Das Verbrennerverbot muss weg

vor etwa 3 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Zum Wesen einer freien Marktwirtschaft gehört, dass die Märkte, sprich Nachfrage und Angebot, über Erfolg und Misserfolg von Gütern und Dienstleistungen (und Autoherstellern) frei entscheiden. Konsumenten wie Investoren unterliegen keinen staatlichen Zwängen. Muss der Staat in dieses „Spiel der Märkte“ aus übergeordneten Gründen, zum Beispiel Sicherheit, Umweltschutz etc., eingreifen, muss er das systemkonform indirekt über den Preis oder über die „Leitplanken der Ordnungspolitik“ vornehmen. Eine systemwidrige direkte Lenkung durch Verbote bei Nachfrage oder Angebot gibt es nur in totalitären Systemen, zum Beispiel in Nordkorea.

Nur in Nordkorea? Irrtum, auch im demokratischen Westen, in der EU in Brüssel. Dort haben EU- Kommission und Gesetzgebungsgremien im März 2023 CO2-Emmissionsgrenzwerte für Automobile mit Verbrennungsmotoren mit fossilen Brennstoffen Benzin und Diesel erlassen, die ab 2035 faktisch einem Verbrennerverbot gleichkommen. Die dann geltenden CO2-Grenzwerte der Verbrennerautos sind mit terrestrischer Technik nicht einzuhalten. Neue fossile Verbrennerautos sind dann verboten, erlaubt sind nur noch Elektroautos, weil die keine CO2-Emmissionen aufweisen. Ob der Strom zum Betrieb der E-Autos aus schmutzigen Kohlekraftwerken kommt, stand für die EU nicht zur Debatte. Der Altbestand an Verbrennern ist vom Verbot ausgenommen.

Das Schicksal der traditionsreichen europäischen, vor allem deutschen Autoindustrie, wo die Verbrennermobilität vor 120 Jahren ihren Ausgang nahm, wurde damit mit einem Behördenstrich besiegelt.

Die Europäische Union ist damit der einzige Wirtschaftsraum mit großer, tief verflochtener Automobilindustrie, die ein solches Verbrennerverbot erlassen hat! Kein anderes Land in der Welt mit eigener Autoindustrie kennt ein explizites Verbrennerverbot! Als Erklärung für diese epochale und schicksalsträchtige Entscheidung der EU wird vorgebracht, dass die EU um jeden Preis dem „grünen mainstream“ folgen und quasi auch im Alleingang das Weltklima retten will.

Dies zu glauben grenzt an Arroganz! Europa bzw. dessen Automobilindustrie können weder das Weltklima nachhaltig beeinflussen, geschweige denn im Alleingang retten. Die größten CO2-Emittenten der Welt sind China (31 vH), die USA (13 vH), Indien mit 7 vH und Europa auf Platz vier (6 vH). Der Anteil Deutschlands liegt bei ca. 1,4 Prozent.

Welchen Anteil die Automobilindustrie an den jeweiligen nationalen Treibhausgas-Emissionen hat, ist in China offiziell unbekannt, in den USA liegt der Anteil bei knapp einem Drittel (28 vH), in Europa bei 22 vH, in Deutschland bei 20 vH. Auf den PKW-/LKW-Verkehr entfallen davon 60 Prozent, das heißt 13,2 vH der gesamten deutschen CO2-Emissionen. Bezogen auf den deutschen Weltmarktanteil an den globalen CO2-Emissionen entspricht das einem Anteil der deutschen Verbrennerflotte von weniger als 0,24 Prozent. Der Anteil der Autoindustrie an der deutschen Wertschöpfung liegt bei rund 10 vH.

Wohlgemerkt, diese Angaben beziehen sich auf den für die Messung der CO2-Emissionen allein relevanten Gesamtbestand, das heißt die Summe aller Automobile auf Europas Straßen, nicht allein auf die jährlichen Neuzulassungen (EU ca. 13 Millionen p.a., Deutschland rund 3 Millionen). Und nur die Neuzulassungen wären ja ausschließlich vom Verbrennerverbot betroffen, könnten also theoretisch (mit Öko-Strom) das Weltklima verbessern.

Die CO2-Einsparungen durch das Verbot von Verbrenner-Neuzulassungen sind global für ökonomische Laien kaum messbar!

Der Schaden dagegen für die Industrie und die Volkswirtschaft dagegen schon. Der wäre riesig. Selbst wenn die EU-Transformation beim Absatz und in den Fabriken weg vom Verbrenner und 1:1 Ersatz durch Elektroautos gelingen würde, gingen in der Autoindustrie ca. 40 Prozent der Wertschöpfung, sprich Arbeitsplätze verloren. In Europa wären das ca. 5 bis 7 Millionen, in Deutschland etwa 300.000 bis 400.000.

Aber selbst im Idealfall kommt es in Deutschland nicht zu den minimalen CO2-Einspareffekten durch das Verbrennerverbot, weil es sich dabei – Stand der prognostizierten Produktion von „grünem“ Strom bis weit in die 2040er – lediglich um ein groß angelegtes Programm zur Verlagerung der klimaschädlichen CO2-Emissionen vom Auspuff zum Schornstein, sprich vom Verbrennerauto zum Kohlekraftwerk als Stromlieferant für das E-Auto. Global wäre fürs Klima nichts gewonnen.

Hinzu kommt eine Verlagerung der heutigen Verbrennner-Produktion aus Deutschland und der Verbotszone Europa nach China, die USA oder sonst wo hin, wo eben weiterhin Technologieoffenheit für den souveränen Konsumenten besteht. Hauptzielort wird der Giga-Markt China sein, wo aber entgegen aller medialen Vorurteile immer noch rund 80 Prozent der neuzugelassenen Pkw mit Verbrennungsmotoren Solo oder als Hybride unterwegs sind. Chinas Autoindustrie ist selber sogar mit „china speed“ dabei, eine eigene wettbewerbsfähige Verbrennerauto-Industrie zu entwickeln und zu etablieren. Auch für den Export nach Europa.

Nur als Ergänzung: Auch mit EU-Verbrennerverbot werden mindestens rund 40 Prozent des Weltautomobilbabsatzes in den nächsten Jahrzehnten aus strukturellen Gründen mit Verbrennerautos abgewickelt werden müssen, einfach wegen fehlender Infrastruktur. Salopp formuliert: In Tundra und Taiga, in Urwald und Savanne gibt es einfach zu wenige E-Tankstellen!

Vor diesem Hintergrund ist nur eine Schlussfolgerung zwingend: Das Verbrennerverbot ist klimapolitisch ebenso wie wirtschafts- und wettbewerbspolitisch so ziemlich das „wenig intelligenteste“, was in der neueren Geschichte einer supranationalen Institution mit Wirkungsmacht eingefallen ist. Das Verbrennerverbot muss weg!

Zusammengefasst gibt es dafür viele Gründe: Die weltpolitische wie industrie- und handelspolitische Lage zwischen den Wirtschaftsblöcken USA, China und Europa hat sich tiefgreifend verändert. Die Entscheidungsgrundlagen der EU für das Verbrennerverbot stellen sich heute fundamental anders dar als vor wenigen Jahren.

Der „Green Deal“ ist geplatzt. Sicher war der EU-Kommission von Anfang an klar, dass sie durch das Verbrennerverbot der europäischen Autoindustrie die bestehende Kernkompetenz nehmen würde. Allerdings bestand damals die Hoffnung, dass sie bei Elektroautos rasch ein ebenbürtiges und wettbewerbsfähiges Modellprogramm auf die Beine stellen könnte. Vollmundig unterstützt wurde sie in dieser Auffassung durch die CEOs der großen europäischen Hersteller, zum Beisp8iel Herbert Diess (VW), Ole Källenius (Mercedes-Benz) und Carlos Tavares (Stellantis), die alle sogar den Verbrenner-Aus-Termin 2035 für ihre Unternehmen noch plakativ unterbieten wollten.

Davon ist heute keine Rede mehr! Verschämt sind die Nachfolger dabei, die Ziele zu kassieren.

Denn das von Autoexperten von Beginn an erwartete Szenario nahm seinen Lauf: Die Kunden wollten und wollen bis dato vom Grundsatz her keine Elektroautos. Und wenn schon, dann nur staatlich verbilligte und so komfortable wie Verbrenner. Billige Elektroautos zu 10.000 Euro wie in China sind in Europa angesichts allein der hohen Batteriekosten von ca. 10.000 Euro ein Ding der Unmöglichkeit.

Die europäischen Autohersteller brachten daher der hohen Produktions- und Batteriekosten wegen nur teure SUVs und hochpreisige E-Autos auf den Markt, die für den Massenmarkt auf die Straße ungeeignet waren. Abgesehen von der bis heute bei Konsumenten grassierenden Reichweitenangst. Die Hersteller selber machten mit Elektroautos hohe Verluste, die durch laufende Verteuerung ihrer Verbrenner notdürftig kompensiert wurden.

Den wichtigsten Grund für die Korrektur des Verbrenner-Aus hat die IAA 2025 schlagartig ans Tageslicht gebracht. Die Chinesen sind da und drängen mit Macht auf den deutschen Markt. Und verdrängen die heimischen Hersteller! Wie Phönix aus der Asche tauchte plötzlich die chinesische Autoindustrie mit einer Fülle wettbewerbsfähiger Elektroautos zu niedrigeren Preisen auf. Chinesische Marken dominierten in München Messehallen und Ausstellungsflächen mit Autos, die die Europäer nicht hatten, und degradierten die stolzen europäischen Autohersteller zu Statisten.

Und verkündeten, fortan auch den Weltmarkt – in diesem Fall Europa, USA ist verschlossen – mit Elektroautos zu erobern, Hauptfokus Deutschland. Die von Brüssel verfügten Abwehrzölle gegen die Exporte chinesischer Batterie-Elektroauto-Exporte nach Europa wollen die großen chinesischen Autobauer wie BYD, Geely und Nio durch eigene Werke in Ungarn und Spanien sowie der Türkei umgehen; im Jahr 2026 rollen die ersten China-Autos aus europäischen Werken. Und greifen geleichzeitig mit Hybriden an, die zollfrei sind. Soweit der Stand der Dinge heute.

Fest steht, dass die chinesische Autoindustrie über 15 Jahre einen für den Rest der Welt unerreichbaren Vorsprung bei Elektroautos herausgefahren hat. Chinesische Autohersteller haben „systemische Vorteile“ über niedrige Lohnkosten, billige Energie sowie über die gesamte Batterie-Wertschöpfungskette – von den notwendigen Rohstoffen bis zur fertigen Batteriezelle. Europa muss teuer zukaufen, zumeist in China selber. Was wiederum zu hohen Abhängigkeiten führt – und die Lust der EU an weiteren Abwehrzöllen gegen den Export fertiger Autos aus China dämpft.

Nach Expertenmeinung lässt sich der Vorsprung Chinas per EU-Verordnung oder Verbot oder Zölle nicht aufholen. Der EU-Kommission sollte inzwischen klar sein, dass die europäischen Autohersteller dem Wettbewerber China auf dem Feld der Elektroautos dauerhaft unterlegen ist. Paroli können sie den chinesischen Markteroberern nur noch bei Verbrennerautos bieten, obwohl auch hier schon bei einigen chinesischen Herstellern Wettbewerbswarnsignale aufleuchten, auch dank tätiger Hilfe durch deutsche Kooperationspartner.

Fazit: Voll wettbewerbsfähig sind die deutschen Autobauer gegenüber der China-Konkurrenz nur noch bei Verbrennerautos – in denen 100 Jahre Ingenieurkunst stecken. Daraus folgt: Das bestehende EU-Verbrennerverbot ist absurd! Es macht die deutsche Autoindustrie trotz aller Anstrengungen und Aufholerfolge – die ja da sind, die IAA 2025 zeigt das deutlich – dennoch zu Verlierern. Wie soll der „Soldat das Vaterland verteidigen, wenn man ihm das Gewehr wegnimmt“?

Genau das ist die Situation. So richtig es ist, den Absatz von Elektroautos in Europa zu unterstützen und diese für den Weltmarkt wettbewerbsfähig zu machen, so falsch war es, Verbrennner zu verbieten. Weder in den USA noch in China (noch in Norwegen mit 98 Prozent Anteil von E-Autos) gibt es ein Verbrennerverbot, überall dürfen die Konsumenten frei entscheiden. Überall dürfen beide Technologien – Verbrenner und Elektroantrieb – nebeneinander in Reinform oder in Form von Hybriden jeglicher Art dual nebeneinander existieren.

Der Verbrenneraus in der heutigen Form lässt selbst Hybride nicht zu. Damit werden Europas Autoindustrie selbst diese neuen klimafreundlichen und CO2 minimierenden Misch-Technologien, die wesentlich in der deutschen Autoindustrie entwickelt wurden und nun in China fröhliche Urstände feiern, ab 2035 verboten. Das ist rational nicht nachzuvollziehen, allenfalls ideologisch!

Die europäische Autoindustrie ist im Dilemma: Was ihr von der EU verordnet wurde, kann die chinesische Konkurrenz billiger und besser. Und was sie kann – und von der Mehrheit der Konsumenten weltweit ob der hohen Qualität und Zuverlässigkeit nachgefragt wird –, darf sie ab 2035 nicht mehr verkaufen, auch die heute begehrten Hybride nicht.

Die einzige sinnvolle Maßnahme der EU-Kommission wäre, „dem Soldaten sein Gewehr wieder zurückzugeben“, soll heißen, das Verbrennerverbot baldmöglichst zu modifizieren oder gar aufzuheben und den Wettbewerb, sprich die Marktkräfte, wirken zu lassen.

Dazu gehört Mut. Denn dazu muss die EU ihre eigenen Beschlüsse korrigieren. Niemand wird der EU einen Vorwurf machen, im Lichte neuerer Fakten und Erkenntnisse etwas klüger geworden zu sein. Brüssel muss die richtigen Schlüsse ziehen. Und sollte mit Hilfe der Medien selbst „grünen“ Ideologen klarmachen können, dass auch bei Beibehaltung des strikten Verbrennerverbot neue Hybride- Elektroautos mit Verbrennungsmotoren klimafreundlich gefahren werden können.

Geschieht das baldmöglichst, spricht die einhundertjährige Autogeschichte dafür, dass die deutsche Autoindustrie auch den Wettbewerb mit China bestehen wird. Einige ihrer heutigen CEOs wohl kaum.

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