Automobil-Apokalypse findet kein Ende: Zulieferer verschärfen Sparkurs

vor 25 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die Krise in der Automobilbranche setzt den deutschen Zulieferbetrieben zunehmend zu. Um ihre Kosten in den Griff zu bekommen, fahren eine Vielzahl der Betriebe einen radikalen Sparkurs. Eine aktuelle Umfrage des Verbands der Automobilindustrie (VDA) zeigt das Ausmaß der Investitionszurückhaltung: Mehr als drei Viertel der befragten Zulieferer (76 Prozent) wollen ursprünglich in Deutschland geplante Investitionen entweder auf Eis legen, ins Ausland verlagern oder vollständig streichen. Der VDA veröffentlichte die Zahlen zum Auftakt seines Mittelstandstags in Berlin.

Im Vergleich zu den Umfragen vom Februar 2025 und Oktober 2024 ist der Anteil zum zweiten Mal in Folge angestiegen. Während im Februar noch 14 Prozent der Unternehmen von einer vollständigen Streichung ihrer Investitionen sprachen, sind es inzwischen bereits 20 Prozent. Noch alarmierender ist: 24 Prozent der Unternehmen planen eine komplette Verlagerung ihrer Investitionen ins Ausland. Besonders osteuropäische Länder wie Bulgarien oder Ungarn locken mit attraktiven Standortfaktoren.

Als Hauptgründe für die finanzielle Zurückhaltung nannten die Unternehmen vor allem die schwachen Absatzerwartungen auf dem europäischen Absatzmarkt. 58 Prozent der Befragten gaben dies als entscheidenden Faktor an. Weitere 16 Prozent verwiesen auf die überdurchschnittlich hohen Produktionskosten in Deutschland, 15 Prozent beklagten schwierige Finanzierungsbedingungen.

Für die VDA-Studie wurden bis Mitte Mai insgesamt 136 Unternehmen aus dem automobilen Mittelstand befragt. Darunter fielen vor allem Zulieferer, aber auch Hersteller von Anhängern, Aufbauten und Bussen. Die Aussagen der befragten Unternehmen zeichnen ein klares Bild: Es sind vornehmlich der sinkende Absatz deutscher Elektrofahrzeuge, als auch die zunehmend unattraktiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland, die die Zulieferbetriebe zur Kostenbremse zwingen.

Hohe Energiepreise, eine überwuchernde Bürokratie und absurde Steuerlasten schnüren Unternehmen branchenübergreifend die Luft ab. Das einstige Industrieland entwickelt sich zunehmend zur wirtschaftsfeindlichen Zone.

Im Zentrum des Problems: die teure Energie. Kaum ein Industrieland der Welt belastet seine Unternehmen mit derart hohen Energiekosten wie Deutschland. Es ist ein hausgemachtes Fiasko, verursacht durch eine über Jahre ideologisch aufgeladene Energiepolitik. Was unter Angela Merkel begann, hat die Ampelregierung beschleunigt und Schwarz-Rot setzt diesen Kurs nun ungebremst fort.

Die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke im Jahr 2023 hat die Energieversorgung abhängig gemacht von Wind- und Solaranlagen. Technologien, die bei schlechter Wetterlage kaum Strom liefern. Die Folge sind Versorgungsengpässe und Preisexplosionen. Laut einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung sind allein die Kosten für das Management von Engpässen von 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2019 auf über drei Milliarden Euro im Jahr 2023 angestiegen. Auch wenn keine aktuelleren Daten vorliegen, ist anzunehmen, dass sich die Mehrkosten inzwischen weiter verschärft haben.

Zwar ließ die Ampelregierung Windräder und Photovoltaik-Anlagen im Rekordtempo errichten, doch ausgerechnet ein zentrales Element wurde systematisch vernachlässigt: Speichersysteme. Hätte man in ausreichend Speichertechnologien investiert, könnten Überschüsse aus wind- und sonnenreichen Tagen für Perioden mit Schlechtwetter genutzt werden. Die Strompreise könnten dadurch zumindest etwas stabiler gehalten werden. Doch auch hier zeigt sich das bekannte Muster der Ampelregierung: Große Ankündigungen, katastrophale Umsetzung. Selbst das eigene Prestigeprojekt, die Energiewende, hat man verhagelt.

Ein weiterer Belastungsfaktor, der die Strompreise in die Höhe treibt: Netzentgelte. Damit das Stromnetz überhaupt mit volatilen Erneuerbaren umgehen kann, ist ein umfassender technischer Umbau nötig. Der Preis dafür ist gewaltig: Ökonomen beziffern die Gesamtkosten für die Netzumrüstung bis zum Jahr 2045 auf 651 Milliarden Euro.

Doch anstatt den Ausbau über den Bundeshaushalt zu finanzieren, greift der Staat dreist in die Taschen der Verbraucher. In Form sogenannter Netzentgelte werden die milliardenschweren Umbaukosten direkt auf die Strompreise umgelegt. Mittlerweile machen diese Gebühren bereits rund 30 Prozent des Strompreises aus, bezahlt von Unternehmen und Privathaushalten. Berlin macht Politik gegen die eigene Bevölkerung und die heimischen Unternehmen. Für die Rezession und die zunehmende Verarmung trägt die liberale Politikerkaste maßgeblich Mitverantwortung.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland sind eine Zumutung, doch für viele Zulieferer kommt es noch dicker. Denn zusätzlich zum Standortnachteil macht ihnen der Absatzeinbruch der großen Autohersteller schwer zu schaffen. VW, Mercedes & Co. verkaufen immer weniger E-Fahrzeuge, vor allem in den Schlüsselmärkten Europa und China. Und was das für die Zulieferer bedeutet, liegt auf der Hand: Weniger Aufträge, und schrumpfende Umsätze. Denn die Branche hängt am Tropf der Hersteller. Floriert der Verkauf, läuft es auch bei den Zulieferern. Bleiben die Neuzulassungen aus, reißt es die Zulieferkette mit in den Abgrund.

Gerade in Deutschland bricht der Absatz von Elektroautos dramatisch ein. Der Grund ist einfach: Der künstliche Kaufanreiz, der sogenannte Umweltbonus, wurde gestrichen. Von 2016 bis Ende 2023 subventionierte der Staat mithilfe des Umweltbonus den Kauf von E-Autos mit bis zu 6.750 Euro pro Fahrzeug. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) pumpte über 10 Milliarden Euro an Steuergeldern in diesen planwirtschaftlichen Blindflug. Eine Maßnahme ohne Substanz: Statt strukturelle Probleme anzugehen, bzw. alternative Technologien wie den Verbrenner oder E-Fuels weiterzuentwickeln, hat die Politik das Geld für einen kurzzeitigen Absatzschub verbrannt. Eine klassische Symptombekämpfung ohne Langzeitwirkung.

Man schuf eine künstliche Nachfrage für ein Produkt, das der Markt ohne staatliche Zuschüsse offensichtlich gar nicht will. Das zeigen die Zahlen unmissverständlich: Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden im Jahr 2024 rund 380.600 reine E-Autos neu zugelassen. Ein Rückgang um 27 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2023 mit 524.200 Neuzulassungen. Der Marktanteil der Stromer lag bei gerade einmal 13,5 Prozent. Heißt konkret: Nur etwa jeder zehnte Autokäufer in Deutschland hat sich 2024, nach Aussetzen der Subvention überhaupt noch für ein E-Auto entschieden. Auch in diesem Jahr bleibt die Begeisterung der Deutschen für das E-Auto spürbar aus. Aktuelle Umfragen zeichnen ein klares Bild: Laut einer Erhebung der Plattform mobile.de lehnen 63,5 Prozent den Kauf eines Elektrofahrzeugs kategorisch ab. Eine weitere Befragung von McKinsey zeigt: Nur 30 Prozent der rund 3000 befragten Deutschen planen, als nächstes ein E-Auto zu kaufen. 52 Prozent setzen weiterhin auf den Verbrenner.

Auch in China, dem weltweit wichtigsten Automarkt, sieht es düster aus. Die Wirtschaft steckt in einer hartnäckigen Krise, die Deflation sorgt für Zurückhaltung bei den Konsumausgaben. Viele Chinesen verschieben größere Anschaffungen in Erwartung weiter fallender Preise. Gleichzeitig macht die massive Konkurrenz aus dem Reich der Mitte den deutschen Herstellern das Leben schwer. Staatliche Subventionen, niedrigere Löhne und deutlich günstigere Energiekosten verschaffen chinesischen Autobauern wie BYD oder Nio einen klaren Wettbewerbsvorteil. Die deutschen Marken sind preislich längst abgehängt und verlieren Marktanteile.

Was sich heute in mangelnden Absatzzahlen niederschlägt, ist das Ergebnis einer kolossalen Fehlentscheidung. Die erzwungene Umstellung auf Elektromobilität, durchgepeitscht von der EU-Kommission im Namen des Klimaschutzes, entpuppt sich als einer der größten ökonomischen Irrtümer der letzten Jahrzehnte. Statt auf technische Vielfalt zu setzen, wurde im Rahmen des Klimaschutzes ausgerechnet der Verbrennungsmotor geopfert: Die Antriebsart, die über Jahrzehnte der Erfolgsschlager der deutschen Wirtschaft war. Besonders grotesk wird die Situation, wenn man den Umweltaspekt genauer betrachtet. Die bittere Wahrheit lautet: Die E-Mobilität ist nicht im geringsten umweltfreundlicher, sondern in weiten Teilen sogar umweltschädlicher als der klassische Verbrenner. Über weite Strecken ihrer Lebensdauer schneiden Elektroautos ökologisch schlechter ab als Verbrenner, da die enormen Emissionen aus der Batterieproduktion zunächst kompensiert werden müssen. Und damit nicht genug: Die Entsorgungsfrage ist ungelöst. Lithium-Ionen-Batterien enthalten hochgiftige Stoffe wie Kobalt, Nickel und Mangan. Gelangen diese bei der Entsorgung in Boden oder Wasser, drohen gravierende Umwelt- und Gesundheitsrisiken.

Jedem mit gesundem Menschenverstand müsste längst klar sein: Die E-Mobilität wird uns nicht vor der Klimakrise retten. Doch in Brüssel interessiert man sich nicht für Fakten, sondern folgt einer ideologischen Agenda, die mit technischer Vernunft nichts mehr zu tun hat.

Die Zweifel an der E-Mobilität wachsen – quer durch die Branche. Egal ob Zulieferer oder Autobauer. Der einseitige Fokus auf Elektroantriebe zeigt immer deutlicher seine Schattenseiten. Inzwischen rudern selbst auf globaler Ebene, große Autokonzerne zurück. Das jüngste Beispiel liefert Honda.

Auch beim japanischen Autobauer läuft das E-Geschäft längst nicht mehr nach Plan. Angesichts rückläufiger Verkaufszahlen zieht das Unternehmen die Reißleine. Vorstandschef Toshihiro Mibe kündigte Mitte Mai an, die für E-Mobilität und Software geplanten Mittel deutlich zu kürzen. Statt der ursprünglich vorgesehenen zehn Billionen Yen, umgerechnet 61,5 Milliarden Euro, sollen nun bis zum Geschäftsjahr 2030 nur noch sieben Billionen Yen (42,9 Milliarden Euro) investiert werden. Bereits zuvor hatte Honda ein weiteres Mammutprojekt zurückgestellt: Der Aufbau einer Elektroauto-Lieferkette in Kanada, mit einem Volumen von rund elf Milliarden Dollar, wurde vorerst gestoppt – die Umsetzung soll um mindestens zwei Jahre verschoben werden. Weitere Einschnitte sind wahrscheinlich.

Deutschlands Zulieferer stehen mit dem Rücken zur Wand: Sie sind der energiepolitischen Geisterfahrt und dem erzwungenen Technologiewechsel hin zur E-Mobilität gnadenlos ausgeliefert. Der Markt trägt diese Entwicklungen schon längst nicht mehr. Immer mehr Mittelständler verlieren den Glauben an den Standort Deutschland. Investitionen werden eingefroren oder direkt ins Ausland verlagert. Es formiert sich eine schleichende Insolvenz- bzw. Abwanderungswelle und jeder Wähler, der diesen politischen Kurs ermöglicht hat, trägt eine Mitverantwortung dafür.

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