
Mobiltelefone der Marke Nokia – wer Anfang der 2000er Jahre ein Handy benutzte, der wird sich gut an diese Marke erinnern. Klein, kompakt und nur zum Telefonieren. Zwischen 1998 und 2011 war das finnische Unternehmen der weltweit größte Anbieter in diesem Markt. Nokia hat sich vom Handy-Geschäft verabschiedet und konzentriert sich stattdessen auf Technik für den Mobilfunk und Festnetz.
Jahrzehntelang dominierte auch die deutsche Autoindustrie den Weltmarkt für Premiumfahrzeuge, war mit ihren Verbrenner-Motoren technologisch führend. Inzwischen geraten VW und Co. jedoch durch starke Konkurrenz und Schwierigkeiten beim Wandel zur Elektromobilität zunehmend unter Druck, berichtet die Neue Zürcher Zeitung.
Seit 2018 stockt das Wachstum in der Bundesrepublik.
Die Probleme von Schlüsselindustrien zeigen auch gesamtwirtschaftlich bemerkenswerte Parallelen. Finnlands Exporte sind 2008 eingebrochen und haben sich nie wieder erholt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf stagniert seither ebenfalls und entwickelt sich schwächer als in den anderen skandinavischen Ländern. In Deutschland scheint sich die Geschichte nun zu wiederholen. Seit 2018 stockt das Wachstum in der Bundesrepublik, während sich die Wirtschaft in den USA, aber auch in Nachbarländern wie der Schweiz und Frankreich dynamischer entwickelt. Die wirtschaftliche Stagnation in Deutschland dürfte unter anderem auf die Probleme der Autoindustrie zurückgehen. Die deutschen Autoexporte sind gegenüber 2018 um 15 Prozent gesunken, die Autoproduktion sogar um in Fünftel.
Ähnlich wie bei Nokia bedrohen technologische Disruption und internationale Konkurrenz die einst unangefochtene Spitzenposition der deutschen Automobilindustrie. In beiden Fällen geht es um den Niedergang einer Branche in einem hochentwickelten Industrieland. Und in beiden Fällen stehen sehr viele Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Ob VW, Mercedes und BMW ein ähnliches Schicksal wie Nokia erleiden werden, entscheidet sich in den nächsten Jahren. Laut einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Alix Partners unter Führungskräften besteht in der Automobilindustrie weltweit die größte Krisengefahr. Die Herausforderungen des technologischen Wandels sind erheblich. Sie werden durch starke Konkurrenz aus Asien, geopolitische Unsicherheiten und die Zollpolitik der USA verschärft.
Bis jetzt ist der Rückgang des Wettbewerbsvorteils in Deutschland jedoch weniger gravierend als in Finnland. Ein weiterer Unterschied zwischen Deutschlands und Finnlands Wirtschaft – die Entwicklung der Ausfuhren. Der finnische Anteil an den weltweiten Exporten hat sich seit 2000 mehr als halbiert, das heißt, die Produkte sind in der Welt immer weniger gefragt. Der Rückgang setzte sich auch 2024 fort.
In der Automobilindustrie besteht weltweit die größte Krisengefahr.
Der deutsche Exportanteil beträgt hingegen immer noch 84 Prozent des Wertes von 2000. Der Abstieg des ehemaligen Exportweltmeisters verläuft also weniger dramatisch als in Finnland. Ein weiterer Hoffnungsschimmer für Deutschland ist, dass Finnland nach wie vor relativ wohlhabend und – wenn man entsprechenden Rankings Glauben schenken mag – die glücklichste Nation der Welt ist – trotz des Niedergangs der einst wichtigsten Exportindustrie.
Fazit: erstaunliche Parallelen in der Wirtschaftsentwicklung zwischen Finnland und Deutschland. Aber die Chance, dass Deutschland besser wegkommt als das skandinavische Land, ist groß. Nokia-Handys gibt es nicht mehr, deutsche Qualitätsautos schon.