
Bodo Ramelow fischt am linken Rand. Das ist erlaubt. Auch am linken Rand des demokratischen Teiches tummeln sich Hechte und Karpfen, pardon: Bürger, die der Wahlkämpfer Ramelow ins Becken seiner Partei „Die Linke“ ziehen darf.
Ramelow ist aber auch Vizepräsident des Bundestags. In Berlin fand er nach seiner Zeit als Ministerpräsident von Thüringen eine Anschlussverwendung. Gerne beglückt er die Republik mit Reformvorschlägen. Nun will er über die Nationalhymne und die Bundesflagge abstimmen lassen.
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Schluss mit Schwarz-Rot-Gold? Das ist linker Nonsens – und bezeichnend: Mit Ramelow gelangte ein linker Kulturkämpfer ins Spitzenamt, weil linke Karrieren in Deutschland durchgewunken werden bis zum jeweiligen Maximum an Unsinn, den sie verzapfen. Ramelow ist der Wappenclown einer linken Funktionselite.
Gegen das Deutschlandlied des August Heinrich Hoffmann von Fallersleben spricht laut Ramelow: „Ich kenne viele Ostdeutsche, die die Nationalhymne aus vielerlei Gründen nicht mitsingen.“ So sagte es Ramelow der Rheinischen Post. Der Bundestagsvizepräsident fände die Kinderhymne von Bertolt Brecht besser – des Stalinpreisträgers Brecht, möchte ich ergänzen.
Brecht schwärmte von der Sowjetunion, schrieb einen freundlichen Nachruf auf Stalin und wurde in der DDR auch mit dem „Nationalpreis 1. Klasse“ ausgezeichnet. In Brechts „Kinderhymne“ heißt es: „Anmut sparet nicht noch Mühe, Leidenschaft nicht noch Verstand, dass ein gutes Deutschland blühe, wie ein andres gutes Land.“
Unsinn ist es, wenn Ramelow sich für seinen aufgewärmten Vorschlag auf „viele Ostdeutsche“ beruft. Die Nationalhymne ist das Lied aller Deutschen, im Westen wie im Osten. Auch „viele Ostdeutsche“ haben kein Problem mit „Einigkeit und Recht und Freiheit.“
Kann es einen schöneren, im besten Sinne patriotischen Dreiklang geben? Für Ramelow schon. Er doktert gerne an deutschen Symbolen und Grundlagen herum. Er schlug schon vor, in das Grundgesetz eine „antifaschistische Klausel“ einzubauen, um besser gegen Björn Höcke gewappnet zu sein.
Rechte sollen also angepasst werden, damit rechte Menschen weniger zu melden haben. Ramelow wünscht sich eine in diesem Sinn saubere Gesellschaft. Als Bundestagsvizepräsident sieht er sich als Sachwalter der guten Gesinnung.
Wenn ein AfD-Abgeordneter das leuchtend blaue Kleid einer SPD-Abgeordneten mit den Worten „Schönes Kleid“ kommentiert – weil es Blau ist und Blau die Farbe der AfD –, dann sieht Ramelow die Grenzen des Anstands und der Scham verletzt. Dann wird der Vizepräsident zornig.
„Das fehlt Ihnen: Scham!“. Sieht so eine unparteiische Sitzungsleitung aus? Ist es sexistisch, ein blaues Kleid als „schönes Kleid“ zu bezeichnen, wenn man Blau mag? Bodo Ramelow sieht es so. Er kämpft für Scham und Anstand – aber eben auch, wie er sich selbst ablichten lässt, „gegen Hass und Hetze von rechts“ und gegen das Wirtschaftssystem der Bundesrepublik.
Bodo Ramelow will offenbar als typischer Linkenpolitiker den Kapitalismus überwinden. Er will die Rechten besiegen. Er will eine neue Nationalhymne. Er will Schwarz-Rot-Gold zur Abstimmung stellen. Er fremdelt mit den Insignien der Bundesrepublik. Das ist alles erlaubt. Das disqualifiziert ihn aber als Bundestagsvizepräsidenten.
Der Tugendbold ist ein Lautsprecher nur der eigenen, der linken Tugend. Eine Zierde des Parlaments ist Bodo Ramelow nicht.