
Die Polizei Berlin war sich der Gefährlichkeit des Syrers, der am vergangenen Wochenende einen 29-Jährigen in einer U-Bahn erstochen hatte, im Vorfeld bewusst. Das geht aus zwei der Welt vorliegenden Schreiben hervor, die die Beamten an die sozialpsychiatrischen Dienste in den Bezirken Pankow und Steglitz-Zehlendorf übermittelten. In den gleichlautenden Dokumenten legte die Polizei schon am 7. Mai 2024 dar, dass es „konkrete Hinweise auf eine akute Eigen- und Fremdgefährdung“ von Shadi S. gebe.
Verfasst wurden die Schreiben von der Abteilung Staatsschutz des Berliner Landeskriminalamtes. Des Weiteren soll hier vor der Kombination aus paranoidem Wahn, einer hohen Impulsivität und der Bereitschaft zu körperlicher Gewalt gewarnt worden sein – vor allem wegen einer Aggression gegenüber Vertretern des Staates, insbesondere gegen Ordnungshüter.
Der Staatsschutz wollte den Schreiben zufolge überprüfen, ob Shadi S. als Islamist einzustufen sei. Hierbei wurde beispielsweise erwähnt, dass der Syrer angedroht haben soll, Personen zu schädigen, die in seiner Gegenwart den Koran verbrennen oder Karikaturen von Mohammed zeigen würden.
Zwar stellten die Beamten damit eine eingesessene Glaubensauffassung fest, führten diese Aussagen jedoch nicht auf eine religiöse oder politische Motivation gegen den Staat zurück. Er soll behördliches Vorgehen vielmehr als Ehrverletzung angesehen haben und zeigte deshalb eine geringe Frustrationstoleranz, womit auch eine „erhebliche Fremdgefährdung“ einherginge, hieß es weiter.
Dass Shadi S. vor allem aufgrund der im Islam vorherrschenden Ehrauffassung impulsiv handelte, zeigt auch dessen Vergangenheit: Bereits 2023 wurde der 43-Jährige rechtskräftig vom Landgericht Chemnitz wegen gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.
Die Tat galt der Schwester von Shadi S., die ihm keinen Einblick in ihr Handy gewähren wollte, woraufhin er ihr mit einem Küchenmesser in den Oberschenkel stach. Den herbeigerufenen Polizisten widersetzte sich Shadi S. dann heftig: So begann er zu schreien und sich der Fixierung durch die Beamten zu widersetzen. Weil er den Bewährungsauflagen des Chemnitzer Gerichts dann nicht folgte, sollte er eigentlich ab März in Haft sitzen (Apollo News berichtete).
Unter anderem war Shadi S. nach dem Angriff auf seine Schwester flüchtig. Dahingehend liegt der Welt ein weiteres Dokument vor, in dem vor dem Syrer gewarnt wurde. In einer Personenfahndung der Bundespolizei aus dem Jahr 2022 wurden die Beamten angewiesen, die eigene Unversehrtheit bei einem Aufeinandertreffen mit Shadi S. in den Vordergrund zu stellen. Der 43-Jährige sei gewalttätig und neige zu einem tief sitzenden Hass auf Vertreter des Staates. Außerdem wurde vor möglichen Verbindungen zur islamistischen oder salafistischen Szene gewarnt.
Alle drei Schreiben blieben unbeachtet – weder die zuständigen Stellen der beiden Berliner Bezirke noch die Bundespolizei unternahmen weitere Schritte gegen Shadi S. Am 12. April stach der Syrer dann auf den 29-jährigen Steve H. in einer Berliner U-Bahn ein und verletzte ihn tödlich. Er wurde auf der Flucht von der Polizei gestellt und durch Schüsse verletzt, nachdem er die Beamten mit dem Messer bedroht hatte. Im Krankenhaus erlag er seinen Verletzungen.
Shadi S. besaß eine bis Oktober dieses Jahres gültige Aufenthaltserlaubnis und war 2016 als Flüchtling anerkannt worden. Bis zu seiner Verurteilung durch das Landgericht Chemnitz war er bereits mehrfach in Berlin und Brandenburg aufgefallen. Dennoch leiteten die zuständigen Behörden auch nach den Schreiben des Berliner Landeskriminalamtes sowie der Bundespolizei keine Schritte gegen Shadi S. ein.