
Die Koalitionsgespräche zwischen Union und SPD gehen jetzt in eine heikle Phase – für Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU). Das liegt nicht nur am Ausbleiben erkennbarer Erfolge für die Union, sondern auch an der Nicht-Kommunikation der Unionsspitze.
Friedrich Merz hat viele CDU-Mitglieder an der Basis mit den gebrochenen Wahlversprechen gegen sich aufgebracht.
In den Chat-Gruppen der CDU-Basis wendet sich der Zorn der Mitglieder mehr und mehr gegen CDU-Chef Merz selbst, wie Screenshots zeigen, die NIUS vorliegen.
„Sie können es nicht. Merz hat sich als durch und durch ungeeignet für so ein Spitzenamt erwiesen ...“, schreibt ein Mitglied aus dem Bundesvorstand der Mittelstandsvereinigung. Ein anderer Chat-Teilnehmer stimmt ausdrücklich zu: „Wie ein Partner, der dich noch in der Hochzeitsnacht betrügt“. Oliver Häusler von der Jungen Union Filder (Baden-Württemberg) fordert einen Mitgliederentscheid als Gegengewicht zum Basisvotum der SPD und sammelt dafür bereits Unterschriften.
Der NDR zitiert einen CDU-Ortsvorsitzenden aus Schleswig-Holstein mit dem Satz: „Von dem, womit wir angetreten sind, ist nicht mehr viel übrig“, der darauf verweist, dass Friedrich Merz noch kurz vor der Wahl auf dem Marktplatz von Flensburg erklärt hatte: „Du kannst nicht mehr ausgeben, als du hast.“
Nachdem dieser Tage auch der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), erhöhte Austrittszahlen bestätigt hatte, wenden sich nun auch Mitglieder aus Köln in einem Brandbrief, der NIUS vorliegt, direkt an Merz und seine Mitstreiter. Darin heißt es unter anderem:
„Sehr geehrter Herr Merz, sehr geehrte Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, als aktive Mitglieder der CDU und der Jungen Union Köln wenden wir uns mit großer Beunruhigung und wachsendem Unmut an Sie. Was wir derzeit aus Berlin vernehmen, ist ein politisches Desaster und eine große Enttäuschung für die vielen engagierten Mitglieder der Basis.“
Thorsten Frei nimmt für die CDU an den Koalitionsverhandlungen mit der SPD teil.
Dann bricht sich der ganze Frust über die Koalitionsgespräche in Berlin Bahn: „Wir waren es, die bei Schnee und Minusgraden im Winterwahlkampf an den Ständen standen, Plakate geklebt, Haustürwahlkampf gemacht und Menschen überzeugt haben. Wir haben in einer linksdominierten Stadt wie Köln für konservative Werte gekämpft – für Ordnung, wirtschaftliche Vernunft, Migrationskontrolle und Sicherheit. Und vor allem: Wir haben Sie, Friedrich Merz, verteidigt, weil wir daran geglaubt haben, dass Sie für Klarheit stehen – nicht für opportunistische Deals. Wo bleibt die Handschrift unserer Union in den Verhandlungen? Wo ist der versprochene Kurswechsel in der Migrationspolitik? Wo ist die Wirtschaftswende, die wir angekündigt haben?“
Der Brief steht exemplarisch für die Stimmung innerhalb der Union und ist in seiner brutalen Direktheit eine völlig neue Tonlage in der Union: „Stattdessen erleben wir inhaltsleere Formeln, einen Konsens, der keiner ist, sowie eine Führung, die sich mehr dem möglichen Koalitionspartner anbiedert, als den eigenen Überzeugungen zu folgen. Wir haben den Menschen im Wahlkampf klare Botschaften vermittelt. Wenn davon nichts umgesetzt wird, stehen wir vor Ort als Lügner da. Das wird uns spätestens bei der Kommunalwahl 2025 schmerzhaft auf die Füße fallen. Wer soll uns denn noch ernst nehmen, wenn die CDU für alles und nichts steht?“
Dann gehen die Autoren Merz direkt an: „Herr Merz, wir haben an Ihre politische Führungsstärke geglaubt. Wir haben Ihnen vertraut. Und wir haben für Sie gestritten. Aber wir stellen jetzt die Frage: Wofür eigentlich? Für eine CDU, die sich dem linken Mainstream unterwirft? Für eine CDU, die ihre Basis ignoriert und sich in Koalitionen rettet, um zu jedem Preis an die Macht zu kommen? Wenn dieser Kurs nicht sofort korrigiert wird, gefährden Sie nicht nur das Profil der CDU – Sie zerstören das Vertrauen der Menschen und das Engagement der Mitglieder.“
Die Forderungen der Kölner Parteifreunde: Klare Migrationswende, Politikwechsel, Wirtschaftswende und keine Proporz- und Quotenminister. „Wenn Sie diese Partei wirklich führen wollen, dann führen Sie sie bitte auch – und zwar mit Haltung, Profil und Rückgrat. Wir wollen keinen schwachen Bundeskanzler, sondern einen starken Friedrich Merz! Die Basis der Partei (nicht die Gremien) hat Sie mit großer Mehrheit zu unserem Vorsitzenden gemacht! Hören Sie auf Ihre Basis – bevor sie Ihnen davonläuft.“
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