
Weil sie Außenministerin Annalena Baerbock als „Hohlbratze, die unser Land in Gefahr bringt“ bezeichnet hatte, wurde eine Frau aus Bayern 2023 zu einer Strafe von 6000 Euro (100 Tagessätze zu 60 Euro) verurteilt. Ihr Anwalt legte Berufung ein. Am Montag verhandelte ein Landgericht den Fall erneut. NIUS war bei der Verhandlung dabei.
Die Frau hatte Außenministerin Annalena Baerbock im März 2023 in zwei Tweets als „Hohlbratze“ bezeichnet. Einmal in einem alleinstehenden Kommentar, einmal mit den Worten „Korrekt, diese Hohlbratze ist eine Gefahr für unser Land.“ In dem Tweet, auf den sie die mit ihrem Kommentar antwortete, ging es um das Auftreten Baerbocks beim G20-Gipfel.
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Baerbock selbst hatte daraufhin in beiden Fällen Strafantrag gestellt. Da die beschuldigte Frau mit behinderten Kindern arbeitet, wäre eine Vorstrafe für sie fatal gewesen. Noch Ende 2023 hatte das Gericht in einem Schreiben an die Frau appelliert, von einer Berufung abzusehen: „Es wird höchst vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Berufung nach Aktenlage wenig aussichtsreich erscheint“, heißt es in einem Brief von Ende 2023, der NIUS vorliegt. Man warnte sie: „Erhebliche Kosten“ seien zu erwarten. Bei der Verhandlung am Montag musste auch ein Polizist der Onlinewache Berlin als Zeuge aussagen, der die Anzeige im März 2023 entgegengenommen hatte.
Brisant: Bereits zu Beginn der Verhandlung bot die Richterin eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Spende von 1000 Euro an eine Kindereinrichtung an. Die Staatsanwältin lehnte dies nach Rücksprache mit einem Vorgesetzten ab. Begründung: Die Bekämpfung von Hass im Netz sei ein wichtiges Anliegen der bayerischen Justiz. Man habe einen eigenen Beauftragten für Hatespeech und werde die Strafverfolgung entsprechend weiter aufrechterhalten.
Sie fühlte sich beleidigt: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne)
In ihrem Plädoyer führte sie aus: Die Tweets der Angeklagten hätten das Potenzial, das Wirken der Außenministerin erheblich zu beeinflussen. Skurril: Einer der Tweets wurde gerade einmal 216 Mal angezeigt.
Am Ende sprach die Richterin die Frau nach einer zweiständigen Verhandlung frei. Die Kosten trägt die Staatskasse, sprich: der Steuerzahler. „Mir fällt ein Stein vom Herzen, ich bin unglaublich erleichtert“, sagte die Frau, deren genauen Wohnort NIUS aus Anonymisierungsgründen geheim hält, nach der Urteilsverkündung. Der Grund: Nach anderthalb Jahren emotionaler Achterbahnfahrt hatte eine Richterin des Landgerichts sie freigesprochen.
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