Bauexperte über hohe Zuwanderung in Berlin: „Wo sollen die alle wohnen?“

vor etwa 2 Monaten

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Im Interview mit der Berliner Zeitung spricht der Hauptgeschäftsführer beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), Tim-Oliver Müller über die tiefe Krise, in der der Wohnungsbau in Deutschland steckt, über Mieten, Zuwanderung und Bürokratie.

... den prekären Berliner Wohnungsmarkt:

„Allein in Berlin gab es 2022 einen Netto-Zuzug von 75.000 Menschen. Aber es wurden nur 15.000 Wohnungen gebaut. Ich frage mich: Wo sollen die alle wohnen?“

In Deutschland wurden deutlich weniger Wohnungen gebaut als angekündigt.

... Mietpreisbremsen und Mietendeckel:

„Mietpreisbremsen oder Mietendeckel sind natürlich Instrumente, die für Leute mit Wohnung die Kosten senken können. Aber für alle, die eine Wohnung suchen, bringt das rein gar nichts. Es stimmt nicht, wenn Politiker sagen, dass wir damit das Wohnungsproblem in den Griff kriegen. Ganz im Gegenteil, es würde sogar noch verstärkt werden.“

... zielführende Methoden zur Senkung der Mieten:

„Das einzig vernünftige Instrument für mehr bezahlbaren Wohnraum ist, dass wir mehr Angebot schaffen. Wenn dann ein Vermieter merkt, dass er seine Wohnung nicht mehr für 15 Euro pro Quadratmeter anbieten kann, versucht er es vielleicht mit zwölf. In der Hauptstadt sieht man diese beiden Pole sehr deutlich am Tempelhofer Feld: Man kann nicht auf der einen Seite die Mieten deckeln und auf der anderen Seite diese riesige Freifläche mitten in der Stadt komplett frei lassen. Nur, weil man dort am Wochenende Drachen steigen lassen will. Beides zusammen geht nicht.“

... gesetzliche Anforderungen bei Energieeffizienz, Barrierefreiheit, Schall- oder Brandschutz:

„Das sind alles weitere Kostentreiber. Projektentwickler und Wohnungsunternehmen überlegen sich deshalb sehr genau, ob es sich wirtschaftlich überhaupt noch lohnt, zu bauen. Denn die hohen Kosten führen zu Mieten, die heute über 25 Euro kalt liegen müssten, um allein die Kosten zu decken.“

... die Schritte, die Merz nun in Angriff nehmen müsste:

„Ideal wäre eine Marktsituation, in der wir uns einzelne politisch gewollte Fördertatbestände wie beispielsweise sozialen Wohnraum oder das erstgenutzte Wohneigentum heraussuchen, damit wir von der hohen Mietquote wegkommen. Kurzfristig muss man aber zusätzlich Geld in die Hand nehmen. Deshalb der Weg über ein Sondervermögen. Die soziale Wohnraumförderung sollte pro Jahr auf fünf Milliarden Euro ausgeweitet werden. Außerdem müssten die Zinsverbilligungsprogramme, wie zum Beispiel das laufende Programm der KfW für klimaeffizienten Neubau, mindestens verdoppelt oder gar verdreifacht werden, um den Markt wieder in Schwung zu bringen.“

Die KfW vergibt Kredite für klimaeffizienten Neubau.

... überbordende Bürokratie:„Es gibt ganz konkrete Beispiele, wie das Lieferkettengesetz. Da könnte man das deutsche Gesetz aussetzen, bis das europäische kommt. Auch, weil das deutsche noch mal ganz andere Regelungen beinhaltet. Das Thema Arbeitszeitflexibilisierung wäre wichtig, damit wir mehr Freiheiten haben. Das bedeutet nicht, dass die Leute mehr arbeiten für weniger Geld, sondern dass wir die Arbeitszeit über die Woche anders verteilen können.“

... den digitalen Bauantrag, der eigentlich zum 1. Januar 2023 kommen sollte:

„Warum klappt das nicht? Das ist technisch betrachtet keine Raketenwissenschaft mehr. Wir reden da nicht über Quantencomputer.“ „Deutschland ist ein Land mit enorm hohem Niveau in vielen Bereichen. Aber irgendwie sind wir an vielen Stellen einfach stehen geblieben. Jetzt haben wir so einen großen Aufholbedarf, dass wir unter diesem riesigen Berg an Aufgaben teilweise drohen zu ersticken – es lähmt uns fast schon.“

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