
In Baden-Württemberg finden am 8. März 2026 Landtagswahlen statt. Die Chancen für die CDU standen gut, die Grünen als stärkste Partei abzulösen und den Nachfolger des bisherigen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zu stellen. Doch gerade aus Baden-Württemberg erreichen uns viele Austrittsschreiben von CDU-Mitgliedern, die wir teilweise veröffentlichen. Auch aus Sachsen erfahren wir, dass beispielsweise in Bautzen und Dresden Mitglieder kündigen. Tichys Einblick wird weitere Austrittsschreiben dokumentieren.
So schreibt der Physikprofessor Michael Thorwart, der auch dadurch bekannt wurde, dass er gegen die aggressiven, landschaftszerstörenden Windrad-Ausbauvorhaben eintritt, an die CDU Kreisgeschäftsstelle Balingen:
Sehr geehrte Damen und Herren,
vor etwas mehr als drei Jahren im Juni 2022 bin ich hoffnungsfroh in die CDU eingetreten, nachdem ich mich schon seit vielen Jahren mit ihren Grundwerten stark identifiziert hatte. Den Ausschlag zum Parteieintritt hat letztlich der neue Bundesvorsitzende Friedrich Merz gegeben. Von ihm hatte ich mir neue Grundlinien der Politik erhofft, die die katastrophalen Entwicklungen in unserem Land in den vielen Jahren davor hätten ändern können. Große Erwartungen gab es noch zur Bundestagswahl 2025. Mit dem Beschluss des Koalitionsvertrags trat dann aber die Erkenntnis ein, dass nichts von den Erwartungen und Hoffnungen umgesetzt werden wird.
Probleme in unserem Land gibt es viele, sehr viele. Eine detaillierte Darstellung würde mehrere Briefseiten füllen. Große Problembereiche sind die Frage einer effizienten, nachhaltigen und klimaneutralen Energieversorgung, die Konzentration des Sozialstaates auf die wirklich Bedürftigen, die rationale Steuerung von Migration, die Fokussierung auf Wirtschaftskompetenz, Kontrolle der Staatsverschuldung, eine nachhaltige Bildung, auch die verlässliche innere Sicherheit ohne Überwachung und Bevormundung, und eine Medienpolitik mit sachkompetentem und ausgeglichenem Journalismus. Seit Gründung der Bundesrepublik und der Realisierung einer freiheitlich-demokratischen Bürgergesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat die CDU enorme Leistungen erbracht.
Allerdings ist seit Anfang der 2010er Jahre eine unsägliche Entwicklung der CDU hin zu einer Partei zu konstatieren, die der rot-grün-linken Ideologie nichts entgegenzusetzen vermag, ja die sie sogar tatkräftig befördert hat. Statt dass nun dieser Entwicklung nach der Wahl eine neue politische Richtung entgegengesetzt wurde, fährt das Schiff leider weiter mit Volldampf in die falsche Richtung, entweder bewusst oder aus Ignoranz der Besatzung und der Mannschaft.
Statt einer vollkommen unfinanzierbaren und sachlich-objektiv undurchführbaren Energiewende auf der Basis von flatterhafter und überteuerter Wind- und Solarenergie hätte sich die Partei einer klaren rationalen Energieversorgung auf der Basis der Kernenergie zuwenden müssen. Statt einer gigantischen Neuverschuldung zuzustimmen, hätte die Partei enorme Einsparpotentiale in den öffentlichen Haushalten heben können (50 Mrd. Euro bei der Energiewende pro Jahr und 50 Mrd. Euro beim Bürgergeld pro Jahr). Statt Symbolpolitik mit Grenzkontrollen und symbolhaften Abschiebeflügen hätte die Partei eine wohlgeordnete Rückführung von Ausreisepflichtigen und eine rationale Migrationspolitik mit europäischen Partnern koordinieren können. Statt über Ausweitung von Lebensarbeitszeiten hart arbeitender Bürger zu diskutieren, hätte die Partei die Aktivierung von Reserven aus dem Bereich von Zuwendungsempfängern managen sollen. Statt einer „schwarzen Null“ durch Rückfahren von Investitionen in die Infrastruktur durchzupeitschen, hätte sich die Partei besser einer grundlegenden Reform des Sozialstaats verschreiben können. Statt aktivistischen und populistischen Ideologen in den öffentlich-rechtlichen Medien das Wort zu reden, hätte die Partei die Grundlagen und Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige Versorgung mit objektiven Nachrichten organisieren können.
All das ist nicht im Ansatz erkennbar, weder durch explizit formulierte Vorhaben in einem Koalitionsvertrag noch durch das Handeln politisch Verantwortlicher oder von Mandatsträgern, weder konkret noch perspektivisch. Das Gegenteil ist der Fall. Diese Entwicklung kann ich als Parteimitglied nicht weiter mittragen.
In meiner (kurzen) Zeit in der CDU habe ich viele Parteimitglieder an der Basis kennenlernen dürfen, bei denen Fachkompetenz und Sachverstand gepaart sind mit einem klaren Bekenntnis zu unserem bürgerlich-freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaat. Leider musste ich aber auch feststellen, dass dieser Sachverstand – bewusst oder unbewusst – von Entscheidern in der Partei nicht genutzt wird und häufig brachliegen gelassen wird.
Mit großer Sorge beobachte ich aber, dass unsere freiheitliche Bürgergesellschaft durch die grünlinke totalitäre Ideologie, die in meinen Augen in der CDU nicht vollständig verstanden und durchschaut worden ist, massiv bedroht ist. Ich kann nur hoffen, dass unser bürgerliches Selbstbewusstsein dafür sorgen wird, dass unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung bewahrt werden kann. Sie wird nicht durch rechts bedroht, sondern durch rot-grün-linken Totalitarismus, der Klima, Migration und Gleichstellung nur als Mittel zum Zweck der Machtpolitik nutzt. Das zu begreifen wird die große Aufgabe der CDU in den kommenden Monaten und Jahren bleiben.
Ich bitte, mir die Beendigung meiner Mitgliedschaft und den Zeitpunkt in einem kurzen Schreiben zu bestätigen.
Alexander Siedler war mehrere Jahrzehnte in der CDU. Siedler stellt mit seinem Lebensmittelbetrieb die Notfallversorgung in seiner Region mit Tausenden von Essensrationen sicher. Er beliefert auch die Bundeswehr und hätte Grund genug, das Spiel der CDU mitzuspielen. Er ist aber trotzdem ausgetreten. Er war an vorderster Front eingebunden und viele Jahre in der Kommunalpolitik aktiv. Sein Vater war ein CDU-Urgestein in der Region, sein Großvater wegen Ungehorsam mit der SS in Konflikt in den 1930er Jahren, und gilt als stolzer Demokrat.
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach fast 40 Jahren treuer und aktiver Mitgliedschaft sehe ich mich leider gezwungen, aus der Partei auszutreten. In den letzten Jahren hat sich die Ausrichtung der Partei zunehmend in eine Richtung entwickelt, die immer stärker von grüner Politik geprägt ist. Dabei habe ich bedauerlicherweise festgestellt, dass die Meinungen und Anliegen der eigenen Mitglieder immer mehr vernachlässigt werden.
Die heutige RVNA-Sitzung in Balingen mit manchen scheinheiligen Aussagen von CDU-Mitgliedern zur Energiepolitik, haben das Fass vollends zum Überlaufen gebracht. Diese rot-grüne Politik und diese „Energiewende“ killen doch gerade auch Arbeitsplätze in deren Gemeinden.
Die CDU führt im Bund die rot-grüne Politik, ohne Not, genau so fort. Diese Politik ist wohlstands- und wirtschaftsfeindlich. Unsere Landespolitiker schimpfen über die Grünen im Bund, arbeiten aber unterwürfig mit den Grünen im Land zusammen.
So kann man die CDU und deren Politik vor Ort, in der Gemeinde oder bei Freunden und Bekannten nicht mehr verteidigen und vor allem nicht mehr dazu stehen. Die CDU wehrt sich nicht einmal und hat Ihre Kernkompetenz, Wirtschaft und Sicherheit, total verloren. Dieses Verhalten entspricht nicht meinen Werten und Erwartungen.
Hinzu kommt, dass die vor den Wahlen gegebenen Versprechen nach der Wahl sofort kassiert wurden, was nicht nur bei mir den Eindruck von Lügen und Täuschung hinterlassen hat. Wer soll der CDU in Zukunft noch etwas glauben?
Ich möchte mich für die gemeinsame Zeit bedanken und wünsche der Partei alles Gute. Für die anstehende Landtagswahl muss gerade ein Wunder geschehen oder die CDU muss endlich über ihren Schatten oder besser gesagt über die Mauer springen. Denn eine neue schwarz-grüne Regierung ist kein Wechsel, sondern ein weiter so mit „altem Wein in neuen Schläuchen“ und das merken die Wähler auch. Für mich ist dieser Schritt notwendig geworden, um meinen Überzeugungen treu zu bleiben.
Tichys Einblick wird an dieser Stelle weitere Austrittsbriefe dokumentieren.