Bank schränkt Zugriff ein – beginnt jetzt die Kontrolle der Kunden?

vor 4 Monaten

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Ab Mitte Mai 2025 gilt für alle Giro- und Extra-Konten der ING-DiBa AG ein neues, standardmäßig eingestelltes Überweisungslimit von 2.000 Euro pro Tag. Diese Obergrenze, die sowohl beim Online-Banking als auch im Fall der App der Bank zur Anwendung kommt, bezieht sich auf das Gesamtvolumen sämtlicher, tagesbezogener Überweisungen. Wer plant, größere Beträge zu transferieren, muss das Limit individuell anpassen – entweder dauerhaft oder für einen einzelnen Tag. Allerdings wird eine Erhöhung des Limits aus Sicherheitsgründen erst nach einer Wartezeit von vier Stunden wirksam. Interne Überweisungen vom Extra-Konto auf das hinterlegte Referenzkonto sind genauso wie Daueraufträge und Terminüberweisungen von dieser Regelung ausgenommen.

Wie es im Bereich der Bankenpolitik bei Entscheidungen wie Überweisungslimits, Transparenzvorschriften oder Quellnachweisen offiziell stets der Fall ist, zielen auch die Anpassungen der ING nach Auskunft der Bank auf den Schutz der Kunden. So soll der Gefahr von Überweisungen im Zuge von Phishing-Mails oder Erpressungsversuchen mit der voreingestellten Begrenzung des maximalen Überweisungsbetrags begegnet werden. In der Mitteilung der Bank heißt es: „Die Wartezeit trägt dazu bei, Ihr Geld zu schützen und Sie vor unüberlegten Überweisungen unter Druck zu bewahren.“ Vor allem in der Formulierung der „unüberlegten Überweisung“ schwingt eine seltsame paternalistische Grundhaltung des Instituts mit, wie sie das Verhältnis zwischen Institut und Kunde leider nur zu oft beschreibt. Dass bereits jetzt die Möglichkeit besteht, selbständig ein Limit zu wählen, sollte doch eigentlich die Schutzfunktion erfüllen.

Ist die Aufregung im Fall der ING dennoch übertrieben? Der in manchen Fällen von Betrug durchaus plausiblen Begründung zur Limitierung von Überweisungen stehen Aspekte des grundsätzlichen Umgangs mit Bankkunden und deren Einlagen gegenüber. Erst vor wenigen Tagen trat in Spanien eine Regelung in Kraft, die Bankkunden verpflichtet, Überweisungen ab einer Höhe von 3.000 Euro zuvor mit Hintergrundinformationen über Zweck und Verwendung des Geldes bei den Finanzbehörden zu melden.

Dieser Fall zeugt von einem seltsamen Verständnis von individueller Souveränität: Der Kunde bittet quasi den Staat um Erlaubnis, Eigentum dem eigenen Wunsch gemäß verwenden zu dürfen. Es handelt sich hierbei um einen massiven Eingriff in die Privatsphäre und ökonomische Autonomie des Bürgers – ein Vorgehen, das auch das Vertrauensverhältnis zwischen Finanzinstituten und Kunden schwer beschädigen wird. Der Staat sät mit dieser Politik das virulente Gefühl von Misstrauen und Verdächtigung. Eine gezielte Provokation?

Im Nachbarland Frankreich gelten bereits strikte Überweisungsgrenzen. Standard-Tageslimits variieren je nach Institut und liegen in der Regel zwischen 2.000 und 15.000 Euro. Im Fall von Sofortüberweisungen liegen sie mit 1.000–5.000 Euro pro Tag erheblich niedriger. Nun wollen wir an dieser Stelle die geschilderten Fälle nicht auf ungebührliche Weise mit dem Fall der Überweisungs-Konfiguration der ING vermengen. Immerhin handelt es sich bei der Änderung der Geschäftsbedingungen durch die ING nicht um eine Meldepflicht nach spanischem Vorbild oder ein verbindliches, in Stein gemeißeltes Transferlimit. Dennoch bleibt der Zeitpunkt dieser sanften Anpassung der Konfiguration der Überweisungslimits verdächtig.

Die Eurozone steht möglicherweise noch in diesem Jahr vor schwerwiegenden Anpassungen der Bankenpolitik. Auf der Agenda stehen zum einen die tiefere Integration der nationalen Banken- und Kreditmärkte über ein zentralisiertes Kontrollorgan sowie eine gemeinsame Einlagensicherung. Zum anderen bringen Vertreter der Europäischen Union sowie Repräsentanten der Europäischen Zentralbank regelmäßig die Einführung des digitalen Euro (CBDC) ins Spiel. Seine Umsetzung würde die Spielregeln zwischen Zentralbank und Geschäftsbankensektor auf radikale Weise ändern.

Die EZB erhielte einen immensen Machtzuwachs und die vollständige Kontrolle über das Kreditwesen der Eurozone. Anleger, Investoren und Bankkunden könnten die Umstellung auf das digitale Kontrollgeld zum Anlass nehmen, Teile ihrer Einlagen auf außereuropäische Institute zu verlagern und so Liquiditätsprobleme innerhalb des Bankensystems der Eurozone auslösen.

Der einzige Weg, dem vorzubeugen, wären Kapitalverkehrskontrollen. Überweisungslimits, Meldeprozeduren und Quellnachweise wären gleichermaßen die vorgeschaltete Ebene, um eine solche Kapitalflucht zumindest abzubremsen, bevor sich die Schranken endgültig senken. Auch von Liquiditätsproblemen ist derzeit bei der ING nichts bekannt. Die Bank konnte auch im ersten Quartal ihr stabiles Rating von A2 (Moody’s) erfolgreich verteidigen und die Summe der Kundeneinlagen um 17 Milliarden Euro ausbauen. Interne Probleme können also ausgeschlossen werden.

Wir werden diese Entwicklung genau beobachten müssen. Folgen weitere Banken in kurzer Frist dem Beispiel der ING und kommt es möglicherweise zur Einführung von fixen Überweisungsgrenzen, ist Gefahr im Verzug. Dann ist der Stein, der das Verhältnis zwischen Bank und Kunde der Geldpolitik der EZB unterordnet, womöglich endgültig ins Rollen gekommen.

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