ihren stärksten Konkurrenten plump beschimpft – so tat es nun Markus Söder mit der AfD –, eine solche Union hat nicht begriffen, warum ihr die Wähler von der Fahne gehen: Weil CDU und CSU linken Parteien eine Laufzeitverlängerung spendieren.

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