
Auf dem Papier steht nach Tagen des Streits eine Einigung bei der Weltklimakonferenz in Baku, doch diese Einigung ist vergiftet: 1,3 Billionen US-Dollar (1.300.000.000.000 US-Dollar) sollen bis 2035 jährlich an Klimahilfen für ärmere Staaten fließen. Während unklar ist, welche Nation welche Gelder in welcher Höhe bezahlen soll und welche Rolle die USA unter Donald Trump spielen werden, bezeichnen Nationen, die sich vom Klimawandel stärker betroffen sehen, die Einigung von Baku als „Witz.“
Die Weltklimakonferenz in Aserbaidschan hat sich darauf geeinigt, die Klimahilfen deutlich aufzustocken. Insgesamt sollen bis 2035 jährlich mindestens 1,3 Billionen US-Dollar (aktuell rund 1,25 Billionen Euro) fließen, davon 300 Milliarden vorrangig aus den Industriestaaten. Mit dem Geld sollen Entwicklungsländer mehr Klimaschutz bezahlen können und sich an die fatalen Folgen der Erderwärmung anpassen können - etwa häufigere Dürren, Stürme und Überschwemmungen.
„Wir wissen, dass unsere heutigen Entscheidungen allein nicht ausreichen, um alle Bedürfnisse zu erfüllen“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock vor dem Plenum. Sie nannte die 300 Milliarden US-Dollar nur einen Ausgangspunkt und versicherte, Deutschland werde „liefern“.
Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock sagte, Deutschland werde „liefern“.
Entscheidend: Welches Land welche Zahlungen in welcher Höhe liefern muss, wurde nicht beschloss. Diese knifflige Frage musste wegen Uneinigkeit auf die nächste Weltklimakonferenz nach Brasilien vertagt werden.
Deutschland hat für die Klimafinanzierung bislang rund sechs Milliarden Euro pro Jahr versprochen. Wie viel es künftig nach dem neuen Baku-Beschluss sein wird, muss die künftige Bundesregierung entscheiden. Konkret berechenbare Verpflichtungen wurden Deutschland in Baku nicht auferlegt.
Kurz nach dem Hammerschlag des aserbaidschanischen Gastgebers wurde indes deutlich, dass viele Länder nur mit Zähneknirschen zugestimmt hatten, um wenigstens nicht ganz ohne Kompromiss auseinanderzugehen: Die Vertreterin Nigerias bezeichnete die 300 Milliarden als „Witz“ und „Beleidigung“. Auch Indiens Vertreterin protestierte, man könne absolut nicht einverstanden sein, weil die Zusagen viel zu gering seien. De facto hat die Kritik aber keine Auswirkungen mehr, der Beschluss gilt. Etliche Staaten fühlen sich übergangen und beklagten, Wortmeldungen seien ignoriert worden - ein Vorwurf, den auch Baerbock im Schlussspurt der Verhandlungen erhob.
Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf der Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump: Es könnte durchaus sein, dass sich die USA unter Donald Trump - wie schon während dessen erster Amtszeit - praktisch von jeglichen Klimaschutz-Ambitionen verabschieden könnten.
Der scheidende Präsident Joe Biden bezeichnete den Beschluss in Baku als „historische“ Errungenschaft und betonte: „Mögen manche auch versuchen, die in den USA und weltweit laufende Revolution sauberer Energien zu leugnen oder zu verzögern, niemand kann sie rückgängig machen - niemand.“
Zeitweise drohte die um mehr als 30 Stunden verlängerte Weltklimakonferenz zu scheitern. Ganze Staatengruppen verließen wenige Stunden vor dem Ende vorübergehend die Verhandlungen und beklagten sich über die chaotische Führung der Konferenz. Die Organisatoren aus dem Petrostaat Aserbaidschan, dessen Exporterlöse zu 90 Prozent aus Öl und Gas kommen, lobten sich hingegen selbst: Trotz „geopolitischem Gegenwind“, habe man sich durchweg jede Mühe gegeben, „ein ehrlicher Makler“ für alle Seiten zu sein.
Auch befürchtete die EU bis zuletzt, dass Beschlüsse der vergangenen Klimakonferenz in Dubai bei den Verhandlungen in Baku unter die Räder kommen könnten, etwa zur hart errungenen Abkehr von Öl, Gas und Kohle. Die von Deutschland damals als „historisch“ gefeierte konkrete Formulierung fehlt nun - der Beschluss dazu wurde mangels Konsens ins nächste Jahr vertagt.
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