„Sie wollten mich abstechen“: Bademeister berichtet vom Freibad-Horror im Ruhrgebiet

vor etwa 7 Stunden

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Bildquelle: NiUS

Christopher Kretzer aus Gladbeck ist 33 Jahre und Bademeister aus Leidenschaft. Bereits als Jugendlicher wird er Rettungsschwimmer und fängt mit 18 Jahren an, im Freibad zu arbeiten. Die Nähe zum Wasser zeigt sich aber schon früher: Als Kind ist Kretzer großer Fan von David Hasselhoff und der Serie Baywatch. Bald muss er allerdings feststellen, dass die Serie mit der Realität nicht viel zu tun hat. Der Spaß daran, anderen zu helfen, hält ihn aber trotzdem motiviert.

Fast zehn Jahre arbeitet er für ein Freibad in Gladbeck, wechselt zwischendurch nach Oberhausen und ist nun in Duisburg tätig. Er berichtet davon, wer in den Freibädern für Probleme sorgt und wie der Arbeitsalltag schnell zum Albtraum werden kann.

NIUS: Sie sind Bademeister geworden. Wie sieht aktuell die Realität in Ihrem Beruf aus?

Kretzer: Es ist wesentlich voller geworden und es gibt mehr Leute, die sich nicht benehmen, teilweise auch mit Absicht. Im Grunde nimmt einfach niemand mehr Rücksicht auf andere. Jeder ist sich selbst der nächste, sogar in Gruppen wird untereinander keine Rücksicht genommen. Früher hatte man noch einen gewissen Respekt, zumindest gegenüber den Bademeistern. Vor der Security hatte man auf jeden Fall Respekt und vor der Polizei erst recht. Heute hat man nicht mal mehr vor der Polizei Respekt, vor allem darunter sowieso nicht. Früher hat man noch Aufsicht betrieben und sich nebenbei um ein, zwei Störfaktoren gekümmert. Mittlerweile ist man Security, beim Jugendamt, in der Erziehung, alles nebenher.

NIUS: Wer macht die Probleme?

Kretzer: Es sind Jugendliche, inzwischen aber immer jüngere. Mittlerweile geht es los bei elf, zwölf Jahren. Meistens sind es männliche Gruppen, dass eine reine Mädchengruppe großen Stress verursacht hätte, habe ich noch nicht erlebt. Also es sind hin und wieder auch mal ein paar Mädchen dabei, aber das ist ganz selten. Eine reine Mädchengruppe habe ich jetzt noch nicht erlebt, dass die da so einen Stress gemacht haben. Und häufig auch mit Migrationshintergrund. Die meisten werden wahrscheinlich in Deutschland geboren sein, haben aber auf jeden Fall Migrationshintergrund.

NIUS: Wie hat sich die Zusammensetzung der Täter im Hinblick auf deine ersten Jahre im Job verändert?

Kretzer: Hin und wieder war es auch der eine oder andere Türke, aber überwiegend hatten wir bei uns Problemen mit Libanesen. Wir haben drei Großfamilien bei uns in der Stadt und die waren immer mit zehn, fünfzehn Leuten in einer Gruppe unterwegs. Das waren die Hauptgruppen, mit denen wir früher Probleme hatten. Heute sind Bulgaren, Rumänen, Syrer und Afghanen zu den Libanesen und Türken hinzugekommen. Im Grunde machen sie alle dasselbe. Also egal wo sie herkommen, verhalten sie sich falsch. Teilweise mit Absicht. Sie wollen auch nicht, habe ich das Gefühl. Sich an die Regeln halten? Also wenn man sie darauf aufmerksam macht, interessiert sie das nicht. Wenn man dann lauter wird, findet das  entweder Anklang oder man muss die Security dazuholen. Oder man droht mit der Polizei. Das ist auch immer noch so ein Hilfsmittel. Das wirkt aber heute auch bei weitem nicht mehr so wie früher.

Besucher suchen nach an heißen Sommertagen Erfrischung im kühlen Nass – doch immer wieder kommt es zu brutaler Gewalt.

NIUS: Gab es diese Saison schon Zwischenfälle?

Kretzer: Wir hatten letzte Woche einen Fall, da hätten sie es fast geschafft zu verschwinden. Das war rein zufällig, dass wir sie noch geschnappt haben. Es kamen zwei 13-jährige Mädchen auf uns zu, die gesagt haben, dass sie in der Rutsche sexuell belästigt wurde. Wir haben durch die Videoüberwachung gesehen, wie die Mädchen anstanden und vor ihnen ein junger Mann stand, der die beiden vorgelassen hat. Als die Mädchen gerutscht sind, ist er direkt hinterher gerutscht. Der junge Mann soll das Mädchen an der Hüfte angefasst haben und soll ihr dann im Verlauf des Rutschvorgangs in den Schritt gefasst haben.

Der Beschuldigte ist dann mit einem Freund in die Umkleide, hat seine Sachen herausgeholt, seinen Rucksack, sein Handtuch und hatte auch Latschen schon an. Als der herauskam und hat uns dann gesehen das wir da alle standen und das er wohl so da jetzt nicht herauskommt und hat sich dann erst mal wieder auf die Wiese gesetzt, bis die Polizei kam. Das ganze Prozedere hat dann ein bisschen gedauert, weil er kein Deutsch konnte. Ende vom Lied war aber halt, dass sie ihn mitgenommen haben.

Das Schlimme allerdings war, dass das Mädchen hinterher vor der Polizei noch zusammengebrochen ist und Angst hatte, nach Hause zu gehen, weil die Eltern wegen der Polizei Stress gemacht haben. Das Mädchen hatte nämlich auch einen Migrationshintergrund, war eine Syrerin. Ihre Eltern hat das überhaupt nicht interessiert, dass ihr kleines Mädchen angefasst wurde und da musste die Polizei dann das Mädchen noch beruhigen.

NIUS: Inwiefern nimmst du solche Erlebnisse auf mit in den Feierabend?

Kretzer: Alle Mädchen tun mir natürlich leid. Auch die Frauen tun mir leid. Es schockiert mich halt nur nicht mehr, weil es mittlerweile so oft passiert. Früher war es so, dass der Adrenalinspiegel noch ein bisschen hochgegangen ist. Irgendwann habe ich nur noch den Kopf geschüttelt, so nach dem Motto: „Nicht schon wieder“. Inzwischen nehme ich es einfach nur noch so hin. Wir haben aber auch schon im Vorfeld ein Auge auf Frauen oder besonders auch auf junge Mädchen. Sobald irgendwo Jungs oder Männer, Frauen oder Kindern hinterherlaufen, beobachten wir das Ganze. Vor zwei Jahren war ich in einem anderen Bad, da gab es gefühlt jeden zweiten Tag Belästigungen von meist Minderjährigen. Wenn man sich das wirklich zu Herzen nimmt, dann kann man nach einer Woche nicht mehr.

NIUS: Wurden Sie während der Arbeit selbst schon zur Zielscheibe?

Kretzer: Also Vorfälle gab es immer mal wieder. Das man im Winter im Supermarkt von Leuten angesprochen wurde und dann angegangen wurde, die man im Sommer herausgeworfen hatte, sowas gab es durch die Bank weg. Wir hatten mal einen, den ich gebeten habe, noch zwei Minuten zu warten, um den Dreimeterturm zu benutzen. Das konnte er anscheinend nicht ertragen, ebenso wenig wie meinen Verweis, und wollte mir im Anschluss an den Kragen. Seine Freunde haben ihn zurückgehalten, sodass er mich nur zweimal touchieren konnte.

Ich war vollkommen perplex, aber als die Security kam, durfte er wirklich gehen. Einen Tag später bin ich mittags erst zur Arbeit und da kam schon direkt der erste Kollege auf mich zu. und sagte: „Du, der ist wieder da, der ist mit seiner Familie da, der hat Freunde dabei.“ Dann wollte ich mich erstmal fertig machen für den Dienst. Da kam dann schon direkt der nächste Kollege und meinte: „Die sind da gerade auf dem Sprung. Die haben gesagt, die haben ein Messer dabei, die wollen dich abstechen.“ Wir haben dann die Polizei verständigt und die kam auch tatsächlich mit mehreren Wagen. Von denen ist er dann auch wieder heraus begleitet worden. Ihm ist noch mal erklärt worden, dass er für den Rest des Sommers nicht kommen brauchte. Angeblich wusste er das nicht.

Das Freibad in Gelnhausen erlangte fragwürdigerweise bundesdeutsche Bekanntheit.

Auf einmal kam dann der Chef von der Security und meinte: „Du packst sofort deine Sachen zusammen und wir gehen hier raus.“ Und da das wirklich vernünftige Leute von der Security waren, habe ich auch sofort gemacht, was er wollte und bin mit ihm mit. Draußen hat er mir erzählt, dass die Freunde vor der Polizei gesagt haben: „Unser Bruder muss leiden, wir bringen den um“. Die Polizei hat gesagt, sie sollen aufhören mit dem Mist und sind gefahren. Danach haben die sich am Eingang verteilt und haben angefangen, herumzutelefonieren. Am nächsten Tag wollte ich dann wieder arbeiten gehen. Der Chef vom Sicherheitsdienst war auch schon da und hat erzählt, dass fünf Minuten, nachdem ich weg war, zu den 20 Mann im Freibad nochmal 20 vorm Freibad versammelten und wollten mit mir reden. Ich sage: „Alles klar, dann bleibe ich jetzt doch wohl besser eine Woche zu Hause.“

NIUS: Hat sich die Situation denn wieder beruhigt?

Kretzer: Ich weiß nur, dass er wirklich einen Sommer danach wieder dort schwimmen war und danach die Jahre auch.

NIUS: Und das ist für Sie kein Problem?

Kretzer: Ich finde es eigentlich nicht schlimm, dass das passiert ist. Ich finde es schlimm, wie damit umgegangen wurde, wie die Verantwortlichen damit umgegangen sind. Gerade bei den eigenen Angestellten, die schon seit vielen Jahren dort arbeiten. Zumal war ich zu dem Zeitpunkt auch noch Ausbilder bei der DLRG und habe mehr als die Hälfte der Rettungsschwimmer, die dort in der Zeit gearbeitet haben, rangeschafft. Und dass man da dann so fallengelassen wird und da so getan wird, als wenn nie was passiert wäre: Ich musste mich sogar noch rechtfertigen, warum man das für den Rest des Sommers nicht mehr zur Verfügung stand. Also das hat mich mehr gekränkt als der Vorfall selbst tatsächlich.

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