Bei Lanz: Bauen ist die neue soziale Frage

vor 11 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die Krise am Wohnungsmarkt hat sich in der letzten Zeit weiter verschlechtert. Die Baukosten gehen durch die Decke und die endlosen Vorschriften und langen Genehmigungsverfahren geben dem Wohnungsbau den Rest. Die neue und mit ihren 37 Jahren noch recht unerfahrene Bundesbauministerin Verena Hubertz soll nun ihre Pläne für mehr bezahlbaren Wohnraum und beschleunigte Genehmigungen im Bauwesen bei Lanz erklären.

Hubertz stieg 2021 in die Politik ein und hängte dafür ihre Tätigkeit als Start-up-Unternehmerin an de Nagel. Ob sie lange überlegen musste, bevor sie das Ministerium annahm, fragt Lanz skeptisch. Voller Energie sprudelt sie über vor Tatendrang und erzählt fröhlich, sie habe „direkt ja gesagt“. Lanz fasst ihr Statement nüchtern zusammen: „Okay, das ist der Text sozusagen für die Werbebroschüre der SPD.“ Nicht der letzte in der Sendung.

Hubertz verteidigt sich und ihren Posten. Sie sei ja vorher schon verantwortlich in den Bereichen Bau, Wohnen und Wirtschaft gewesen. Ob sie auch das Ministerium für Arbeit und Soziales übernommen hätte? Nein, da ist sie sehr dankbar, dass Bärbel Bas das übernimmt. Lanz fügt schmunzelnd hinzu: „Da ist der Kelch an Ihnen vorbeigegangen. Das ist ja die Hölle.“ Er korrigiert sich nach Hubertz Protest: „Die Hölle im Sinne von: dieses System zu reformieren. Das ist fast ein Ding der Unmöglichkeit, das wissen Sie ja.“ Naja, bleiben wir in Hubertz Bereich und ihrem neuen Versuch der Reformierung.

An den letzten Versuch erinnert sich Kerstin Münstermann, die Leiterin der Parlamentsredaktion der Rheinischen Post. Sie philosophiert erst einmal, welches Ministerium – Bauministerium oder Gesundheitsministerium – schlimmer ist innezuhaben und erinnert an das Versagen der SPD in beiden während der Ampelkoalition.

Olaf Scholz hatte seinen Wahlkampf 2021 mit der Forderung nach 400.000 Wohnungen bestritten – wir erinnern uns auch daran, dass alte Menschen nach Klara Geywitz doch bitte einfach aufs Land ziehen sollten. „Hat prompt nicht funktioniert“, wirft Lanz ein.

Eine Zahl wird sich Hubertz deswegen nicht als Ziel setzten, führt sie aus und wieder fasst Lanz spitz zusammen: „Das heißt, Sie sagen, die 400.000 setze ich deswegen nicht mal in den Raum, weil die schaffe ich sowieso nicht.“ Aber darauf lässt er es nicht beruhen und stichelt weiter, ob Lars Klingbeil ihr vorgeschrieben habe, keine Zahl zu sagen. Denn auch im Koalitionsvertrag wurde keine konkrete Zahl genannt. Lanz wundert sich: „Seit wann setzen wir uns in diesem Land keine Ziele mehr?“

Aber Hubertz ist zufrieden mit den angestrebten Zielen: „Wir setzen uns genug Ziele. 25 Prozent Bürokratieabbau, bezahlbaren Wohnraum im Neubau. Da haben wir eine konkrete Zahl: unter 15 Euro im Neubau pro Quadratmeter.“ Die neue Regierung hat also alles im Griff. Bis Lanz fragt, wie groß ihr Ministerium mittlerweile ist. Es stellt sich heraus, dass der Kern 500 Mitarbeiter umfasst – aber eben auch weitere Behörden mit insgesamt über zweieinhalbtausend Mitarbeitern. „Wollten Sie nicht Bürokratie abbauen, Personal abbauen, Geld einsparen?“ Und dann macht Hubertz einen Witz: „Absolut, wir müssen schlanker werden, deswegen gibt es das Ministerium für Staatsmodernisierung.“ Keiner lacht. Vielleicht war es auch kein Witz.

Zerpflückt wird dann auch das konkrete Ziel von unter 15 Euro Miete pro Quadratmeter im Neubau – vom Ökonom und Geschäftsführer des Pestel Instituts Matthias Günther. In Städten wie München oder Köln sei dieses Ziel sowieso auszuschließen. Die Baukosten könnten eventuell von 5.000 Euro pro Quadratmeter auf ungefähr 2.400 Euro gesenkt werden. Realistisch ist das alles aber noch nicht.

Bauen ist also die neue soziale Frage – wieder so eine Floskel. Da wäre aber schon das nächste Problem: „Wir haben 16 Landesbauverordnungen, jeder macht da so sein eigenes Ding. Dann haben wir 4.000 Normen, Vorschriften. Was kann da weg?“ Nach Günther müsste da einige Vorschriften wegfallen. So zum Beispiel die Vorschrift über die Farbe der Steine zur Einfahrt.

Wer soll überhaupt in Zukunft die Steine zur Einfahrt legen? Der nächste wunde Punkt. Denn Fachkräfte, die gut und hart arbeiten, hat Deutschland zu wenig. Trotz der Einwanderung sogenannter „Fachkräfte“. Profitieren kann Deutschland auch nicht mehr von Osteuropäern. Denen geht es aus demografischen Gründen ebenso.

Hubertz beschwichtigt: „Wir müssen doch mal anfangen zu kämpfen, auch um die Leute, die da sind, die auch vielleicht im Bürgergeld sind.“ Lanz konkretisiert nach vielsagendem Schweigen: „Es gehen 52 Milliarden Euro ins Bürgergeld“. Günther legt nach: „Also wir haben festgestellt vor zwei Jahren, dass tatsächlich in Süddeutschland, gerade in den wirtschaftlichen prosperierenden Regionen, die Mieten, die das Jobcenter zahlt […], deutlich über der Durchschnittsmiete liegen.“ Das Wohnen sei zwar ein ungeschriebenes Grundrecht, doch „der Staat verspricht damit etwas, was er nicht hat, nämlich Wohnungen.“ Da ist wieder ein Einblick in das Ministerium, das die Hölle ist.

Wie das alles zu reformieren sei, will die Runde von Hubertz wissen. Die redet viel über das „miteinander Reden“ von Mietern, Vermietern und Mieterschutzbund. Die SPD-Floskeln sprudeln nur so. Turbo und Tempo, Tempo, Tempo – das neue Motto der SPD. Hubertz meint es ernst: „Wir müssen es gemeinsam hinkriegen, weil das ist jetzt noch ein Schuss für die Demokratie und der muss sitzen.“

Lanz stöhnt: „Das ist auch so ein Satz, der die ganze Zeit fällt.“ Keine Minute später schwärmt Hubertz, dass die Bagger auf den Baustellen wieder rollen müssten. Lanz hebt den Zeigefinger: „Die Bagger müssen wieder rollen. Das ist auch so ein Satz.“ Münstermann stimmt belustigt zu: „Ich weiß nicht, wie viele Bagger Klingbeil schon hat rollen lassen in den letzten Wochen.“

Hubertz verteidigt ihre Platitüden. Ihr Vater habe als Schlosser Bagger zusammengebaut und sie wolle diese als Tochter wieder rollen lassen. Lanz ist gnädig: „Okay, das kauf ich, das kauf ich.“

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