
Es dauert 35 Minuten und 30 Sekunden, bis Norbert Röttgen an diesem Abend erstmals den Mund aufmacht. Und es wäre wohl nicht viel verloren gegangen, hätte es noch ein bisschen länger gedauert. Der CDU-Fraktionsvize bezeichnet die Nahost-Politik der Bundesrepublik wie so oft als „komplett gescheitert“, hat aber selbst nur wenig neue Ideen einzubringen. Deutschland müsse beispielsweise versuchen, nicht länger der größte Handelspartner des Iran zu sein, ist so eine Idee. Damit kommt er nicht weit.
„Deutschland ist natürlich nicht der größte Handelspartner des Iran. Das ist China“, sagt Azadeh Zamirirad. Die Iran-Expertin bringt mehrmals an diesem Abend ganze Salven von Korrekturen an, wenn Röttgen den Mund aufgemacht hat.
Der Iran und seine mögliche Fähigkeit, Atombomben herzustellen, sei eine Bedrohung für die ganze Welt, sagt Röttgen. Hierin stimmt ihm Philipp Peyman Engel zu. Der Chefredakteur der „Jüdischen Allgemeinen“ bezeichnet den Iran als „dasjenige Regime, das den Weltfrieden gefährdet“. Die Regierung wolle „die Auslöschung des israelischen Staates“, weshalb eines ganz klar sei: „Es darf keinen Iran geben mit Atombomben“. Und es gebe ja auch „überhaupt keinen Zweifel“, dass der Iran die Atombombe will, sagt Röttgen. „Das bestreiten unter anderem amerikanische Geheimdienste“, wendet Zamirirad ein, wie u.a. Artikel der Berliner Zeitung kolportieren. Und auch die IAEO (Internationale Atomenergie-Organisation) würde dem in ihrem jüngsten Bericht widersprechen. Zamirirad ist überzeugt davon, dass Iran lediglich „ein nuklearer Schwellenstaat bleiben möchte“. So, so. Mit der Fähigkeit, Atomwaffen bauen zu können, ohne sie zu bauen.
Engel bezeichnet die Angriffe Israels als sehr gezielt. Sie würden auch nur militärische Ziele betreffen. Er bestreitet, dass es im Iran zivile Opfer gebe, und wenn, dann höchstens die Familienangehörigen der Militärs. Eine Aussage, die für einige Empörung bei den übrigen Gästen sorgt. Engel: „Die Iraner sind das personifizierte Böse. Ich präzisiere oder korrigiere: das iranische Regime, nicht die iranische Bevölkerung.“
Mit Daniel Gerlach gerät Engel offen aneinander. Der Chefredakteur des Nahost-Magazins „zenith“ sieht für den israelischen Angriff neben strategischen auch innenpolitische Gründe. Der Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe so viel Krieg geführt, „dass er glaubt, er ist der Erlöser seines Landes“. Engel findet solche Aussagen „unerträglich“ und fügt an: „Währenddessen diskutieren wir darüber, ob die Pistole, die Jerusalem auf die Brust gesetzt wird, in drei Tagen losgeht, in fünf Tagen oder in sieben Tagen.“
Warum Israel im Iran so präzise zuschlagen könne, aber nicht in Gaza, will Lanz wissen. Das sei dort „ein asynchroner Krieg“, sagt Engel. Und dennoch gehe Israel auch dort sehr gezielt vor: „Die Quote zwischen getöteten Terroristen ins Gaza-Streifen auf der einen Seite und getöteten Zivilisten auf der anderen Seite, die hat es so in modernen Kriegen noch nie gegeben.“ zenith-Gerlach: „Das ist völliger Unsinn.“ Es entsteht ein Wortgefecht: „Der Krieg wäre sofort vorbei, wenn die Hamas die Geiseln freilassen würde, wenn die Hamas die Waffen niederlegen würde. Das ist leider nicht der Fall“, sagt Engel.
Fast vergessen: Auch ZDF-Washington-Korrespondent Elvar Theveßen war dabei, zugeschaltet aus Kanada vom G7-Gipfel. Was genau er dort vor Ort herausgefunden hat, wird nicht ganz klar, denn seine dünnen Redebeiträge könnte er sicher genauso gut aus 06868 Bergluft, 87719 Wolkenkuckucksheim oder 95145 Obermotzkau heraus senden. Heute spekuliert Theveßen mal wieder, dass Donald Trump wohl auf den Friedensnobelpreis aus ist.
Wir geben zurück ins Studio.