
Zum zehnten Jahrestag des Merkel-Spruchs „Wir schaffen das“ ist eigentlich schon alles gesagt, aber noch nicht von allen. Nun hat sich die „Bildungsforscherin“ Nele McElvany von der TU Dortmund zu Wort gemeldet und verlangt eben unter Merkels Motto, dass Deutsch als Zweitsprache an allen Grund- und weiterführenden Schulen als normales Schulfach eingerichtet werden müsse.
„Deutsch lernen“ als normales Schulfach? Wo leben wird denn? McElvany ist übrigens nicht irgendwer, nein, sie leitet aktuell für Deutschland die internationale IGLU-Studie zum Leseverständnis von Grundschülern. IGLU ist die seit 2001 alle fünf Jahre durchgeführte Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (PIRLS, Progress in International Reading Literacy Study). Das nächste Mal wird die IGLU/PIRLS-Testung im Jahr 2026 erfolgen. Nicht erst die letzte IGLU-Studie von 2021 hatte gezeigt, dass die Lesekompetenz deutscher Viertklässler immer schwächer wird und dass ein Viertel der Schüler den grundlegenden Lesestand nicht erreicht.
Schon vor Jahrzehnten, erst recht ab 2015, wäre es notwendig gewesen, verbindliche Konzepte für den Erwerb des Deutschen als Landes- und Unterrichtssprache von Kindesbeinen an – auch bereits im Kindergarten – zu entwickeln und umzusetzen. Das hat man nicht getan, und darauf vertraut, dass sich die Schulen mit bis zu 90-prozentigen Migrantenanteilen schon irgendwie durchwursteln. Die Folgen sind fatal: In nicht wenigen Grundschulklassen in Ballungsgebieten arbeiten die Schulen in den vierten Klassen heute auf dem Niveau früherer zweiter Klassen. Warum? Weil es an rudimentären Deutschkenntnissen fehlt.
Abgesehen davon, dass McElvanys Gedankenspiel viel zu spät kommt und sie Überlegungen bereits aus früheren IGLU-Ergebnissen hätte ableiten können: Zu Ende gedacht ist diese Idee auch jetzt nicht, wie so manche Idee aus dem Elfenbeinturm der „Bildungsforschung“. Fragen über Fragen: Soll es also separate Klassen für Schüler mit Migrationshintergrund geben? Nur im Fach Deutsch oder in allen Fächern? Fördert das nicht noch mehr Parallelwelten? Woher sollen die Lehrer kommen, an denen es schon ganz allgemein mangelt? Gibt es genügend Lehrer, die über die Qualifikation „Deutsch als Fremdsprache / Deutsch als Zweitsprache“ verfügen?
Die Unions-Fraktionsvize im Bundestag, Anja Weisgerber (CSU), sagt gegenüber der „Welt“, dass der Regelunterricht nicht leiden dürfe. „Deshalb halten wir es für geboten, dass Kinder bereits vor der Einschulung über die notwendigen Sprachkenntnisse verfügen, möchten diese mit Sprach- und Entwicklungstests bei Vierjährigen feststellen und notfalls die Einschulung herauszögern.“ Und: „Es gibt faktische Grenzen des Machbaren – und die hohe Zuwanderung überlastet eben teilweise auch unsere Bildungs- und Schullandschaft.“ Eine reichlich späte Erkenntnis!
Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Jasmina Hostert, setzt auf das „Umfeld“: Es brauche „ein Umfeld, in dem Deutsch auch hauptsächlich gesprochen wird.“ Meint sie etwa die türkischen und arabischen Familien? Hostert sagt außerdem: Es sei wichtig, dass Kinder ohne deutsche Sprachkenntnisse nicht separiert werden, sondern von Beginn an mit Kindern, die Deutsch als Muttersprache sprechen, in Kitas und Schulen, aber auch außerhalb von Schule zusammenkommen.“ Heilige Inklusions-Einfalt!
Die bildungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Nicole Gohlke, macht sich für eine gewichtigere Rolle des Bundes in der Bildungspolitik stark: „Gute Bildung für alle Kinder wird es nur geben, wenn der Bund endlich mitfinanzieren kann in der Bildung. Wir sollten dringend über die Abschaffung des Kooperationsverbots reden.“ Aha, der Bund soll es richten – für ganz Deutschland auf dem Niveau von Berlin und Bremen?
Sehr realistisch äußert sich der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Martin Reichardt: „Kinder ohne ausreichende Deutsch-Kenntnisse sollen nicht im laufenden Schulbetrieb aufgehalten werden, sondern verpflichtend an Volkshochschulen gefördert werden – bis mindestens Sprachniveau B1. Erst danach kehren sie in den regulären Unterricht zurück. So werden Regelschulen entlastet, und der Schulbetrieb gelingt.“
Ein unideologischer Vorschlag, der das Wohl aller Betroffenen in den Blick nimmt: In Anbetracht der Tatsache, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um eine hohe Zahl von Kindern, die des Deutschen nicht mächtig sind, sollte die Einschulung in eine Regelklasse im Interesse aller Schüler erst erfolgen, wenn das betreffende Kind die Unterrichtssprache hinreichend beherrscht. Denn wenn zu viele radebrechende Schüler in einer Klasse sitzen, sinkt das Unterrichtsniveau generell. Und das betrifft nicht nur den Deutschunterricht, sondern alle Fächer.