
Nach der Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ haben bereits Politiker von Grünen und SPD ein Verbotsverfahren gegen die Partei gefordert. Jetzt meldet sich auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban in einem Gastbeitrag für die Welt zu Wort und titelt: „Eine so umfragestarke Partei kann man nicht verbieten? Doch!“
In dem am Sonntag erschienenen Beitrag fordert der seit 2021 im Bundestag sitzende CDU-Politiker ein AfD-Verbotsverfahren, sollte sich die Einstufung des Bundesamtes für Verfassungsschutz auch in Gutachten der Bundesregierung bestätigen. Denn dann dürfe „die Antwort nicht vertagt werden“. Ein Verbotsverfahren müsse außerdem „nicht aus Machtkalkül, sondern aus Pflichtbewusstsein diesem Verfassungsauftrag gegenüber“ angestrebt werden. „Wehrhafte Demokratie heißt: rechtzeitig handeln – nicht zu spät.“
Für ein Verbot muss eine Partei laut Grundgesetz kämpferisch auftreten, muss vom Reden zum Handeln kommen – auch Kuban weiß um die hohen Hürden für ein Verbotsverfahren. Er hält die AfD dahingehend für einen anderen Fall „als frühere Verbotskandidaten. Sie ist keine Splitterpartei am Rand, sondern eine Kraft mit bundesweiter Verankerung“. Im Gegensatz zu einer Kleinpartei sei die „Wirkungsmacht“ der AfD real – „und genau deshalb hat ein Verbotsverfahren heute erst Aussicht auf Erfolg.“
Ein solches Verfahren sei „kein Ausdruck von Hilflosigkeit – sondern ein wichtiges Instrument des Grundgesetzes“, hält Kuban weiter fest. Letztlich entscheide darüber zwar das Bundesverfassungsgericht, „aber es liegt in der Verantwortung von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung, einen Antrag zu stellen, wenn entsprechende Beweise vorliegen.“
Und momentan würden sich die „Hinweise auf die Verfassungswidrigkeit der AfD“ verdichten, argumentiert der CDU-Politiker dahingehend. Sollte das Gutachten des Verfassungsschutzes bestehen bleiben, dürfe also „niemand auf Zeit spielen. Dann ist es der verfassungsgemäße Auftrag aller Demokraten, diese Verfassungsfeinde zu verbieten“.
Dennoch müsste es auch zu einer „politischen Auseinandersetzung“ mit der Partei kommen und Probleme gelöst werden, die derzeit für starke Umfragewerte der AfD sorgen. Vielerorts sei die Partei so in die „Arbeiterschaft und die konservative Wählerschaft vorgedrungen“. Aber diese Wähler seien „keine Verfassungsfeinde, sie wollen Problemlösungen und sind dabei den Verfassungsfeinden auf den Leim gegangen“, meint Kuban.
Auch er nennt ein mögliches Verbotsverfahren – das nicht zur politischen Show werden dürfe – eine „Gratwanderung“ und weiß, dass „hier schnell ein gesellschaftlicher Schaden entstehen kann, der, einmal entstanden, nur schwer zu beheben sein wird. Doch ein solches Verfahren ist Ausfluss der Entwicklung von der Professoren-Partei zur Höcke-Partei“.
Kuban spricht sich dann sogar im Namen seiner Partei für ein Verbotsverfahren aus, „sollten wir uns nach der sorgfältigen Abwägung dafür entscheiden.“ Er erklärt: „Wir dürfen der AfD nicht in die Hände spielen, indem wir ein Verfahren halbherzig anstoßen und ihr damit die Gelegenheit geben, sich weiter in ihre beliebte Opferrolle zu flüchten.“ Er resümiert: „Ich bin – auch und gerade als Konservativer – bereit, diesen Weg mitzugehen, wenn er gut vorbereitet ist, rechtlich solide begründet wird und von einer breiten Allianz der Demokraten getragen wird“.
Kuban leitet seinen Text mit den Worten „Es gibt Momente in der Geschichte, in denen Demokraten Farbe bekennen müssen. Wir erleben einen solchen Moment“ ein. Im letzten Absatz heißt es dann: „Wer den Feinden unserer Freiheit immer nur beim Marsch durch die Institutionen zuschaut, wird sich irgendwann fragen lassen müssen, warum er den Schlüssel zum Schutz der Demokratie in der Tasche gelassen hat.“