Felix Banaszak und die Suche nach dem verlorenen Image

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Bildquelle: Tichys Einblick

Ein Kanzler muss ein Hobby haben. So dachten die PR-Leute zumindest noch vor 60 Jahren. Also suchte das Marketing-Team der SPD für ihren damaligen Außenminister Willy Brandt ein „Steckenpferd“. Als Flüchtling, Untergrundkämpfer oder Bürgermeister von West-Berlin hatte er nie Zeit gehabt, sich eins zuzulegen. Die Berater entschieden sich fürs Angeln: nachdenklich und volkstümlich. Das eine war Brandt, als das andere wollten sie ihn verkaufen. Fürs Fernsehen gedrehte Bilder vom Träger des Friedensnobelpreises in einem kleinen wackligen Ruderboot gehören zu den lustigsten Artefakten der deutschen Polit-Historie.

Einer der vielen grünen Vorsitzenden ist Felix Banaszak. Gäbe es für die Grünen so etwas wie ein Geschlecht, das sich zuordnen lässt, wäre er leicht von Franziska Brantner, Katharina Dröge und Britta Haßelmann zu unterscheiden. Doch so schaut Banaszak gerne sauertöpfisch in die Welt, tritt besserwisserisch auf und will gerne etwas verbieten, aktuell die politische Opposition – kurzum: Außerhalb Berlins kann kaum ein Mensch die vier grünen Vorsitzenden auseinander halten.

Wie Brandt in den 60ern sind nun auch Banaszak und sein Team auf der Suche nach einem Image. Also einem guten. Denn eigentlich gibt es ein Image, das sich für den grünen Vorsitzenden aufdrängt: geisteswissenschaftliches Studium mit einem Bachelor abgeschlossen, ausschließlich für grüne Fraktionen und Abgeordnete gearbeitet, bis er dann selbst zum Abgeordneten aufgestiegen ist – also genau das, was der Berliner Politbetrieb häufiger ausspuckt als ein VW-Werk den Golf. Nur: „Ich bin Felix Banaszak, ein grüner Durchschnittskarrierist mit der Seriennummer 0815.“, so möchte sich nun wirklich keiner vorstellen müssen.

Also sucht Banaszak ein Image. Er ist in Duisburg zuhause und geboren. Nun wäre es oberpeinlich, wenn sich ein „Bachelor of Arts“, der das Leben nur aus Kreißsaal, Hörsaal und Plenarsaal kennt, versuchen würde, sich als die Duisburger Ikone schlechthin zu verkaufen: Götz George in der Rolle des Tatort-Kommissars Horst Schimanski. Doch genau das versuchen Banaszak und sein grünes Team inner- wie außerhalb der Medien.

Schimanski prügelte sich einst durch Duisburg durch, immer das Wort „Sch…e“ auf den Lippe. Und wenn ihn mal die Kollegen in Marseille zusammenschlugen, dann nahm er das sportlich. Felix „Schimi“ Banaszak setzt sich im Zug auf den Boden und lässt sich dort fotografieren. Das haben Robert Habeck und Greta Thunberg schon vor ihm getan. Wie Banaszak ebenfalls im Besitz einer Karte der Ersten Klasse. Doch mehr Eskalation an unbequemer Gefahrenlage kennen die Außendienstmitarbeiter der Klima-Industrie aus ihrer Wohlstands-Herkunft einfach nicht.

Schwätzer hasste Schimanski. Wenn er nicht gerade „sch…e“ fluchte, dann patzte er gerne jemanden an mit: „Halt die Fresse!“ Banaszak lässt zu seinem Abenteuer im ICE-Dschungel texten: „Wo die Luft brennt. Unterwegs in einem Land, das reden muss.“ Felix Banaszak ist Horst Schimanski – wenn du ihn auf Temu bestellst.

Das hält aber einst anerkannte Zeitungen wie die Frankfurter Rundschau nicht davon ab zu titeln: „Wie Felix Banaszak im Schimanski-Modus die Grünen retten will“. Die FR war nach eigenen Angaben über Monate mit ihm unterwegs und konnte dabei atemberaubende Szenen einfangen. Einmal wäre er beinahe losgefahren, obwohl die Nussecke noch auf dem Dach lag. Spannungsbogen. Doch die Nussecke greift Banaszak sich vom Rücksitz einer Limousine aus durch das offene Fenster. Wenn das nicht allein Stoff für drei Tatort-Folgen hergibt. Ach so. Ja. Die Limousine. Die muss die FR noch der grünen Leserschaft rechtfertigen: Die Limo habe ihm die Landtagsfraktion geschickt, ihm selbst seien Statussymbole egal. Harter Typ dieser Banaszanski. Harter Typ.

Über Monate will die FR Banaszak begleitet haben. Aber der Nussecken-Stunt ist noch das spannendste, was sie zu berichten hat. Ansonsten erlebt ihr Kriegsberichterstatter noch einen Besuch bei Lanz und auf einer Wirtschaftskonferenz. Ohnehin geht es in dem Text eher um Image-Bildung. Die FR will ihm zu einem verhelfen, das von grüner Durchschnittskarrierist mit der Seriennummer 0815 abweicht. Sie behauptet, dass der Limousinen-Gast privat einen über 20 Jahre alten Golf fahre und dass er viel Zeit an seinem Smartphone verbringe. Was für ein Alleinstellungsmerkmal. Und ja, dass der Vorsitzende der Grünen ein „Arbeiterkind“ sei.

Wobei das mit dem „Arbeiterkind“ so eine Sache ist. Die Bild will ihn im Oktober porträtieren, als er für den Vorsitz der Grünen kandidiert. Doch die Kollegen haben es nicht herausgefunden. Sie müssen auf ein Interview des Tagesspiegels zurückgreifen, in dem der grüne Schimanski der Frage schon ausweicht: „Die Banaszaks sind Krankenpflegerinnen, Industriearbeiter, Automechaniker – alles das, was diese Gesellschaft am Arbeiten hält.“ Konkret klärt Banaszak nur über seinen Opa auf. Der sei der Stahlarbeiter gewesen. Also ist Banaszak selbst eher ein „Arbeiterenkel“. Aber. Details.

Er selbst habe auf vielen Besuchen die Unternehmen kennengelernt, erzählt er im Tagesspiegel. Auf dieser Art von Besuchen bekommen Abgeordnete eine Führung durch vorher aufgeräumte Werkhallen, bevor sie in einem Konferenzraum Kaffee trinken. Wer einen solchen Termin für die Realität hält, der sieht sich selbst auch als taffen Typen, weil er seinen Platz in der Ersten Klasse verlässt, sich im Flur des ICE auf den Boden setzt und an der Kamera vorbei posiert. „Faust auf Faust – hart ganz hart – alles das kannst du verdau‘n…“

Nun ist Banaszak auf Tour. Im Wesentlichen durch Ostdeutschland. „Faust auf Faust – wo die Luft brennt – hart ganz hart – auf dem Boden der Ersten Klasse“. Dorthin fahre er, weil er auf einen Brief zweier Grünen aus Thüringen reagiere, verbreitet Banaszak als Legende. Mit ihm befreundete Medien greifen diese gerne auf. Anders als brennende Autos, Farbattacken auf die Privathäuser oder Faustschläge. Etwas, das AfD-Abgeordnete erleben, ohne dass die gleichen Medien es behandeln. Doch hier sind es Grüne, die sagen, es sei gefährlich geworden, Grüner zu sein. Das fressen die Journalisten gieriger auf als ein Spatz eine zerbröselte Semmel. Pünktlich zu seiner ohnehin geplanten Tour kommt dieser Brief übrigens. Das ist alles so echt und so glaubwürdig wie die einfachen Bürger, die ARD-Sender immer wieder dem Zuschauer als zufällige Interviewpartner verkaufen und die der OERR-Blog dann auf X als grüne Politiker outet. Immer und immer und immer wieder.

Banaszak kommt als Retter – wie sein Wunsch-Image Horst Schimanski. Das ist die Rolle, die er spielen will. Der FR und dem Tagesspiegel sagte er noch, er wolle die Grünen retten. Laut Web.de geht es ihm um das „Miteinander“ und um das „gesellschaftliche Klima“. Nur will Banaszak ja ein Retter im Stile Horst Schimanskis sein. Der ist ein gebrochener Held, zu dem Selbstzweifel gehören. Das ist ein Problem für den Chef einer Partei, deren Mitglieder das Gefühl verbindet, immer Recht zu haben – und das Bedürfnis, die ganze Welt dies auch wissen zu lassen.

Trotzdem versucht Banaszak das Unmögliche: nämlich wie ein sich hinterfragender Grüner zu wirken. Gegenüber der Welt gesteht er ein, dass er etwas von dem AfD-Abgeordneten Maximilian Krah lernen könne – von der Art, wie der auf den sozialen Netzwerken an die Männlichkeit von jungen Wählern appelliere. Gegenüber dem RBB will Banaszak auch selbstkritisch sein und sagt: „Vielleicht sind wir als eine Partei, die besonders für Veränderung und für Wandel steht, in einer Zeit, in der viele Menschen sich nach Sicherheit sehnen, eine besondere Zumutung.“ In der Comedy-Serie „Stromberg“ erklärt sich die Hauptfigur das Scheitern seiner Karrierewünsche damit, dass er den da Oben zu modern sei. Im echten Leben erklärt sich der Vorsitzende das Scheitern der Grünen damit, dass sie denen da Unten zu modern seien. Bei Bernd Stromberg ist es lustig – bei Felix Banaszak lächerlich.

Im Wahlkampf von 2017 drohte den Grünen zwischenzeitlich der Rausschmiss aus dem Bundestag. Sie wurden das Image nicht los, schlechtgelaunte Besserwisser zu sein, die den Bürgern alles verbieten wollten. Danach bekamen sie mit Robert Habeck einen Vorsitzenden, dessen Gabe es war, mit gutem Aussehen und schmeichelhaften Worten von der Dürftigkeit seiner Inhalte und dem Image seiner Parteifreunde abzulenken. Das führte die Partei 2021 fast bis ins Kanzleramt. Wenn es Annalena Baerbock nicht rechtzeitig gelungen wäre, den ersten Verzauberten wieder klar zu machen, wie Grüne wirklich sind.

Nun haben die Grünen Dröge, Haßelmann, Brantner und die Schimanski-Karikatur Banaszak. Mehr grüner Durchschnittskarrierist mit der Seriennummer 0815 als Image geht nicht. So erklärt es sich auch, dass die Grünen in den Umfragen kaum über zehn Prozent hinauskommen, obwohl die schwarz-rote Regierung bereits schwächelt. In Sachen linker Maximalforderungen stiehlt ihnen die Fraktionsvorsitzende der Linken, Heidi Reichinnek mühelos die Schau. Inhaltlich stehen die Grünen für Klimaschutz und gnadenlosen Opportunismus in allen anderen Fragen.

In Sachen Klimaschutz haben die Grünen aber kein Glück. Zuerst wollten sie im Bundestag klar machen, dass die Dürre eine Folge des Klimawandels sei – während es draußen in Strömen regnete. Dann lautete ihre Geschichte, dass der Wandel die Hitze mit sich bringe, die nun in Deutschland die Menschen zu Tausenden töte. Jetzt müssen sie den Bürgern erklären, dass der kalte und verregnete Sommer ihre These von der Dürre und Hitze als Folge des Klimawandels nicht widerlege, sondern bestätige, weil kalter Regen genauso aus ihm resultiere wie heiße Dürre. Das überzeugt gerade mal jeden zehnten Wähler.

Ob Banaszaks Inszenierung als Horst Schimanski des ICE-Bodens aufgeht? Wer weiß. Aber der Chef der Grünen kann ja immer noch von den ganz Großen lernen und es mit Angeln versuchen. Die zehn Prozent, die jetzt seine Partei wählen, tun das, ganz egal, was die machen. Und wer von der Friedens- zur Kriegsschutzpartei werden kann, der kann auch vom Klischee-Veganer zum Tiertöter mutieren. Nur sollte Banaszak auch von Brandts Fehlern lernen. Ein wackliges Boot gibt keine schönen Bilder ab. Er sollte daher besser vom Rand fischen – wenn es denn sein muss, dann halt vom linken.

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