
Wie das Schicksal so spielt. Ein Pfälzer wandert 1885 nach Nordamerika aus. Illegal, ohne sich beim bayerischen Staatsverband abzumelden und ohne die benötigte Kaution zur Sicherstellung der späteren Wehrdienstpflicht zu hinterlegen. Er folgt seinen beiden Schwestern, die bereits ausgewandert waren.
Zunächst führt sein Weg ihn nach New York, wo er als Barbier arbeitet. Dann nach Seattle, wo er ein Dairy Restaurant kauft, und später in das 50 Meilen nördlicher gelegene Monte Christo, wo er ein Hotel und Bordell eröffnet. Noch in Seattle bekommt er die amerikanische Staatsangehörigkeit und ändert seinen Vornamen von Friedrich in Frederick. Am 31. März 1896 beantragte er einen Reisepass für eine Europa Reise. Er gibt an, innerhalb eines Jahres wieder in die USA zurückzukehren. In seinem Antrag findet sich folgende Personenbeschreibung: 5 feet, forehead: high, eyes: hazel, nose: straight, mouth: large, chin: prominent, hair: dark, complexion: dark, face: thin. Bei dem Mann handelt es sich um Frederick (Friedrich) Trump (1869-1918) den Großvater des späteren Präsidenten der USA.
Nachdem Trump im Frühjahr 1896 in seiner pfälzischen Heimat noch die Hochzeit seiner Schwester Elisabeth mit dem Metzger Karl Freund feierte, engagiert er sich im Herbst, zurück in Monte Christo, im Präsidentschaftswahlkampf von 1896 für den Kandidaten der Demokratischen Partei, William Jennings Bryan, der zwar den Staat Washington gewann, insgesamt aber seinem Gegenkandidaten unterlag. Frederick Trump selbst tritt am 3. November 1896 in Monte Christo als Kandidat für das Amt des Friedensrichters an. Er erhält 32 von 37 Stimmen. Mit 27 Jahren ist er somit nicht nur ein Amerikaner, sondern ein Stadtvater.
Die Zeit des Klondike Goldrauschs am Yukon River lockt ihn, er wird dort mit Gaststätten, Hotels und auch einem Bordell – ähnlich wie zuvor schon in Seattle -wohlhabend. 1901 lernt er, bei einem erneuten Besuch der alten Heimat, seine zukünftige Frau Elisabeth Christ kennen, die er bei seinem nächsten Deutschlandbesuch 1902 heiratet. Das junge Paar zieht nach New York, 1904 wird dort die Tochter Elisabeth geboren. Es gibt nur ein Problem: Das Heimweh seiner deutschen Ehefrau. Da er bei der Trauung seinem Schwiegervater zugesichert hat, dass er sie zurück bringen würde, wenn es ihr in den Staaten nicht gefiele, will er ihr den Wunsch erfüllen. 1904 reist er mit Frau und Tochter sowie seinem gesamten Vermögen zurück nach Kallstadt. Nur – die alte Heimat will ihn nicht wieder haben. Trumps Gesuch um Wiederaufnahme in den bayerischen Staatsverband wird abgelehnt.
„Er habe mit seiner illegalen Ausreise sämtliche Rechte verloren“, heißt es. Fast ein Jahr kämpft er vor allen möglichen Instanzen für ein Bleiberecht. Sogar den Prinzregenten Luitpold schrieb er als letzte Hoffnung am 6. Juni 1905 an. Vergebens. Die Familie muss am 1. Juli 1905 zurück nach New York, wo er zunächst als Barbier arbeitet und vier Monate später sein Sohn Fred das Licht der Welt erblickt. Der Vater des heutigen Präsidenten Donald Trump.
Der bekannte pfälzische Historiker und Auswanderungsforscher Roland Paul hat diese Geschichte in den Beständen des Landesarchivs Speyer gefunden. Im Detail nachzulesen ist sie im Heft 1 der „Pfälzer Heimat“ des Jahres 2016 (S. 15-21). Auf der Webseite www.dasfenster.de können Sie die umfangreichen Originalunterlagen einsehen und auch die komplette Recherche des Historikers finden.
Susanne Heger: Herr Paul, wie sind Sie auf die Trump Akte gestoßen? War das Zufall?
Roland Paul: Ich befasse mich bereits mein ganzes Arbeitsleben mit Migrationsgeschichten, vorwiegend mit Pfälzer Auswanderern. Wenn ich also im Landesarchiv in Speyer war, habe ich immer nach Akten gesucht, die Auswanderer aus der Pfalz betreffen. Auf die Trump Akte bin ich schon vor 20 Jahren gestoßen. 2015 habe ich dann den Artikel für die „Pfälzer Heimat“ geschrieben, der Anfang 2016 veröffentlicht wurde.
Haben Sie beim Fund der Akte sofort gewusst, dass es sich hier um den Großvater von Trump handelt?
Eigentlich schon. Ich wusste ja, dass seine Vorfahren aus Kallstadt kamen. Und ein Verwandter von Trump, Christian Freund, ein Nachfahre der Schwester von Frederick Trump, hat mir die Geschichte bestätigt.
Hat Sie die Geschichte in der Akte verwundert? Oder ist das für Sie als Historiker Alltag?
Mich hat verwundert, mit welcher Hartnäckigkeit Trump darum gekämpft hat, in Deutschland bleiben zu dürfen. Das habe ich in dieser Form noch nicht gesehen. Ich habe irgendwann regelrecht Mitleid mit ihm und vor allem seiner Frau bekommen. Er hat mit Beharrlichkeit ein Jahr gekämpft. Es gab oft Fälle, dass Einwanderer zurück wollten, manche konnten auch bleiben. Aber das Gesetz wurde noch vor Trumps Rückkehrversuch verändert und anschließend wurde hart durch gegriffen. Es waren ja nicht alle Rückkehrer finanziell so erfolgreich wie er. Viele waren in den USA gescheitert und kamen mit nichts zurück.
Hat man Sie in Amerika eingeladen, Ihre Entdeckung zu präsentieren?
Ich habe über 50 Vorträge in Amerika gehalten, alle allgemein zu Auswanderern. Zum Beispiel über den Eisenbahnkönig Henry Villard, alias Heinrich Hilgard. Er gründete die Northern Pacific Railroad und wurde ein großer Mäzen der Pfalz. Oder über die politischen Flüchtlinge der letzten Jahrhunderte. Auch zu jüdischen Emigranten, denen die USA die Aufnahme sehr schwer gemacht hat, habe ich Vorträge gehalten. Zu der Akte Trump habe ich nie eine Einladung zu einem Vortrag erhalten.
Hat sich das Büro von Donald Trump einmal bei Ihnen gemeldet?
Nein, offensichtlich interessiert sich dort niemand dafür.
Haben Sie noch weitere Unterlagen zu Trump gefunden?
Zwei Schwestern sind ebenfalls ausgewandert, sie sind auch in den USA gestorben. Eine hat einen Herrn Schuster, ebenfalls aus Kallstadt geheiratet. Viele Deutsche wollten damals gar keine Amerikaner heiraten. Ich habe Briefe gefunden in denen Auswanderer die Eltern fragten, ob sie nicht ein nettes Mädchen wüssten, dass nach Amerika kommen wolle. Sie würden dieses Mädchen dann heiraten.
Woran arbeiten Sie momentan?
Zur Zeit arbeite ich an unserer eigener Familiengeschichte, da ich seit 3 Jahren im Ruhestand bin.
Dieser Beitrag ist vor einigen Jahren zuerst in ‚Das Fenster‘ erschienen.