
„Unsere Toleranz kann uns noch zum Verhängnis werden“, sagt die Neuköllner Integrationsbeauftragte Güner Balci im Interview mit dem Spiegel. Sie berichtet über Berliner Imame: „Ich weiß von Imamen, die Eheberatung für 14-jährige Mädchen anbieten und es akzeptabel finden, wenn sich ein Mann eine Zweitfrau nimmt“, so Balci.
Generell sei, so Balci, der religiöse Einfluss des Islams auf den Berliner Bezirk rasant gewachsen. Früher habe es noch kaum Moscheen in Neukölln gegeben, berichtet Balci, die selbst in Neukölln groß geworden ist und jetzt aus Liebe zu ihrer Tochter den Bezirk verlassen hat. Heute sind dagegen rund 30 Moscheen in Neukölln. Viele davon seien radikal, teilweise mit Nähe zur Muslimbruderschaft.
Balci berichtet, dass sich mit dem Zuzug palästinensischer Familien aus dem Libanon in den 80er-Jahren die Kultur des gesamten Stadtteils radikal verändert habe. „Die brachten eine sehr patriarchalisch geprägte Kultur mit“, so Balci. Neukölln sei zwar nie besonders frauenfreundlich gewesen, aber „Mädchen in diesem Milieu waren fast unsichtbar“, so Balci. „Man sah sie eigentlich nur, wenn sie ihre kleineren Geschwister in den Kindergarten brachten oder mit ihren Müttern zum Einkaufen gingen.“
Die Männer aus den Familien rutschten dann schnell in die Kriminalität ab. „Die Jungs von damals wurden teils große Nummern in der organisierten Kriminalität. Sie bekamen Deutungshoheit über alles Mögliche im Viertel“, sagt die Integrationsbeauftragte beim Spiegel. „Die meisten waren staatenlos und keiner scherte sich darum, ob sie zur Schule gingen. Sie hatten keine Möglichkeit, sich zu entwickeln oder zu arbeiten“, erklärt die Neuköllnerin.
Die Politik stehe gelähmt vor dem Problem: „Wir haben lange unterschätzt, wie groß dieses Phänomen werden würde“, so Balci weiter. „Oft erkennt die Politik zu spät, was da eigentlich gerade läuft. Und dann fehlen schlicht die rechtlichen Möglichkeiten, das Ganze noch zu stoppen“, so ihre Einschätzung.