
Es sind turbulente Zeiten im politischen Berlin. Friedrich Merz und die Union lassen Wahlversprechen platzen, als wären es Seifenblasen. Für die Union gilt, dass sich unter Friedrich Merz im Vergleich zu Angela Merkel gar nichts geändert hat. Zwar gewinnen die Christdemokraten die Wahlen, aber die anschließende Programmatik der Koalition trägt die rote Handschrift der Sozialdemokraten.
Nur wenige Tage nach der vorzeitigen Bundestagswahl kommt es zwischen Union und SPD zu einer spektakulären Blitzeinigung in Sachen Verschuldung. Weil die nötigen Mehrheiten im neuen Bundestag wegen der erstarkten AfD und der gewachsenen Linkspartei schwieriger zu erreichen sind, soll der alte Bundestag im Vorbeigehen drei Grundgesetzänderungen verabschieden, um Friedrich Merz eine gemütliche Kanzlerschaft mit der SPD zu finanzieren.
Insgesamt atmet die öffentliche Debatte über die neuen Monster-Schulden den Geist der Politik von Angela Merkels Alternativlosigkeit. Der Talk an diesem Abend ist ein Paradebeispiel. Alle Gäste sind ausnahmslos für die Einigung von Union und SPD. Es gibt keine kritischen oder differenzierten Äußerungen. Fundamentale Änderungen der politischen Lage im Land sollen möglichst ohne breite Diskussion über die Bühne gehen. Für den Zuseher bleibt die Erkenntnis, dass pluralistischer Diskurs überall stattfinden kann, nur nicht in einer Talkshow des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Die Bundesrepublik erlebt gerade eine interessante Entwicklung in vergangene Zeiten. Das weltweite politische Umfeld ist in ständiger Bewegung und verändert sich, doch in Deutschland scheint die alte Merkel-Zeit ein Comeback zu erleben. Es gibt wieder Schwarz-Rot als Koalition und die Wahlversprechen der Union sind hinterher keinen Pfifferling mehr wert, wie einst unter Merkel. Ausgerechnet der Merkel-Kritiker Friedrich Merz wird vom konservativen Hoffnungsträger zum sozialdemokratischen Bettvorleger. „Es ist eine Wählertäuschung“, kritisiert Grünen-Politikerin Britta Haßelmann völlig zurecht.
Die Grünen sind sauer auf die Union, weil die Union die Ampel wegen neuer Schulden auflaufen ließ, nur um dann selbst in der kommenden Regierung noch viel mehr Schulden beschließen zu wollen. Wenn es nicht so ernst wäre, müsste man über diese politische Schmierenkomödie herzhaft lachen. „Wochenlang hat Friedrich Merz etwas anderes erzählt“, beklagt die Grüne und ihr Gesicht verzieht sich zu einer sauren Miene. Für Manfred Weber, den Chef der konservativen europäischen Volkspartei, liegt keine Wählertäuschung vor. Merz habe sich im Vorfeld der Wahl differenziert geäußert, so Weber.
Britta Haßelmann aber lässt Manfred Weber nicht so leicht davonkommen. Sie meint: „Es gibt den Handlungsdruck schon lange.“ Aus ihrer grünen Sicht hat Haßelmann natürlich Recht. Die Grünen haben schon in der Ampel darauf gedrungen, immer weitere Schulden zu machen. Für Klimaschutz, für die Ukraine oder für die Kindergrundsicherung wollten die Grünen Milliardenschulden locker machen. Das Bundesverfassungsgericht auf Klage der Union und in Teilen die FDP hat dem einen Riegel vorgeschoben. Da die Grünen aber nun als wichtige Mehrheitsbeschaffer herhalten sollen, könnte sich die Partei rächen und sich die Zustimmung im Bundestag teuer bezahlen lassen.
„Der Fokus auf Verteidigung erschließt sich mir nicht“, äußert sich Haßelmann skeptisch. Die Grünen wollen anscheinend nicht auf Zuruf der Union mitstimmen. Schließlich sei von Geld für den Klimaschutz bei den neuen Schulden keine Rede. Die ökosozialistische Partei hätte viel lieber eine grundsätzliche Abschaffung der Schuldenbremse, um dann an der Macht den Geldhahn für ein utopisches deutsches Bullerbü zu öffnen. Selbst Moderatorin Illner kann das Erpressungspotenzial der Grünen erkennen und konfrontiert CSU-Mann Manfred Weber damit. „Erpressen lassen wir uns gar nicht“, verspricht Weber. Nach der Bundestagswahl weiß jeder Bürger, dass er solchen Versprechen nicht trauen darf.
Die Zeit des bedingungslosen Schutzes für die Ukraine und die Europäer durch die Vereinigten Staaten von Amerika ist vorbei. Präsident Trump hat die Ukraine und dessen diplomatisch ungeschickten Präsidenten fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Selenskyj hat offensichtlich nicht verstanden, dass die Ukraine nicht in der Position der Stärke für Verhandlungen mit Trump ist. Der von Trump geplante Rohstoffdeal war kein Angebot, das man diskutieren sollte. Aus Sicht Trumps war es der Versuch, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu verschaffen, indem sich amerikanische Firmen im Land engagieren. Denn diese amerikanischen Firmen stünden natürlich unter dem militärischen Schutz von Amerika.
„Der Rohstoffdeal liegt nach wie vor auf dem Tisch“, erklärt der ehemalige ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Allerdings hat sich die Situation der Ukraine seit Selenskyjs Eklat im Weißen Haus deutlich verschlechtert. Der rachsüchtige Trump hat der Ukraine sämtliche Militärhilfe gestrichen. Dieser Schritt hat Selenskyj dazu veranlasst, sich bei Donald Trump zu entschuldigen. Kuleba meint dazu: „Die USA haben die Ukraine zurück an den Verhandlungstisch gezwungen.“
Die Staaten der Europäischen Union ziehen aus dem Verhalten Trumps ihre Schlüsse. „Wir haben endlich kapiert, dass wir unsere Verteidigung in die eigene Hand nehmen müssen“, erklärt Manfred Weber. „Wenn wir europäisch investieren, können wir Milliarden sparen“, mutmaßt er. Wer die bürokratische EU kennt, muss Webers These für eine steile halten. In der EU sind noch nie Milliarden gespart worden, weil man effizient zusammengearbeitet hat. Es scheint alles darauf hinauszulaufen, dass Europa den finanziellen und militärischen Part der USA für die Ukraine übernehmen will. Auf Deutschlands Bürger kommen teure Zeiten zu.