
Am Anfang der Woche ist die ehemalige SPD-Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im Kabinett Merz zur neuen Bundesarbeitsministerin ernannt worden. Doch eine Übergangsphase nach der Ablösung von ihrem Parteikollegen Hubertus Heil gibt es offenbar nicht: Schon jetzt folgen die ersten radikalen Reformen.
So versprach Bas in einem Interview mit der Funke Mediengruppe, dass künftig auch Beamte, Abgeordnete und vor allem Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollten. „Wir müssen die Einnahmen verbessern. Über die Ausgestaltung wird die Rentenkommission beraten“, so Bas zu dem Vorhaben weiter. „Je mehr Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, desto mehr Geld hat man für die Rentenkasse“, so die Prämisse der neuen Arbeitsministerin.
Zusätzlich würden in den nächsten Jahren die Rentenbeiträge, wie von vielen Experten bereits antizipiert, steigen: „In den kommenden Jahren werden die Rentenbeiträge demografiebedingt leicht steigen. Aber dann sollten auch die Vorschläge der Rentenkommission greifen. Und da bin ich in einem Punkt nicht flexibel. Wir müssen mehr Leute an der Finanzierung der Rentenversicherung beteiligen“, so Bas. Später heißt es in dem Interview nochmals, man werde „aber nicht um Beitragserhöhungen herumkommen“.
Mit der Entscheidung geht es Bas offenbar zunächst darum, die Rentenversicherung einigermaßen stabil zu halten, indem man sie auf mehr Schultern verteilt: In Deutschland haben Selbstständige derzeit noch die Freiheit, eigenständig über ihre Altersvorsorge zu entscheiden – geht es nun nach Bas, werden sie künftig wie Angestellte zur Altersvorsorge durch die Rentenversicherung gezwungen.
Eine Kopplung an die Lebenserwartung verbunden mit einem späteren Renteneintritt ist für Bas dagegen ausgeschlossen: „Eine Kopplung wird allein deshalb nicht funktionieren, weil es so unterschiedliche Arbeitsplätze gibt. In manchen Berufen wollen die Leute länger arbeiten und können es auch. Herr Merz ist 69. Und es gibt Berufe, da sind die Leute mit 60 schon fertig“, erklärt Bas. Eine Absenkung der Ausgaben wird es demnach kaum geben, stattdessen folgen höhere Beiträge für einen größeren Personenkreis.
Bas prescht damit vor: Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD beim Thema Rente bisher auf wenig einigen können. Geeinigt hatte man sich allein darauf, dass das heutige Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 gesetzlich festgeschrieben wird und aus dem Bundeshaushalt finanziert werden soll. Auf Betreiben der CSU hatte man sich auf eine Erhöhung der Mütterrente geeinigt. Nach Berechnungen der Arbeitgeber würden diese beiden Vorhaben allein bis 2031 rund 50 Milliarden Euro kosten (Apollo News berichtete) – irgendwo muss das Geld also herkommen. Nach Bas soll es aus den Taschen der Selbstständigen kommen.
Es hagelte schon damals Kritik von Experten: Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), kritisierte den Koalitionsvertrag deutlich. „Es fehlen jegliche Ansätze, das Ausgabenwachstum in der Rentenversicherung zu begrenzen“, sagte er n-tv. Höhere Lohnnebenkosten für Unternehmen und weniger Nettoverdienst für Arbeitnehmer stellte er damals in Aussicht. Auch Rentenversicherungs-Chefin Gundula Roßbach hatte die Pläne von Schwarz-Rot in einem Interview mit dem Tagesspiegel kritisiert: „Ich staune über die Pläne zur Mütterrente. Da geht es um eine sehr teure Umverteilung“, so Roßbach (Apollo News berichtete). Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) hatte nach den Sondierungsergebnissen vor einem deutlichen Anstieg des Rentenbeitragssatzes gewarnt (Apollo News berichtete). Vor der Wahl hatten auch die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (Grüne) eine Beteiligung der Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung gefordert.