
Sie sind der personifizierte Kampf „gegen Rechts“, zwei Männer, die sich moralisch hoch erheben können in dem Wissen, stets weich zu fallen: Die Showmaster Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf sind die Aushängeschilder des Senders ProSieben, der zur Sendergruppe ProSieben Sat.1 gehört. Ebendiese Gruppe wird nun vom Berlusconi-Konzern Media for Europe (MFE) gekauft. Damit arbeiten jene beiden Entertainer, die zuletzt fast nur noch dadurch Schlagzeilen machten, öffentlich ihre moralische Weste reinzuwaschen, unter dem Dach eines – aus linker Perspektive – europäischen „Rechtspopulisten“ avant la lettre.
MFE ist der größte private Medienkonzern Italiens, einst gegründet vom ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, der damit das Privatfernsehen revolutionierte. Seit Berlusconis Tod 2023 wird das Unternehmen weitergeführt von dessen Kindern. Berlusconi regierte Italien mit Unterbrechungen rund neun Jahre, entwickelte sich wegen seiner Skandale und seiner dezidiert konservativen Ansichten zur Reizfigur der Linken.
Entsprechend besorgt kommentierte der stets um politische Korrektheit bemühte Deutsche Journalistenverband im Juli eine mögliche Übernahme der Sendergruppe: „Wir warnen bereits seit Längerem vor der Übernahme durch die Berlusconi-Erben. Zum einen aus Sorge um journalistische Arbeitsplätze, zum anderen wegen der bedenklichen Nähe der MFE-Medien zu rechtspopulistischen Positionen.“ Auch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat Bedenken und will im September den jetzigen MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi treffen.
Die Berlusconi-Familie beim Begräbnis des ehemaligen Ministerpräsidenten. Sein Sohn Pier Silvio (3. v. l.) führt heute das Medienunternehmen.
Noch größer aber dürften die Bedenken bei Joko und Klaas sein. Denn die beiden sind seit Jahren nicht nur in unterhaltender, sondern vor allem in polit-aktivistischer Mission unterwegs: Im Dezember 2021 luden die beiden den damals designierten Bundeskanzler Scholz in ihre Sendung ein, um ihm Raum für eine pathetisch inszenierte Botschaft zu geben: „Lassen Sie sich impfen!“ Im Dezember 2024 durften die Wahlkämpfer Scholz, Friedrich Merz und Robert Habeck unter dem Titel „PolitikUndAnstand“ im Format von Joko und Klaas für ihre Politik werben – die in Umfragen auf Platz zwei stehende AfD-Kandidatin Alice Weidel fehlte.
Die Moderatoren Anfang 2025 in der Sendung „Joko und Klaas gegen ProSieben - Die Neujahrsgala“.
Klaas Heufer-Umlauf macht aus seiner Nähe zur SPD keinen Hehl, durfte für die Partei sogar 2021 den Bundespräsidenten mitwählen. Die Produktionsfirma von ihm und Winterscheidt, die Florida Entertainment GmbH, produzierte auch schon Werbefilme für die Grünen. Ende 2019 stellten die Entertainer in ihrer Sendung den „Entkräfter Pro Max“ vor, ein Gerät, mit dem „rechtspopulistische“ Aussagen argumentativ entkräftet werden könnten, etwa Sätze wie: „Seenotrettung fördert Schlepperei“ oder „Deutschland kann nicht die ganze Welt retten“ – Sätze also, die durch Zahlen und reale Geschehnisse belegt werden können.
Olaf Scholz in der dramatischen Kulisse von Joko und Klaas.
Ein Milieu, das im Kontakt mit der Realität schmerzerfüllt „Rechtspopulistisch!“ aufschreit, muss nun zusehen, wie seine Gallionsfiguren von einer Hassfigur der Linken durchgefüttert werden. Und das fürstlich – Heufer-Umlauf etwa ist als passionierter Porsche-Fahrer bekannt, Feinkost-Geschäfte sind stetes Thema in seinen Podcasts.
Als die Übernahme-Gerüchte im August kursierten, berichtete die Wirtschaftswoche über Ausstiegsklauseln für die Entertainer, für den Fall, dass der Berlusconi-Konzern zuschlagen sollte. Pro Sieben Sat 1 dementierte damals gegenüber der Deutschen Presseagentur. Doch natürlich stehen Winterscheidt und Heufer-Umlauf nun vor der Gewissens-Entscheidung, wem sie sich stärker verpflichtet fühlen: ihrem Geldbeutel oder ihrem linksliberalen Verständnis von „Anstand“. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk zumindest würde sie wohl mit offenen Armen empfangen.
Lesen Sie auch: 15 Minuten bei ProSieben reichen als Beweis: Habeck führt die CDU am Nasenring durch die Manege