
Bei einem Berliner Volksentscheid Ende September 2021 hatten gut 59 Prozent der Wähler für die Vergesellschaftung (sprich: Enteignung) von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gestimmt. Auch eine unter der rot-grün-roten Vorgängerregierung eingesetzte Expertenkommission kam zu dem Fazit: Enteignungen wären rechtlich möglich.
Nun berichtet die Bild-Zeitung, dass der Verstaatlichungsplan von Privateigentum bald Realität werden könnte. Nach dem Erfolg der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ haben die mitregierenden Sozialdemokraten einen Gesetzesentwurf erarbeitet.
Mit ihren Enteignungs-Forderungen waren Aktivisten erfolgreich und setzten ein Volksbegehren durch
Dabei berichtet die Boulevard-Zeitung, dass der Gesetzesentwurf weit über die Forderungen der umstrittenen Initiative hinausgehe. Nicht nur Immobilienbesitzer sollen enteignet werden dürfen, sondern auch Firmen. In dem Gesetzesentwurf heißt es: „Produktionsmittel natürlicher oder juristischer Personen, die im Land Berlin Waren und Güter herstellen oder Dienstleistungen anbieten …“
Darüber hinaus ist zur „Entschädigung“ der Enteigneten nicht einmal der Verkehrswert einer Immobilie vorgesehen. Bedeutet: Für die Enteignungen erhalten Immobilienbesitzer nicht einmal das Geld, was bei einem Verkauf üblicherweise fließen würde. „Berlin ist auf Schnäppchen-Jagd!“, kommentiert die Bild-Zeitung.
Ein Aktivist vor dem Berliner Rathaus
Unklar bleibt, ob der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh (48) seinen Gesetzentwurf (27 Seiten) mit dem Koalitionspartner CDU abgesprochen hat. Eine Überraschung dürfte das Papier für den regierenden Bürgemeister Kai Wegner (CDU) nicht sien. Denn im Juni hatte die Regierung bereits angekündigt, einen entsprechenden Entwurf für das umstrittene Gesetz vorzulegen. Es soll in diesem Jahr noch beschlossen werden und in etwa 24 Monaten inkrafttreten, berichtet die Bild-Zeitung.
Kai Wegner (l,CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, spricht mit Raed Saleh (SPD), Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus
Eine „Vergesellschaftung“ großer Wohnungsunternehmen in Berlin sei nach Einschätzung einer Expertenkommission rechtlich möglich. Zu diesem Schluss kam das von der Vorgänger-Landesregierung eingesetzte Gremium und machte so den Weg für die Gesetzgebung frei. Danach lässt das Grundgesetz ein entsprechendes Gesetz zu und das Land Berlin hat auch die Kompetenz, es zu beschließen. Auch eine Änderung der Landesverfassung sei nicht nötig.
Jakob Blasel
Enteignungen sind bei Bündnis90/Die Grünen regelmäßig Forderungen auf Parteitagen. So forderte der Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, Jakob Blasel, die Enteignung der Energiekonzerne RWE und Leag sowie von Deutschlands größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp – zum Schutz des Klimas.