
Kaum im Amt, offenbart der neue Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) immer deutlicher, dass mit ihm keine politische Wende im Auswärtigen Amt zu erwarten ist. Statt die Fehlentwicklungen seiner Vorgängerin Annalena Baerbock zu korrigieren, setzt er deren ideologisch getriebene Linie fort.
Sein jüngster Vorstoß: Deutschland soll weiterhin Menschen aus Afghanistan aufnehmen – auch unter der neuen Bundesregierung. Wadephul bekräftigt, man halte an „rechtlich verbindlichen Aufnahmezusagen“ fest. 2.500 Personen warteten in Islamabad auf ihre Ausreise nach Deutschland, darunter angebliche Ortskräfte und deren Familien.
Dass sich dieses sogenannte Aufnahmeprogramm bereits in der Vergangenheit als Einfallstor für eine unkontrollierte Migration erwiesen hat, scheint Wadephul ebenso wenig zu stören wie der Wille seiner eigenen Koalition, diese Programme eigentlich zu beenden.
Wadephuls Amtsantritt wollte so gerne als Korrektur verstanden werden, als Versprechen auf Kurswechsel nach den Fehltritten Baerbocks. Doch bislang ist davon nicht das allergeringste zu sehen. Stattdessen liefert er eine Fortsetzung der Symbolpolitik. Bei seinem Besuch in Washington kam er bei US-Außenminister Marco Rubio gerade einmal auf 15 Minuten Vier-Augen-Gespräch und 30 Minuten mit Delegation. Dass sich der US-Außenminister so wenig Zeit nimmt, sagt viel über das internationale Gewicht, das Wadephul und Deutschland unter der neuen Regierung zugebilligt wird. Sein anschließendes Plädoyer für „Zurückhaltung“ bei Kritik an den USA wirkt wie eine Nachklapp zur Washingtoner Standpauke.
Noch schwerer wiegt jedoch Wadephuls Rolle im Nahost-Konflikt. Im Zuge einer Reise in die USA äußerte er zunächst, Israel müsse sich verteidigen dürfen. Nur wenige Stunden später schlug er im Flugzeug zurück nach Deutschland einen ganz anderen Ton an. Plötzlich erklärt Wadephul, die Bundesregierung wolle ihre Waffenlieferungen an Israel überprüfen. Man wolle prüfen, ob die israelische Kriegsführung im Gazastreifen mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar sei. Diese Formulierung bedeutet nichts anderes als eine implizite Drohung – eine Kehrtwende in der deutschen Staatsräson.
Der Widerspruch innerhalb der Union ist deutlich. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann stellte klar, dass Sanktionen gegen Israel das Ende der Staatsräson bedeuten würden und für die CSU nicht infrage kämen. Zahlreiche Abgeordnete kritisierten seine israelfeindlichen Äußerungen – Deutschland habe sich endlich aus der „Zwangssolidarität“ zu Israel befreit. Das klingt wie die Aufgabe der Position die seit Konrad Adenauer und der diplomatischen Anerkennung Israels durch Ludwig Erhard ein besonderes Verhältnis zu Israel formulierte. Auch aus der Bundesregierung selbst kamen Warnungen, etwa von Innenminister Dobrindt und Verteidigungsminister Pistorius. Wadephul jedoch bleibt offenbar auf seinem Kurs. Seine politische Linie wirkt nicht eigenständig, sondern wie eine Mischung aus Merz‘ Kanzleragenda, Baerbocks Erbe und dem internationalen Druck aus Washington, wenn er gerade in Washington aufschlägt.
Dabei wäre gerade jetzt klare Kante gefragt. Die Umbenennung des Bismarck-Saals im Auswärtigen Amt durch Baerbock in „Saal der Deutschen Einheit“ – ein symbolischer Kotau vor einer ideologisierten Vergangenheitsumdeutung – bleibt unter Wadephul unangetastet. Statt sich von seiner Vorgängerin abzugrenzen, verwaltet er deren Duftmarken weiter. Ebenso beim Thema Geldflüsse ins Palästinensische Autonomiegebiet oder der undurchsichtigen Schleusung Tausender Afghanen unter dem Deckmantel der „Ortskräfte“. Die notwendige Aufarbeitung bleibt aus.
Wadephuls Verhalten reiht sich ein in das, was man in Deutschland zunehmend als das Prinzip der Kontinuität im Versagen bezeichnen muss. Wo ein Kurswechsel erwartet wurde, liefert er das Gegenteil: neue Anläufe zur unkontrollierten Migration, neuer Krach mit Israels Regierung, und eine Außenpolitik, die weder Prinzipien noch Rückgrat erkennen lässt.
Das Fazit ist ernüchternd: Wadephul erweist sich schon in den ersten Wochen als Fehlbesetzung. Statt das diplomatische Profil Deutschlands zu schärfen, verwaltet er die ideologischen Trümmer seiner Vorgängerin weiter. Die Hoffnung, die Außenpolitik könne unter der neuen Regierung an Substanz und Seriosität gewinnen, war offenbar verfrüht. Deutschland bleibt außenpolitisch ein Leichtgewicht mit schwerem Gepäck. Und das unter einem Minister, der weder führt noch korrigiert.