Berliner Uni-Prozess: Unpolitische Tat oder antisemitischer Exzess?

vor 19 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Was ist zu tun gegen den radikalen, politischen, militanten Islam auf den Straßen der westlichen Welt? Und sind Juden oder auch Andersdenkende noch sicher auf diesen Straßen? Diese Fragen stehen im Raum, auch beim nun begonnenen Berliner Prozess gegen Mustafa A., Sohn palästinensischer Eltern aus dem Libanon, dem Gewalt als das passende Mittel im politischen Meinungskampf erschien.

An einem Abend im Februar 2024 hatte er den jüdischen Studenten Lahav Shapira vor einer Bar in Berlin-Mitte angegriffen, ihn zu Boden geschlagen und ihm dann noch ins Gesicht getreten. Mustafa A. ist Hobbykampfsportler und hatte keine Bedenken, diese Erfahrung einzusetzen. Ein Zeuge glaubt, dass A. „das, was er vor sich hatte, vernichten“ wollte.

Uneinigkeit besteht über die Details kurz vor dem Angriff. Während Shapira schildert, der Angriff sei für ihn unvermittelt und unerwartet erfolgt, gibt es andere Schilderungen, die von einem vorausgehenden „Streit“ sprechen, wieder andere sprechen von einem „einseitigen, bereits aggressiven Ansprechen“ Shapiras durch A. Shapira sagt, er habe keine Zeit gehabt, auf A.s Vorhaltungen zu reagieren.

Auch Shapira war zuvor nicht immer unkontrovers vorgegangen, wenn er Kommilitonen in der Whatsapp-Gruppe „pubertäre Wichser“ nannte oder Anti-Israel-Plakate in einem Hörsaal abriss. Aber das rechtfertigt sicher keine Gewalttat gegen ihn.

Bis vor kurzem studierte Mustafa A. an der FU Berlin Geschichte und Philosophie. Shapira und A. studierten beide auf Lehramt an der Freien Universität Berlin. Daher auch die Whatsapp-Gruppe, in der beide sich trafen. Nun wurde A. per Hausverbot von seiner Alma Mater ausgeschlossen und hat sich dann selbst exmatrikuliert. Er gibt sich reumütig, will ein anderer Mensch geworden sein seit jenem Tag, als er Shapira körperlich angriff. Es war angeblich seine erste Schlägerei. Nun will er ein Anti-Gewalt-Training gemacht haben und sich in Therapie befinden. Aber irgendwie wirkt alles sehr normal an diesem Übergang von einem gescheiterten Berliner zu einem erfolgreichen Münchner Leben, wo A. sogar eine Freundin gefunden haben soll.

Vor Gericht hat A. die Tat gestanden. Auch einen Umschlag mit 5.500 Euro hatte er dabei, den er Shapira als Zeichen seiner Reue überreichen wollte. Shapira nahm das Geld, das wohl eine Sitte aus der islamischen Parallelwelt ist, nicht an. Zentrale Frage des Prozesses wird sein, ob der Tat ein antisemitischer Charakter zuerkannt wird, was das Strafmaß verschärfen würde. Laut Erklärung des Angeklagten „ging es nicht um Politik“, nur um „Emotionen“, in denen sich A. in diesem Moment verloren haben will. Doch Shapira berichtet, dass A. an jenem Abend vor der Bar über Plakate sprach, „bei denen es darum ging, Israel auszulöschen“.

Am selben Dienstag gab Bildungsminister Cem Özdemir eine Pressekonferenz. Laut Özdemir sollen sich Juden mit Kippa in Deutschland sicher bewegen können. Dasselbe solle für andere Gruppen gelten, die sich laut der Berliner Polizeipräsidentin Slowik besser nicht mehr in bestimmte Teile der Hauptstadt verirren. Es geht um den „Islamismus“, der nun nach Juso-Wünschen nicht mehr so genannt werden soll, während viele ohnehin annehmen, dass er mit dem Islam identisch ist. Das Bildungsministerium, erklärt Özdemir nun, hat 15 Milliarden Euro in die Hand genommen, um diesen „Islamismus“ zu erforschen.

In diese Tagen fallen viele Aussagen zum radikalen, politischen Islam. Die Jusos wollen davon nicht mehr sprechen und schlagen den geschmacksneutralen Begriff „religiös-begründeter Extremismus“ vor – ein weiterer Versuch, eine Sache durch neue Begriffe zu verstecken. „Clan-Kriminalität“ gibt es ja auch nicht.

Die Linkspartei-Fraktionschefin Heidi Reichinnek glaubte einst außerdem, das Reden mit „jungen Islamisten“ könne helfen. Ein „offener Dialog auf Augenhöhe“ solle mittelfristig die Auseinandersetzung der „jungen Islamisten“ mit der „Pluralität von Lebensentwürfen, Genderparität und persönlichen Freiheitsrechten“ fördern, schrieb sie als Mitautorin eines Linken-Papiers im Jahr 2016. Das erscheint naiv oder berechnend – denn die Linke hat durch das Kuscheln mit den Gaza-Protesten vermutlich einiges an Stimmen und einen Direktkandidaten für Neukölln gewonnen. „Wenn man sich auf Basis universeller Menschenrechte für die Islamisten einsetzt und sich gegen deren Verfolgung stellt, kann man von Islamisten dieselben universellen Rechte für religiöse Minderheiten oder AtheistInnen einfordern“, meint das Autorenkollektiv. Es ging dabei ausdrücklich um die „Einbindung“ von „islamistischen Bewegungen“ in die „deutsche und europäische Linke“, etwa der Muslimbrüder. Heute hat sich die Lage angeblich verändert, die Hoffnung habe sich „zerschlagen“, so Reichinnek auf Nachfrage des Tagesspiegels. Aber Zweifel an ihrem Wandel und dem der Linkspartei bleiben erlaubt.

Die Demonstrationen der Hamas-Freunde bleiben ein sehr eigentümliches Phänomen. In ihnen treffen sich Linke mit Muslimbrüdern – und scheinen sich einig zu sein. Und das hat die Gewaltbereitschaft von Mustafa A. sicher nicht gebremst. Das Bündnis der Linken mit dem Islam kennt man ja aus Frankreich.

Dort stellt Innenminister Bruno Retailleau derweil einen Bericht zu den Muslimbrüdern und der Scharia vor. Er spricht vom „entrisme“ der radikalen Muslime, von ihrem Versuch in die Institutionen Frankreichs einzudringen. Die Muslimbrüder gewinnen demnach Terrain bei den muslimischen „Normalbürgern“. Auch der abtretende Bildungsminister Özdemir plädiert dafür, den legalistischen „Islamismus“ in Deutschland zu erforschen und im Blick zu behalten.

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