Bei Illner: Kein Taurus an Kiew

vor 2 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Der Krieg in der Ukraine ist das sicherheitspolitische Dauerthema der letzten Jahre. Auf dem Territorium der Ukraine tobt seit Jahren ein brutaler Abnutzungskrieg, der tausende Opfer fordert. Eine schnelle Lösung und ein rasches Ende des Gemetzels sind leider nicht in greifbarer Nähe. Weder militärisch noch diplomatisch gibt es große Veränderungen. Trotzdem wird wöchentlich in diversen öffentlich-rechtlichen Talkshows über den Krieg berichtet. Jede klitzekleine neue Wasserstandsmeldung wird breitgetreten und debattiert. Wobei der Krieg fast schon eine Nebensache in den Debatten ist. Hauptsächlich geht es nämlich um Donald Trump und was dieser tut, tun könnte oder schon getan hat.

Jedes Wort des Präsidenten wird seziert und durchleuchtet. Auch an diesem Abend wird bei Illner über Donald Trump und den Krieg in der Ukraine debattiert. Da es so gut wie keinen neueren Entwicklungen gibt, kaut die Runde der immer gleichen Politiker und Experten nochmal auf den alten Knochen herum. Es stellt sich die Frage, welches Ziel die Talks mit dem ewig gleichen Thema haben? Soll die Bevölkerung auf einen Krieg vorbereitet werden? Gibt es sonst keine anderen Themen? Über den Krieg in Gaza beispielsweise wird erstaunlich wenig in Talkshows gesprochen. Für den Zuseher ist die Sendung schlicht und ergreifend vertane Zeit.

Die Koalition ist erst ein paar Wochen alt, da gibt es schon die ersten Absetzbewegungen vom politischen Kurs. Teile der SPD proben den Aufstand und schreiben ein Manifest, was an die Entspannungspolitik zu Zeiten des Kalten Krieges anknüpfen soll. Die Genossen um Ralf Stegner fallen damit ihrem eigenen Verteidigungsminister Boris Pistorius und ihrem Parteivorsitzenden Lars Klingbeil in den Rücken. Verteidigungsminister Pistorius ist an diesem Abend zugeschaltet und bezieht dazu Stellung. Auf die Frage von Illner, ob das Papier ein Affront gegen seine Person sei, antwortet Pistorius diplomatisch: „Ich nehme es nicht persönlich.“ Insgeheim dürfte sich der Niedersachse sehr geärgert haben. Stegner und andere Genossen gehen in ihrem Papier auf Abstand zur Politik von Pistorius.

Wenn selbst die Amerikaner, die den Russen sehr viel mehr zu bieten haben als die Europäer, mit ihren Bemühungen scheitern, dann sind die Russen nicht an einer diplomatischen Lösung interessiert. Wenn die Unterzeichner jetzt mehr Diplomatie fordern, sollten sie auch konkret ausbuchstabieren, was sie sich darunter vorstellen. Boris Pistorius hält seinen Genossen genau diesen Punkt vor. „Die Realität zu leugnen, ist nicht die Lösung“, meint er. Im Sinne von Stegner und Co. ist hingegen die Haltung von Pistorius zum Thema Taurus. „Es gibt keinen neuen Sachstand“, berichtet Pistorius. Damit ist klar, dass die Bundesregierung vorerst keinen Taurus an die Ukraine liefern wird. Es bleibt abzuwarten, ob sich die kritischen Stimmen innerhalb der SPD dadurch besänftigen lassen.

Die Fixierung der deutschen medialen Öffentlichkeit auf Donald Trump ist fast schon pathologisch. Natürlich kommt der Talk an diesem Abend nicht an Donald Trump vorbei. Der Militärhistoriker und Talkshow-Dauergast Carlo Masala vermutet schon das Schlimmste. „Es wird einen Truppenabzug der Amerikaner aus Europa geben“, spekuliert er. Für Masala ist klar, dass der amerikanische Präsident aus Europa fort möchte. Ein kompletter Truppenabzug der Amerikaner aus Europa ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Die US-Truppen sind neben Deutschland auch in weiten Teilen Osteuropas stationiert. Dort sind die Regierungen weniger kritisch gegenüber Trump und gehen auf viele Wünsche ein. Hinzu kommt, dass es im amerikanischen Kongress eine breite Mehrheit für eine Stationierung von US-Truppen in Europa gibt.

Nächstes Jahr wird in den Staaten schon wieder gewählt und Trump könnte seine Mehrheit im Kongress verlieren und hätte keine Unterstützung mehr für einen Truppenabzug. Der CNN-Journalist Frederik Pleitgen glaubt indes, dass die Amerikaner die Russen zurück in die Gemeinschaft der G7 holen möchten. Für Pleitgen ist klar: „Trump hat Putin unterschätzt.“ Es ist aus der Ferne nur schwer abzuschätzen, ob Donald Trump sich von Putin über den Tisch ziehen lässt. Einen großen Einfluss auf den russischen Präsidenten hat der amerikanische Präsident eher nicht. „Man gibt Trump Brotkrumen“, erklärt Carlo Masala die Strategie des Kreml. Er glaubt, dass die amerikanische Regierung an einer Normalisierung der Beziehungen zu Russland arbeite.

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter plädiert deshalb für mehr europäische Eigenständigkeit in der Verteidigungspolitik. „Es kommt auf die Konsequenz an“, sagt er. Kiesewetter befürwortet außerdem eine Ausweitung der Sanktionen gegenüber Russland. Sanktionen und Ultimaten müssten umgesetzt werden, so Kiesewetter. Dass die Sanktionen der russischen Wirtschaft ernsthaften Schaden zugefügt hätten, davon kann nun wahrlich keine Rede sein. Die russische Wirtschaft wächst und die russische Bevölkerung verzeichnet eine Kaufkraftsteigerung. Putin hat sein Land mit großem Erfolg auf die Kriegswirtschaft umgestellt. Über die Sanktionen der EU kann der Kreml-Despot nur müde lächeln. Alles in allem ist der Talk Ausdruck der Hilflosigkeit der deutschen Politik. Die Berliner Blase dreht sich weitgehend orientierungslos im Kreis um sich selbst. Große Stringenz sieht anders aus.

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