Berliner Pfarrerin nennt Gott „superqueer“ und erklärt Jesus zum Feministen

vor 17 Tagen

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„Gott ist superqueer“ und „Jesus war Feminist.“ Mit Formulierungen wie diesen hat die Berliner Pfarrerin Maike Schöfer ihre Vorstellungen von Glauben und Kirche umrissen. In einem Interview mit dem Spiegel spricht sie über ihre feministische Bibelauslegung, das kirchliche Verhältnis zur Sexualität – und über Lippenstift im Pfarramt.

Sexualität, so Schöfer, sei „Teil des Menschseins“ und müsse daher „auch für die Kirche ein Thema sein“. Die großen Kirchen hätten das Thema über Jahrzehnte beschämt oder ignoriert und damit mitverantwortet, dass Sexualität bis heute mit Scham und Tabu belegt sei.

In sozialen Medien erklärt sie zum Beispiel, Masturbation sei kein Problem – im Gegenteil. Sie werde immer wieder gefragt: „Ist es unrein, wenn ich masturbiere?“ Ihre Antwort: „Natürlich nicht! Du kannst alles tun, was du möchtest, und wenn es sich gut für dich anfühlt, dann machst du das!“ Theologisch begründet sie das mit dem Gebot „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Masturbation sei, so Schöfer, ein „Liebesakt an sich selbst“.

Zur Unterstützung verweist sie auf die Heilige Hildegard von Bingen, die den weiblichen Orgasmus als ekstatisches und göttliches Moment beschrieben habe. Dies sei eine Möglichkeit, mit Gott in Verbindung zu treten – und aus heutiger Sicht ein „feministischer Akt der Selbstbestärkung“.

Auch das Gottesbild der Pfarrerin weicht von traditioneller Lehre ab. Die Vorstellung eines männlichen „Herrn“ sei durch Übersetzungen geprägt. In der Bibel gebe es zahlreiche andere Bilder – etwa Henne, Bäckerin, Adlermutter. „Gott trägt queere Aspekte in sich“, sagt Schöfer, wenn man Queerness verstehe als „Grenzen sprengen, nicht greifbar und unverfügbar sein“. Ihr Fazit: „Gott ist superqueer.“

Auf Rollenbilder innerhalb der Kirche geht sie ebenfalls ein. Ihr sei mehrfach geraten worden, keinen roten Lippenstift oder Nagellack zu tragen, weil das für eine Pfarrerin „zu sexy“ sei. Auch bauchfreie Kleidung oder figurbetonte Schnitte würden kritisch gesehen. „Würde ich ein Bikinifoto auf Instagram posten, würden sich Menschen sehr daran stören.“ Eine Teilnahme an einer queeren Datingshow habe sie deshalb verworfen.

Eva sei in der traditionellen Lesart zur Sündenbringerin für die Menschheit gemacht worden. Doch: „Den Sündenfall als solches gibt es aber nicht in der Bibel. Und es gibt auch andere feministische Interpretationen zu Eva.“ Sie habe sich vielmehr widersetzt und „ihren eigenen Weg“ gewählt. Damit sei sie die „erste Neinsagerin“. Frauen würden bis heute zwischen Eva und Maria positioniert – entweder als sündig oder als rein. Beides gleichzeitig zu sein, sei unmöglich.

Auf die Frage, ob Jesus Feminist gewesen sei, antwortet Schöfer: „Ja! Man kann nicht antifeministisch und Christ*in sein.“ Der Glaube stehe für Liebe, Nächstenliebe, Gerechtigkeit und Frieden – Ausgrenzung sei damit unvereinbar.

Kritik äußert sie an den Strukturen der katholischen Kirche. Diese begünstigten die Macht von Männern und zementierten sie. Der verstorbene Papst sei für sie zwar eine Respektsperson gewesen, habe aber auch „frauenfeindliche, kinderfeindliche und queerfeindliche Sätze gesagt, die ich mit seinem Tod nicht vergesse“.

Zum Thema Zölibat fordert sie Entscheidungsfreiheit. Zur Wahl des neuen Papstes Leo XIV. äußert sie sich zurückhaltend optimistisch. Er werde „sicher nicht gleich die Weihe für Frauen einführen“, doch sie habe ihn als nahbare Figur erlebt, die Frieden betone und sich kritisch zum Kapitalismus äußere. „Ich bin gespannt.“

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